Solutions for a big Company

Wie Louis Gerstner IBM auf Erfolg trimmte

26.05.2000
"Arrogant, bürokratisch, unflexibel, schlechter Kundendienst": Das Image der IBM hätte nicht schlechter sein können, als Louis Gerstner die Leitung übernahm. Der Autor versucht, die schwierigen Jahre bis zum Turnaround nachzuzeichnen. Das Buch ist von IBM nicht abgesegnet, so fehlt denn auch ein Interview mit Gerstner.Von Inge Steutzger*

Hämisch kommentierte Scott McNealy, Chef von Sun Microsystems, den Eintritt des branchenfremden Gerstner bei IBM: "Nicht einmal das Firmenkürzel müssen sie ändern - IBM für International Biscuit Maker, das klingt doch auch ganz gut." Inzwischen sind der Branche Spott und Hohn über den "latent technophoben" IBM-Chef aus der Lebensmittelbranche vergangen. Sein Credo: Kundenbedürfnisse über Technikzentriertheit zu stellen, so wie er es bereits auf der Comdex 1995 forderte: "Hören wir den Kunden zu!"

Mit einem Rückblick auf Gerstners Karriere vor seinem Einstieg bei Big Blue will Autor Doug Garr seine Firmenpolitik verständlich machen. Ein MBA-Abschluss in Harvard, Karrierebeginn bei McKinsey, Wechsel zu American Express, schließlich zu RJR Nabisco. Jahre, in denen Gerstner als Kunde von Technologiefirmen immer wieder mit Problemen konfrontiert war.

Gerstners Weitblick führte bei IBM zu drakonischen Sparmaßnahmen, spürbar zuerst in einer neuerlichen Entlassungswelle. Er kürzte das für die USA hohe Niveau der firmeneigenen Sozialleistungen. Die Personalpolitik nimmt in dem Buch großen Raum ein: etwa Gerstners Spürnase für geeignete Führungskräfte.

Das Buch ist wenig technikorientiert. Dafür bespricht der Autor ausführlich die teure Werbekampagne, mit der IBM die Firma Ogilvy beauftragte. Sie sollte vor allem den Makel der Arroganz, der IBM anhaftete, beseitigen. So entstand nicht nur der Slogan "Solutions for a Small Planet", der smart und dennoch bescheiden das neue Image der IBM ausdrücken soll, sondern auch die erfolgreichen Untertitel-Spots, die bis heute laufen.

Das Problemkind PC-Company wird beleuchtet, der Versuch, Apple zu übernehmen, ebenso wie die Rücknahmeaktion aufgrund eines fehlerhaften Intel-Chips - letztere eine Reaktion Gerstners, die neue Kundenorientiertheit demonstrieren sollte. Das auseinander brechende Duo IBM und Microsoft handelt der Autor recht kurz und bündig ab. Dabei weist er auf Gerstners eklatante Fehlentscheidungen hinsichtlich OS/2 hin, ein Projekt, dem er treu blieb, obwohl sich längst abzeichnete, dass sich der Erfolg nicht mehr einstellen würde. Für die Olympischen Spiele von Atlanta im Sommer 1996 übernahm Big Blue die gesamte technische Ausstattung - eine gute Gelegenheit, sich weltweit hervorzutun. Doch auch hier gab es einige Pannen. Dafür lief bei den Winterspielen von Nagano dann alles fast reibungslos ab.

Gerstner, das macht der Autor deutlich, ist alles andere als ein Visionär: Er hat "viel Leidenschaft für das Geschäft, aber wenig Mitgefühl für die Belegschaft". Motivationen des Managements beschränkt er auf die Erhöhung von Bonussen und Aktienoptionen auch auf niedrigen Management-Ebenen. Garr zeichnet ihn als reinen Pragmatiker. Wie die IBM ohne Visionen langfristig am Markt bestehen wird, wird die Zukunft erweisen.

Doug Garr: Der IBM-Turnaround: Die Erfolgsstory von Louis Gerstner. Wien: Ueberreuter 2000. 358 Seiten, 49,90 Mark.

* Inge Steutzger ist freie Journalistin in München.