Wie Kunden den Wettbewerb nutzen

08.03.2006
Für den Anwender ist es am besten, wenn die Provider gleichzeitig Partner und Konkurrenten sind.
Das Modell des gesteuerten Wettbewerbs unter den externen Providern führt zu hoher Wertschöpfung und Innovation und hält die Outsourcing-Barrieren gering.
Das Modell des gesteuerten Wettbewerbs unter den externen Providern führt zu hoher Wertschöpfung und Innovation und hält die Outsourcing-Barrieren gering.

Viele Unternehmen, die ihre IT-Infrastruktur teilweise oder vollständig ausgelagert haben, sind unzufrieden. Zwar ist es den meisten gelungen, ihre Kosten mit Hilfe des Outsourcings zu senken und Strukturen zu verschlanken. Da die Firmen das Potenzial der IT dabei nicht voll nutzen, fällt deren Beitrag zur Wertschöpfung jedoch häufig noch sehr bescheiden aus.

Gesteuerter Wettbewerb

Das Modell basiert gleichermaßen auf Wettbewerb und partnerschaftlicher Zusammenarbeit: Die externen Dienstleister werden nicht primär nach Kostenkriterien, sondern nach Kompetenz ausgewählt. Sie konkurrieren innerhalb einer kleinen Gruppe um Aufträge, kooperieren jedoch gleichzeitig, um das optimale Ergebnis für den gemeinsamen Kunden zu erreichen.

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572663: Externe Provider effizient steuern;

568430: Fehler beim Provider-Management;

566514: Ziel ist ein partnerschaftliches Verhältnis.

Der Unmut darüber spiegelt sich in den Ergebnissen einer Studie des Marktforschungsinstituts Diamondcluster wider: Hier erklärten lediglich 37 Prozent der Auftraggeber, der Nutzen des Auslagerns habe ihren Vorstellungen voll entsprochen. Hingegen gaben 48 Prozent an, dass nur einige ihrer Erwartungen erfüllt wurden. Und die Zahl der Firmen, die in den letzten zwölf Monaten eine Outsourcing-Beziehung vorzeitig beendet haben, hat sich mit 51 Prozent im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Zwölf Prozent der Befragten kündigten an, ihre Auslagerungsaktivitäten zurückzufahren.

Ineffizienz durch Abhängigkeit von einem Provider

Vor allem das Komplett-Outsourcing ist in den vergangenen Jahren in Verruf geraten. Das externe Monopol, bei dem die IT-Abteilung komplett oder zu einem großen Teil an einen einzigen Anbieter ausgelagert wird, hat zwar grundsätzlich den Vorteil, dass das Bietergefecht zwischen diversen IT-Dienstleistern um den Zuschlag eine Wettbewerbssituation schafft. Wenn der Auftraggeber einen geeigneten Partner wählt, sind Effizienzsteigerungen auch durchaus möglich.

Ein Großteil der Marktkräfte verpufft jedoch wieder, da die Anbieter nur vor Vertragsschluss konkurrieren. Danach arbeitet der Kunde nur jeweils mit dem Partner zusammen, der den Zuschlag erhalten hat. Da die Übertragung spezifischen Wissens, das zur effizienten Steuerung der IT benötigt wird, extrem aufwändig für beide Seiten ist, wäre ein Ende der Outsourcing-Beziehung mit hohen Kosten verbunden. Daher begibt sich ein Unternehmen, das seine gesamte IT an einen einzigen Dienstleister auslagert, in ein Abhängigkeitsverhältnis, das dieser ausnutzen kann. Behäbigkeit, Ineffizienz und geringes Innovationspotential sind häufige Folgen.

Vor allem wegen dieser Problematik sind viele Unternehmen in letzter Zeit zum selektiven Outsourcing umgeschwenkt. Statt die komplette IT in einem Schlag auszulagern, schließt der Anwender bei dem auch als "Mix and Match" bezeichneten Modell mehrere kleinere Verträge mit verschiedenen Anbietern, wobei die Projekte jeweils einzeln ausgeschrieben werden. Da die Vertragslaufzeiten in der Regel wesentlich kürzer sind, herrscht zwischen den IT-Dienstleistern ein mehr oder weniger kontinuierlicher Wettbewerb um Folgeaufträge.

Dies hat zwar ein wesentlich innovationsfreundlicheres Klima zur Folge. Die Auswahl der Kooperationspartner erfolgt jedoch bislang überwiegend kostenorientiert. Die "Best-Bid" Methode ist mit einem häufigen Austausch der Provider verbunden, was wiederum dazu führt, dass bei jedem Wechsel spezifisches Wissen zur Steuerung der IT-Architektur verloren geht. Ein Umfeld, in dem Auftraggeber und IT-Dienstleister gemeinschaftlich daran arbeiten, die Wertschöpfung nachhaltig und kontinuierlich zu steigern, kann unter diesen Bedingungen nur schwer entstehen. Die langfristigen Vorteile einer festen Partnerschaft geraten völlig aus dem Blick.

