Wo es kritisch wurde
Wie Benz berichtet, gab es im Projekt auch den einen oder anderen Stolperstein: "Knifflig wurde es, als es darum ging, die in der Vergangenheit bereitgestellten IT-Services nachträglich zu verbuchen." Bei einer internen Kostenverrechnung müsse auch die Historie aufbereitet werden, da die Services ja weiter genutzt würden. Dazu sei es aber notwendig, die historischen Leistungen zu identifizieren, zu kategorisieren und zu bewerten. "Das war nicht immer einfach und hat mehr Zeit gekostet als gedacht", räumt der IT-Manager ein.
Vor dem Projekt hatte sich die IT Abteilung immer wieder rechtfertigen müssen, warum sie so viel Aufwand zu ihrer eigenen Verwaltung betreiben wollte. Heute stellt niemand mehr das Projekt in Frage. Stellvertretend für andere Kunden der IT-Abteilung sagt Christoph Ludin, Mitglied der Geschäftsleitung bei Simon Hegele; "Die IT hat eine 180-Grad-Wende in Richtung Servicorientierung gemacht. Heute kann ich genau sehen, was die Kollegen von der Technik mir anbieten und was es mich kostet. Außerdem kann ich meine Kostenstelle aktiv entlasten indem ich Services wieder zurückgebe, die ich nicht mehr benötige. Dafür muss ich auch nicht lange recherchieren."
Lizenz-, Asset- und Vertrags-Management ziehen heute an einem Strang. Ein solides Fundament für funktionierende Service-Management-Prozesse. "Vor dem Projekt dachten wir, dass es nicht mehr als 25 relevante Rahmenverträge in der IT gibt", so Benz, "heute haben wir bereits mehr als 80 gefunden, die wir zentral erfassen und dezentral zur Verfügung stellen."
- Sechs Tipps zum Umgang mit Regelwerken
ITIL, CoBIT, Togaf & Co. haben durchaus ihren Sinn. Aber eine zu enge und unkritische Ausrichtung auf solche Standards wird den individuellen Anforderungen der Unternehmen oft nicht gerecht. - Tipp 1:
Lassen Sie sich nicht von einem Regelwerk vereinnahmen, sondern entwickeln Sie eine kritisch-konstruktive Distanz dazu. - Tipp 2:
Versuchen Sie nicht, individuelle Erfordernisse des Unternehmens in den Standard eines Methodenwerks zu pressen. - Tipp 3:
Definieren Sie ein unternehmensspezifisches Framework und übernehmen Sie nur die Teile aus den Regelwerken, die nützlich sind und verstanden werden. Beachten Sie dabei die Pareto-Regel (mit 20 Prozent Aufwand 80 Prozent der Dinge regeln), damit keine zu komplizierte Frameworks entstehen. - Tipp 4:
Entwerfen sie zum Unternehmen passende Prozesse, zum Beispiel mit der "Wertschöpfungsmaschine" von Andreas Suter oder der Business-Engineering-Methode von Hubert Österle. - Tipp 5:
Bestehen Sie auf klaren und präzisen Begriffsdefinitionen. Prüfen Sie Ihre Definition, indem sie drei Stakeholder/Experten aus Ihrem Unternehmen nach deren Interpretation fragen. Wenn jeder etwas anderes interpretiert, taugt die Begriffsdefinition nicht. - Tipp 6:
Greifen Sie bei Servicedefinitionen auf fundierte und konkrete Werke zum IT-Produkt-Management oder Service-Engineering zurück (beispielsweise von Harry Sneed, Tilo Böhmann oder Klaus-Peter Fähnrich).
Wie es weitergeht
Im nächsten Schritt soll das Berechtigungs-Management ausgebaut werden - vor allem in Richtung Microsoft Active Directory. Fachabteilungen sollen beispielsweise die Zugriffsberechtigungen auf Projektverzeichnisse als Service beantragen und genehmigen lassen. Die Matrix42-Lösung verfügt über eine Standardschnittstelle zum Active Directory. "In Zukunft wissen wir nicht nur wer Zugriffsrechte hat, sondern auch, warum er sie hat", freut sich IT-Service-Teamleiter Löbel. Auch die Softwareverteilung soll immer stärker direkt über den Genehmigungsprozess gesteuert werden. (qua)