Pattern Matching

Wie KI die richtigen Freiberufler findet

04.03.2022
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Über mangelnde Nachfrage können sich Personaldienstleister in der IT-Branche kaum beklagen. Hingegen ist es eine Herausforderung unter Zeitdruck die richtigen Mitarbeiter für Projekte zu finden. Hier kann nun KI helfen, die passenden internen oder externen Mitarbeiter zu identifizieren.
Roboter und Künstliche Intelligenz können - so die Hoffnung der Personaldienstleister - wesentlich genauer und schneller die richtigen Freiberufler aussuchen.
Roboter und Künstliche Intelligenz können - so die Hoffnung der Personaldienstleister - wesentlich genauer und schneller die richtigen Freiberufler aussuchen.
Foto: Palto - shutterstock.com

Der Schlüssel zum erfolgreichen Projekt liegt darin, die richtigen Mitarbeiter an der richtigen Stelle einzusetzen. Dies scheint offensichtlich, ist in der Praxis aber schwierig umzusetzen - insbesondere für Dienstleister im IT-Bereich. Regelmäßig stellt sich die Frage: Gibt es einen Freiberufler, der über die vom Kunden benötigten Skills verfügt? Und wie kann man das schnell in Erfahrung bringen?

Um den Staffing-Prozess zu beschleunigen, ist eine Automatisierung eine naheliegende Lösung. Bisherige Ansätze dafür beruhen auf dem sogenannten Pattern Matching. Dieses stößt allerdings schnell an seine Grenzen, wenn Skills nicht explizit in Profilen hinterlegt sind. Beispielsweise stehen in einem typischen Profil eines Java- Entwicklers meist Keywords wie "Hibernate", "J2EE", "Tomcat", "Spring" oder "Struts". Der Kunde hingegen sucht einen "Entwickler mit mehrjähriger Erfahrung in der Java-Entwicklung". Ein Algorithmus basierend auf Pattern Matching kommt zu dem Schluss, dass das genannte Profil kaum geeignet ist.

Klassische Suche ist zu langsam

Tatsächlich ist aber jemand, der über Erfahrungen mit den oben aufgeführten Java-Frameworks verfügt, sehr wahrscheinlich sogar ein echter Java-Experte. Hier kann das Pattern Matching keine guten Ergebnisse liefern und ist nur so gut wie ein Matching eines Sachbearbeiters ohne Fachkenntnisse, der anhand von Keywords matcht. Wenn Profile von Mitarbeitern also nicht akribisch und kundenorientiert gepflegt sind, ist vorhandenes Wissen im Unternehmen nicht zu finden. Die Konsequenz: Es entsteht eine vermeintliche Wissenslücke und das Staffing zieht sich unnötig in die Länge.

Es gibt aber eine Möglichkeit, dieses Problem zu umgehen: ein Matching mithilfe von Künstlicher Intelligenz. Mit Hilfe von Natural Language Understanding und auf Grundlage eines Knowledge Graph, der Skills zueinander in Beziehung setzt, kann KI Skill-Profile und Anforderungen "verstehen" und Zuordnungen so treffen, wie das ein Kenner der Materie tut. So würde im obigen Beispiel - im Gegensatz zum Pattern Matching - ein Mitarbeiter, der Kenntnisse etwa in "Hibernate" und "Spring" in seinem Profil vermerkt hat, als Ergebnis einer Suche nach einem Java-Entwickler erscheinen.

Auch andere Kriterien wie Schwerpunkte, Projekterfahrungen und Zertifikate sowie bestimmte Ausbildungen werden vom Kunden angefragt und sind im Pattern Matching schwer zu berücksichtigen. Außerdem gibt es nicht selten Must-Have- und Nice-to-Have-Anforderungen an die Skills der Mitarbeiter. Auch das Verständnis dieser Kriterien kann einer KI antrainiert werden. Ein weiteres Problem des Pattern Matching ist, dass es Profile und Projektanfragen in unterschiedlichen Sprachen nicht matchen kann. Dies führt ebenfalls dazu, dass passende Mitarbeiter und Projekte nicht zusammenfinden. Es kann sogar zu einem Bias führen, bei dem deutsche Profile Englischen konstant vorgezogen würden. Eine KI wiederum lässt in jeglichen Sprachen trainieren und so auch sprachübergreifende Matches ermöglichen.

Eine ideale Lösung, um Projekte und passende Mitarbeiter zusammenzubringen, ist an dieser Stelle aber noch nicht vollständig. Grund dafür ist, dass die Entwicklung im IT-Bereich und in angrenzenden Gebieten sehr dynamisch verläuft. Neue Skills entstehen quasi täglich. Um dieser Dynamik gerecht zu werden, reicht ein statischer Skill-Katalog nicht aus. Er ist laufend zu aktualisieren. Eine manuelle Pflege des Katalogs wäre theoretisch zwar möglich, aber praktisch mit enorm hohem Aufwand verbunden und quasi nicht umsetzbar. Hier stellen sich neue Fragen: Wie kann eine KI herausfinden, was sie noch nicht weiß und dieses Wissen selbständig erwerben? Wie kann sie Unwissen in Wissen verwandeln, und so konstant und dauerhaft perfekte Matches generieren?

KI identifiziert selbständig neue Skills

Mit der Beantwortung dieser Fragen beschäftigt sich die freelance pages AG aus Tübingen in ihrem Projekt dynamiC. Darin will das Startup eine automatisierte Vervollständigung des Knowledge Graphs erreichen. So soll ihr Staffingtool - der Resource Finder - auch ohne großen Pflegeaufwand des Knowledge Graphs gute Matches liefern können. "Mit dem Resource Finder können Unternehmen bereits heute dank Künstlicher Intelligenz auf Knopfdruck Matches von Projekten und passenden Mitarbeitern generieren und personelle Lücken über die angeschlossenen Plattformen www.freelance-pages.com oder www.it-tenders.com schließen", versichert Gründer Ulrich Conzelmann.

Die automatische Vervollständigung des Knowledge Graphs soll in mehreren Schritten erreicht werden. Zunächst soll die KI selbständig bisher unbekannte Skills aus Projekt-Anforderungen und Profilen identifizieren. Daraufhin erfolgt eine semantische Analyse. Darin wird geprüft, ob es sich bei dem neuen Keyword um ein Synonym einer bereits vorhandenen Entity handelt. Schließlich erfolgt die Einordnung in den Knowledge Graph.

Als Mittel zum Ziel setzt das Startup unter anderem auf das Modell "BERT" von Google. Dieses wurde mit Daten von "Google Books" und Wikipedia vortrainiert - ein Trainings-Datensatz, der mehr als drei Milliarden Wörter umfasst. "Auf einer solchen Basis kann ein Feintuning für die angestrebten Zwecke mit realistischem Aufwand für die Datenbeschaffung und mit moderaten Rechenzeiten erfolgen", berichtet Conzelmann. Das Projekt wird vom Wirtschaftsministerium des Landes Baden-Württemberg im Rahmen des "KI-Innovationswettbewerbs 2021" gefördert.