Die Lösung heißt Managed Competition

Eine Lösung besteht darin, den Wettbewerb unter den Providern zu steuern. Gemeint ist ein Konzept, das auf zwei zentralen Säulen basiert, die sich auf den ersten Blick zu widersprechen scheinen: Wettbewerb und partnerschaftliche Zusammenarbeit. Das heißt, die Dienstleister konkurrieren innerhalb einer kleinen Gruppe um Aufträge, kooperieren jedoch gleichzeitig untereinander, um das optimale Ergebnis für den gemeinsamen Kunden zu erreichen. Auf diese Weise lassen sich die größten Nachteile des kompletten und des selektiven Outsourcing - die Abhängigkeit vom IT-Dienstleister beziehungsweise der Verlust an spezifischem Wissen - vermeiden.

Das Modell funktioniert folgendermaßen: Zunächst teilt das Anwenderunternehmen sein IT-Portfolio in Segmente auf. Die Gliederung kann horizontal, vertikal oder regional erfolgen, ganz wie es unter Berücksichtigung der eigenen Organisationsstruktur am sinnvollsten erscheint. Anschließend wählt der Kunde über ein Ausschreibungsverfahren für jedes Segment eine kleine Anzahl von IT-Dienstleistern aus, an die die jeweili-gen Aufträge exklusiv vergeben werden.

Entscheidend ist dabei, dass die Auswahl der Firmen, nicht primär nach Kostengesichtspunkten erfolgt. Vielmehr sucht sich der Anwender die Anbieter aus, die sich in dem jeweiligen Bereich am besten auskennen. Auf diese Weise entsteht eine wettbewerbsgesteuerte Umgebung, in der die Wertschöpfung in den Fokus rückt. Die Provider stehen in ständiger Konkurrenz um die besten Aufträge, arbeiten aber gleichzeitig partnerschaftlich zusammen, um die Wertschöpfung für den Kunden kontinuierlich verbessern. Je enger die Verzahnung zwischen den einzelnen Aufträgen, desto wichtiger ist die Kooperation der Provider untereinander.

Strategie zur Steuerung der Provider festlegen

Um die ausgewählten Dienstleister effektiv steuern zu können, legt der Kunde zu Beginn des Outsourcing-Prozesses eine genaue Strategie mit Globalzielen fest, die sich an seinen individuellen Bedürfnissen und Anforderungen orientieren. Darauf aufbauend bestimmt er die zur Steuerung relevanten Benchmarks und Kennzahlen und hält diese gemeinsam mit den einzelnen Dienstleistern in Service-Level-Agreements (SLAs) fest.

Die Messung der objektiven Leistung jedes Providers erfolgt anschließend weitestgehend automatisiert und bedeutet dadurch für den Auftraggeber nur einen geringen zeitlichen Aufwand. Es empfiehlt sich aber, in regelmäßigen Abständen Einzelgespräche mit den Dienstleistern zu führen, um Qualitätskriterien bewerten zu können, die mit quantitativen Methoden nicht zu messen sind. Ein Provider, dem von mehreren Seiten ein unzureichendes Maß an Kooperation bescheinigt wird, lässt sich auf diese Weise schnell identifizieren und bei Bedarf austauschen.

Mehr Innovation, Effizienz und Flexibilität

Die Konkurrenz zwischen den andererseits verbündeten Dienstleistern im Pool führt zu einem innovationsfreudigen Umfeld, Effizienz und Flexibilität. Gleichzeitig beugt die Kooperation der Provider dem Verlust an spezifischem Wissen vor und verhindert, dass der Auftraggeber in eine Abhängigkeit von seinen externen Partnern gerät. Voraussetzung für eine erfolgreiche Realisierung des gesteuerten Wettbewerbs ist jedoch, dass beide Seiten ihr Verhalten an dieses Modell anpassen.

So muss sich die Unternehmensleitung konsequent für das jeweilige Projekt engagieren. Vor allem aber müssen sich Kunde wie Dienstleister von der Fixierung eines Wettbewerbs nur über den Preis lösen. Entscheidend ist, dass die Vorteile einer langfristigen Partnerschaft zum Wohle des Kunden in den Vordergrund rücken. Gelingt dies, steht einem effizienteren IT-Einsatz im Unternehmen nichts mehr im Wege. (sp)