Wie IT und Fachabteilung sich verstehen lernen

03.06.2009
Damit es nicht zu permanenten Kämpfen kommt, muss die Unternehmensleitung für ein klares Anforderungs-Management sorgen.

Das Thema der optimalen Einbindung der IT ins Unternehmen wurde als "Business-IT-Alignment" in den vergangenen Jahren viel diskutiert. Dennoch hat man immer wieder den Eindruck, dass das Klagen über mangelhafte Zusammenarbeit und die Schuldzuweisungen zwischen IT- und Fachseite nicht weniger geworden sind. Dabei spielt der Faktor Mensch eine Schlüsselrolle, und genau dort greifen die übergeordneten Steuerungsmaßnahmen ins Leere.

Ständige gegenseitige Blockaden

Auf operativer Ebene hakt es vor allem beim Anforderungs-Management. Üblicherweise findet man dort das folgende Henne-Ei-Problem: "Schreib mir erst genau auf, was du willst, dann sage ich dir, was es kostet" kollidiert mit der Forde-rung "Sag mir doch erst mal, was geht, dann schreibe ich auf, was ich will." Diese Blockade lasten beide Seiten der jeweils anderen an. Hier klemmt es, weil den Beteiligten nicht klar ist, dass Anforderungs-Management

1. sinnvoll nur im gemeinsamen Dialog geleistet werden kann (und nicht etwa einseitig);

2. eine anspruchsvolle, kreative und wichtige Aufgabe ist und

3. ausdrücklich zu ihrem Aufgabengebiet gehört.

Erschwerend kommt hinzu, dass die beteiligten Personen sehr unterschiedliche Sprachen sprechen (IT- und Fachsprache). Dadurch werden Äußerungen oft missverstanden. Daher ist es erforderlich, zumindest auf einer Seite der Schnittstelle Personen einzusetzen, die beide Sprachen (IT- und Fachsprache) verstehen und sprechen. Schulungen mit den Schnittstellen-Mitarbeitern führen erfahrungsgemäß nur zu Teilerfolgen.

Darüber hinaus ist den Akteuren auf beiden Seiten der Schnittstelle die kooperative Ermittlung der Anforderungen klipp und klar zur Aufgabe zu machen und die Bedeutung dieser Tätigkeit innerhalb der Bereiche grundsätzlich aufzuwerten.

In zehn Schritten zur besseren Zusammenarbeit

  1. Setzen Sie für das Anforderungs-Management Menschen ein, die sowohl die IT- als auch die Fachsprache beherrschen (mindestens auf einer Seite der Schnittstelle).

  2. Beginnen Sie mit dem Anforderungs-Management schon in der Ideen-Phase. Je eher der Dialog einsetzt, umso mehr Irrwege und Sackgassen werden Sie vermeiden.

  3. Stellen Sie klar, dass Anforderungs-Management nur im gemeinsamen Dialog geleistet werden kann.

  4. Fordern Sie von den beteiligten Mitarbeitern einen konstruktiven Dialog. Also nicht darlegen, was nicht geht, sondern darüber reden, wie es geht.

  5. Stellen Sie sicher, dass Anforderungs-Management in den Schnittstellenbereichen als anspruchsvolle, kreative und wichtige Aufgabe wahrgenommen wird.

  6. Verlangen Sie von Ihren Führungskräften gute Kooperation an der Business-IT-Schnittstelle.

  7. Geben Sie den Leitern von Schnittstellenbereichen persönliche Ziele, die eine gute Kooperation an der Schnittstelle effektiv fördern.

  8. Beteiligen Sie sich nicht an der Suche nach Schuldigen und fordern Sie stattdessen von Ihren Managern gemeinsame Lösungen.

  9. Interessieren Sie sich für die Chancen und Risiken, die sich durch IT in Ihrem Zuständigkeitsbereich ergeben.

  10. Haben Sie einen wachen Blick auf die Zusammenarbeit an der Business-IT-Schnittstelle und optimieren Sie nur dort, wo Sie einen Vorteil erwarten.

Ebenso lassen sich auf taktischer Ebene typische Reibungspunkte benennen. Hier sind es die nur zu gut bekannten Grabenkämpfe zwischen Fach- und IT-Bereichen, die regelmäßig in Management-Sitzungen ausgetragen werden: "IT liefert nicht" tritt an gegen "Business verlangt Unmögliches".

Der Schwarze Peter wird nach unten weitergegeben

Um die Ursachen dafür zu verstehen, muss man sich vor Augen führen, dass die Bereichsleiter aus erfolgreichen Grabenkämpfen massive Vorteile für ihren Bereich und sich selbst ziehen können. Auf diesem Weg können eigene Versäumnisse kaschiert und Schwarze Peter weitergegeben werden. Daher müssen die persönlichen Ziele von Fach- und IT-Bereichsleitern eine gute interne Kooperation angemessen belohnen. Ebenso wichtig ist es aber, dass die Unternehmensführung den Bereichsleitern unmissverständlich klarmacht, dass sie erfolgreich kooperieren müssen. Dazu gehört insbesondere, dass das Topmanagement von den hoch bezahlten Managern der streitenden Lager konsequent gemeinschaftliche Lösungen verlangt. Wegen der großen Innovationskraft der IT und ihrer erheblichen Bedeutung für den Erfolg eines Unternehmens ist es jedoch die Pflicht eines jeden Topmanagers, sich selbst mit Chancen und Risiken der IT in seinem Zuständigkeitsbereich zu befassen.

Systemplattformen müssen begrenzt werden

Viele längerfristige Unternehmensziele sind nur durch einen kooperativen Dialog zwischen den IT- und Fachbereichen zu erfüllen. Das gilt zum Beispiel für die so essentielle Begrenzung der Komplexität von Technologie- und Systemplattformen. Ist infolge fauler politischer Kompromisse erst einmal ein hochkomplexes Plattform-Monster entstanden, sind Anforderungen an Realisierungszeit, Kosten und Qualität kaum noch zu erfüllen. (hk)