Wie lässt sich Energieeffizienz messen?

17.10.2007
Der nachhaltige Umgang mit Ressourcen interessiert die IT-Verantwortlichen in den Unternehmen. Dabei geht es ihnen zwar auch oft um Klimaschutz, noch mehr aber um eine kleinere Stromrechnung.

Auch Unternehmen sollen den CO2-Ausstoß reduzieren und Energie sparen. Das fordern und fördern Umweltschutzbehörden und Initiativen. Jüngstes Beispiel dafür ist der mit 100 000 Euro dotierte Umweltpreis für mittelständische Unternehmen, der vom Bundesverband mittelständische Wirtschaft, der Deutschen Umwelthilfe und dem japanischen IT-Unternehmen Kyocera ins Leben gerufen wurde.

Für die Anwenderunternehmen geht es beim Thema Energieeffizienz aber in erster Linie um den finanziellen Nutzen. Eine Online-Befragung der computerwoche unter 264 IT-Entscheidern erbrachte, dass mehr als die Hälfte (53,1 Prozent) einen wachsenden Anteil der Stromkosten am IT-Budget feststellen; gut 15 Prozent bemerken sogar einen starken Anstieg der Energiekosten. Mehr als die Hälfte der Befragten (50,4 Prozent) räumen dem Faktor Energieeffizienz deshalb einen durchschnittlichen Einfluss auf Investitionsentscheidungen ein. Für knapp sieben (6,6) Prozent spielt er auch heute schon eine sehr wichtige Rolle. Um zu wissen, wer im Rechenzentrum die Stromfresser sind, müssten die Unternehmen einen Energie-Check vornehmen, was aber mehr als die Hälfte (54,9 Prozent) bislang noch nicht gemacht hat. Von den befragten IT-Managern unternehmen nur gut elf Prozent eine gründliche und knapp 15 Prozent eine teilweise Energieüberprüfung der Geräte in ihren Datencentern.

Selbst wenn Energieeffizienz bei der Beschaffung von IT-Equipment ein Kaufkriterium darstellt, ist die Vergleichbarkeit der RZ-Komponenten nicht garantiert: Meist bleiben die Verantwortlichen auf die Marketing-Argumente der Hersteller angewiesen, weil es bis dato noch keine allgemein verbindlichen Messgrößen für Energieeffizienz gibt.

Die Experton Group hat jetzt eine Liste von Parametern zusammengestellt, die ihrer Meinung nach bei der Betrachtung von Stromverbrauch und effizienter Nutzung von IT-Equipment zu beachten sind. Darunter finden sich Messgrößen wie der Stromverbrauch von Servern, Blade-Rechnern, Storage- und Netzkomponenten sowie der Klimatisierung. Zudem, so die Analysten, sollten Anwenderunternehmen auch die Kosten für eine Kapazitätserweiterung des gesamten Rechenzentrums und der Stromversorgung berücksichtigen. Am Beispiel eines fiktiven Mittelstandsunternehmen berechnen die Analysten die Stromkosten für das IT-Equipment und fangen dann an, Energie zu sparen: Dank Virtualisierung werden Rechnersysteme eingespart und damit die Stromkosten um knapp 30 Prozent reduziert. Tauscht das umweltbewusste Unternehmen dann auch noch seine bestehende Infrastruktur gegen "grüne" RZ-Komponenten aus, schrumpft die Stromrechnung insgesamt auf nur mehr die Hälfte zusammen.

Solche Betrachtungen sagen zwar wenig über die Nachhaltigkeit oder Energieeffizienz der Systeme aus, haben aber den Vorteil, dass sich Investitionen in IT besser rechtfertigen lassen. Und die sind bitter notwendig, wenn man den jüngsten Studien über die Situation in den Rechnerräumen Glauben schenken darf: Dort wird es nämlich eng. So hat etwa der Speicherhersteller Onstor 440 europäische Unternehmen befragt und herausgefunden, dass knapp die Hälfte (48 Prozent) erwarten, dass die Kapazitäten ihrer Rechenzentren in den kommenden sechs bis zwölf Monaten nicht mehr ausreichen werden. 58 Prozent der Befragten gaben an, dass in ihren Schaltzentralen bereits Speicher-, Platz-, Strom- und Kühlprobleme ohne Vorwarnung aufgetreten sind.

