Projekte organisieren

Wie man Teams Kompetenz zuteilt

19.08.2019
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Wolfgang Rosenkranz ist Autor, Trainer, Berater und Vorstandsvorsitzender der Team Connex AG.

 
Arbeitsorganisation erfolgt in der Industrie 4.0 meist in Projektform. Einen internationalen Kompetenzstandard hierfür gibt es seit 2018. In vielen Projektausschreibungen wird er vorausgesetzt.
  • Standards im Projektmanagement legen fest, welche Kompetenzen in Projekten relevant sind.
  • ICB4 ist eine internationale Norm, die alle wichtigen Kompetenzen im Projektmanagement definiert.
  • Projektmanager gehen mit ICB4 sicher, den Kriterien künftiger Projektausschreibungen gerecht zu werden.

Projektteams heute müssen schneller sein als noch vor ein paar Jahren. Sie müssen mehr Output erzielen und ständig innovativer, flexibler und agiler werden. Ihre Professionalität wird am Rollout und messbaren Ergebnissen bewertet - und auch hier steigen die Ansprüche permanent. Das heißt auch: Projektmitarbeiter sind gefordert, ständig auf dem Laufenden zu bleiben, was neue Ansätze für die Projektumsetzung betrifft. Folglich müssen sie sich immer wieder neu ausrichten und die entsprechenden Kompetenzen erwerben.

Internationale Standards im Projektmanagement können helfen, die Skills der Mitarbeiter zielgerichtet auf unterschiedliche Teams zu verteilen.
Internationale Standards im Projektmanagement können helfen, die Skills der Mitarbeiter zielgerichtet auf unterschiedliche Teams zu verteilen.
Foto: docstockmedia - shutterstock.com

Da stellt sich zwangsläufig die Frage, welche Kompetenzen und Fähigkeiten nötig und wichtig sind. Hier helfen internationale Standards im Projektmanagement weiter. Sie legen fest, welche Kompetenzen relevant sind. Sie sind insofern auch verbindlich, weil immer mehr Unternehmen diese Standards intern einsetzen und auch von ihren Zulieferern, Beratern und Dienstleistern erwarten, dass sie diese Standards einhalten.

Die Kompetenzen nach dem neuen Standard ICB4

Gerade hat die International Project Management Association (IPMA) mit der ICB4 (Individual Competence Baseline 4th Version) einen internationalen Kompetenzstandard entwickelt, der einen Überblick über die wichtigen Kompetenzen im Projektmanagement bietet. Demnach gibt es 29 Fähigkeiten, die eine Rolle spielen. Sie lassen sich folgenden drei Kompetenzbereichen zuordnen:

1. Kontext-Kompetenzen

Projektmitarbeiter benötigen Kompetenzen, die sich aus der Projektumgebung ableiten. Gemeint sind damit die Strategie, Strukturen und Prozesse, Compliance und Regularien, Macht beziehungsweise Interessen sowie Kultur beziehungsweise Werte.

2. Persönliche und soziale Kompetenzen

Wie in vielen anderen Arbeitsgebieten sind persönliche und soziale Kompetenzen im Projektmanagement von Bedeutung. Sie reichen von Selbstmanagement und Kommunikation über Führung und Teamarbeit bis zu Verhandlungskompetenzen und Ergebnisorientierung.

3. Technische Kompetenzen

Die technischen Kompetenzen umfassen das Know-how in Kernprojekten. Projektmitarbeiter müssen Methoden, Werkzeuge und Techniken beherrschen, die in Projekten eingesetzt werden, um sie auch zu verwirklichen.

Unternehmensanforderungen abklären

Der Standard ICB4 bietet Unternehmen eine Orientierung für professionelles Projektmanagement. Er definiert die insgesamt fünf Kontext-, zehn People- und 14 technischen Kompetenzen ausführlich und benennt jeweils Indikatoren zur Messung. Dabei wird beschrieben, wie sich kompetentes Handeln äußert.

Beispiel Projektdesign - dort lautet die Beschreibung: "Wer die technische Kompetenz hat, das Projektdesign zu entwickeln und umzusetzen, ist in der Lage, Erfolgskriterien für das aktuelle Projekt zu benennen und zu nutzen, den am besten geeigneten Ansatz zur Umsetzung eines Projekts auszuwählen sowie jederzeit notwendige Veränderungen an der Gesamtarchitektur des Projekts vorzunehmen." Dies schließt im Übrigen auch ein, dass der Projektmanager sowohl die klassischen Ansätze als auch die modernen agilen und hybriden Projektmanagementansätze kennt. (Alle Betitelungen und Beschreibungen der genannten Kompetenzen finden sich auf der Website https://ipma.world).

Freilich müssen Projektmitarbeiter nicht über alle 29 Kompetenzen verfügen. Das ist schon deshalb nicht erforderlich, weil die Bedeutung der im ICB4 beschriebenen Kompetenzen von der Art des Projekts und ihrer Branche abhängig ist.

Stellt sich die Frage: Wie können die Unternehmen erkennen, welche Kompetenzen ihre Projektmitarbeiter benötigen? Um dies herauszufinden, müssen sie zunächst die unternehmensspezifischen Anforderungen ermitteln - und sich folgende Fragen stellen:

- Welche strategischen Ziele des Unternehmens wirken sich auf das Projektmanagement aus?

- Welche Ausrichtung soll das Projektmanagement zukünftig haben?

- Welche Anforderungen ergeben sich aus dem Kundenumfeld?

- Welche Projekte werden in der kommenden Zeit besonders wichtig sein?

Zudem sollte der individuelle Kompetenzbedarf ermittelt werden. Hierzu sind zwei Fragen essenziell :

1. Welche Rollen spielen bestimmte Mitarbeiter im Projekt?

2. Wer ist wofür verantwortlich, und wer soll zukünftig welche Aufgaben übernehmen?

Aus den Antworten dieser Fragen ergeben sich für die spezifischen Mitarbeiter die individuellen Profile an Soll-Kompetenzen - und zwar diejenigen, die auch tatsächlich für das Unternehmen wichtig sind. Diese sind dann mit den internationalen Kompetenzen nach ICB4 abzugleichen. Die Schnittmenge stellt jene Skills dar, die bei den Projektmitarbeitern zu stärken beziehungsweise zu entwickeln sind. Für die Betitelung und inhaltliche Beschreibung der erforderlichen Kompetenzen lassen sich ebenfalls die nach ICB4 vorgegebenen Kompetenzdefinitionen und -bereiche nutzen. So geht ein Projektverantwortlicher auf Nummer sicher, dass er den Kriterien künftiger Projektausschreibungen gerecht wird.

Mehr Informationen zum Thema liefert das Thinkpaper "Projektmanagement: So setzen Sie das Kompetenzinventar der neuen internationalen Standards um" , das kostenfrei zum Download bereitsteht.