Prioritäten bei Entwicklung und Vertrieb setzen

Wie i2 dem Sparzwang begegnet

04.10.2002
PRAG (qua) - Auf dem Anwenderkongress "Planet Europe" in Prag konkretisierte i2 Technologies seine Strategie zur Kostenreduzierung: Entlassungen zwingen zum differenzierten Einsatz der Ressourcen; dass sich das auch auf die Personalausstattung von Kundenprojekten auswirkt, verärgert die Klientel.

Für das Thema "Sozialauswahl" bringen die Kunden des in Dallas, Texas, ansässigen Softwareunternehmens nur begrenztes Verständnis auf: Mit vernehmbarem Zähneknirschen muss beispielsweise Dirk Petermann, Logistikleiter des Hannoveraner Reifenherstellers Continental AG, akzeptieren, dass einer der besten von insgesamt sechs in sein Projekt involvierten i2-Mitarbeitern die Papiere bekommt. Auch das Bestreben, die angekündigte Kostenreduzierung (siehe CW 29/02, Seite 8) so schnell wie möglich zu erreichen, stößt nicht überall auf Begeisterung: Wenn von vier mit einem Vorhaben befassten i2-Beratern drei innerhalb von sechs Wochen ihren Arbeitsplatz räumen müssen, wie bei einem süddeutschen Unternehmen der Fall, sind die Projektverantwortlichen erst einmal verschnupft.

Der Supply-Chain-Management-Experte läuft also Gefahr, die existierende Kundenbasis zu verärgern, aus der er momentan zwei Drittel seiner Umsätze zieht. Doch der für Zentral- und Osteuropa zuständige Vice President Bernhard Schwister hat Vertrauen darin, dass seine Kunden am Ende doch Einsicht in die Zwänge des deutschen Kündigungsrechts zeigen. Zudem werde i2 dafür sorgen, dass "in jedem einzelnen Fall" die eingebüßten Ressourcen durch interne Mitarbeiter oder mit Hilfe externer Partner ersetzt würden. So räumt denn auch Petermann ein: "Wenn man sich an das Management wendet, passiert schnell etwas."

Die einstige Hochglanz-Company i2 muss derzeit heftig zurückrudern - nicht nur im Hinblick auf die Personalstärke, sondern auch bezüglich der Produkte. Einige der vom ehemaligen CEO Greg Brady verantworteten Akquisitionen hängen schwer am Bein des Unternehmens: Fremdentwickelte Tools wie der von Siemens ICN ausgemusterte "Global Logistics Monitor" (siehe CW 3/02, Seite 12) kratzen am Image; eine Palette von insgesamt 150 unterschiedlichen Produkten zehrt die knapper werdenden Entwicklerressourcen auf. Konsolidierung ist angesagt. "Wir wollen unsere Forschungs- und Entwicklungskapazitäten dort einsetzen, wo es am meisten Sinn ergibt", so Jim Contardi, Chief Operating Officer für Europa, den Mittleren Osten und Afrika. Das Gros der Ressourcen konzentriert sich künftig auf Software für fünf Optimierungsbereiche: "Fulfillment", "Spend", "Production", "Revenue and Profit" sowie "Logistics". Kernstücke seines Angebots wie den "Demand Planner" und den "Factory Planner" hat i2 in "Fast-Track"-Lösungen eingebettet, die eine schnelle Einführung erlauben sollen und auch als Türöffner in den Mittelstandsmarkt dienen könnten. Einander überlappende Produktlinien werden bereinigt, das jeweils seltener eingesetzte Werkzeug nur noch gewartet, aber nicht weiterentwickelt.

Auch die Kapazität der Sales-Force soll effizienter eingesetzt werden als bisher. Daraus resultiert eine Dreiteilung der Kundenbasis: Einer Handvoll von "Strategic Select Accounts" - Unternehmen der Fortune-100-Klasse, die flächendeckend und langfristig auf i2-Software setzen sowie eine "belastbare Geschäftsbeziehung" (O-Ton Schwister) mit dem Softwarehaus eingegangen sind - werden individuelle Vertriebs- und Consulting-Ressourcen zugeordnet. Bei den "Strategic Growth Accounts" handelt es sich um Großkunden, von denen sich i2 laut Schwister "einen deutlich größeren Footprint unserer Produkte" erhofft, weshalb sich die Sales-Force ebenfalls intensiver um sie kümmern soll. Die restlichen Kunden werden, so der zentraleuropäische i2-Chef, "selbstverständlich auch betreut", aber nicht von einem dedizierten Verkaufs- und Beratungsteam angegangen.