Kaufkriterium Energieeffizienz

Diese Unternehmen werden demnächst investieren müssen und dabei auch auf die Energieeffizienz der Systeme achten. Wie lässt sich diese aber ermitteln und für die Geräte unterschiedlicher Hersteller vergleichbar machen? Sun Microsystems beispielsweise berechnet die Energieeffizienz in seinem "Eco-Data Center" nach der "Swap"-Formel: Performance (gemessen in SAPS = SAP Application Performance Standard) geteilt durch Wattaufnahme geteilt durch Stellfläche des Systems. Ein Sun-System vom Typ "M5000/2150" mit sechs CPUs bringt es auf 28 872 SAPS, 9400 Watt und 0,76 Quadratmeter Stellfläche. Nach den Divisionen (28 872 : 9400 : 0,76) ergibt das einen Swap-Wert von 4. Ein anderer Sun-Server mit vier Prozessoren schafft 19 504 SAPS bei einer Leistungsaufnahme von 4700 Watt und einer Stellfläche von 0,45 Quadratmetern. Er erreicht einen Swap-Wert von 9. Suns Credo: Je höher dieser Wert, desto energieeffizienter das System. Konkurrenzsysteme von Sun bringen es bei dieser Betrachtungsweise auf Werte nahe null.

Auch das Industriekonsortium "Green Grid" ist dem Messen der Energieeffizienz auf der Spur. Die Vereinigung, der fast alle großen IT-Anbieter angehören, hat bislang zweierlei Maßeinheiten vorgelegt: Power Usage Effectiveness (PUE) und Datacenter Efficiency (DCE). PUE ist der Quotient aus der Energiemenge für das Rechenzentrum (Total Facility Power) geteilt durch den Strombedarf des IT-Equipments (IT Equipment Power). Darunter zählt Green Grid alle IT-Geräte wie Rechner, Speicher und Netzkomponenten sowie KVM-Switches, Monitore sowie die Arbeitsstationen zur Überwachung und Kontrolle des Rechenzentrums.

Wie viel Energie braucht ein RZ?

Die Maßzahl Total Facility Power enthält zusätzlich den Strombedarf der Infrastrukturgeräte. Dazu zählen Generatoren, Batterien, unterbrechungsfreie Stromversorgungen (USVs), Kühl- und Klimaanlagen, Pumpen, Kühltürme, Lichtanlagen sowie der erhöhte Strombedarf der USVs, wenn sie nicht ausgelastet arbeiten. Während sich also die Energieeffizienz PUE als Quotient aus Strombedarf des gesamten RZ geteilt durch Strombedarf des IT-Equipments errechnet, ergibt sich die RZ-Effektivität DCE als reziproker Wert (1 geteilt durch PUE) davon.

Green Grid erwartet sich von den beiden Maßzahlen die auf identischen Werten beruhen dennoch eine gute Möglichkeit, die Energieverteilung im Rechenzentrum unterschiedlich darzustellen: Ergibt sich beispielsweise ein PUE-Wert von 3, so ist der gesamte Energiebedarf des Rechenzentrums dreimal so groß wie die Strommenge, die das IT-Equipment aufnimmt. Soll ein zusätzlicher Server angeschafft werden, der 500 Watt aufnimmt, dann weiß der IT-Verantwortliche, dass er zusätzliche 1500 Watt (500 Watt mal 3) bereitstellen muss.

Vergleichbare Komponenten

Die Industrievereinigung Green Grid arbeitet an einer weiteren Maßzahl, die die Leistung ei-nes Rechenzentrums berücksichtigt und unter der Bezeichnung Datcenter Performance Efficiency (DCPE) propagiert werden soll. Ein ähnliches Konzept auf Systemebene verfolgt die US-Umweltorganisation EPA, die zusammen mit dem Spec-Konsortium an einer Maßzahl zur Vergleichbarkeit der Energieeffizienz von IT-Geräten arbeitet. Ein Zeitpunkt, wann die beiden Werte vorliegen werden, ist nicht bekannt.