Widersprüchliche Aussagen von Forrester Research und Aberdeen Group

Wie gut sind quelloffene Datenbanken?

30.04.2004
MÜNCHEN (CW) - Die US-amerikanischen Marktforschungsunternehmen Forrester Research und Aberdeen Group kommen bei einer Bewertung der Position und Perspektiven von Open-Source-Datenbanken zu recht widersprüchlichen Aussagen.

Das Marktforschungsunternehmen Aberdeen Group, Boston, hat Open-Source-Datenbanken unter die Lupe genommen und ist dabei zu einem durchwachsenen Befund gekommen. Einerseits seien Produkte wie MySQL, PostgreSQL oder Berkeley DB technisch "fein herausgeputzt". Andererseits seien ihre Erfolgsaussichten am Markt recht limitiert. Das jedenfalls sei das Ergebnis einer Umfrage unter Anwendern und unabhängigen Softwarehäusern.

Open-Source-Datenbanken hätten sich "in Sachen Skalierbarkeit, Robustheit und Administrierbarkeit dramatisch verbessert", stellt die Aberdeen Group fest. "Sie sind so weit, dass sie es verdienen, mit den bekannten Produkten verglichen zu werden." Dies gelte insbesondere für Anwendungen in kleinen bis mittelgroßen Unternehmen (KMUs), wo sie der Konkurrenz von Oracle, IBM und Microsoft "überlegen zu sein scheinen". Der Grund bestehe darin, dass die Open-Source-Produkte nicht mit Features überladen seien, die KMUs nicht benötigten. Hingegen seien funktionale Erweiterungen für jeden erdenklichen Zweck das Kennzeichen kommerzieller Datenbanken.

Erweiterung statt Ersatz

Gleichwohl bewertet Aberdeen die Marktaussichten für Open-Source-Datenbanken nur als "mäßig gut". Weder bei Anwendern noch bei unabhängigen Softwarehäusern (ISVs) sei ein ausgeprägtes Interesse zu erkennen, die teuren kommerziellen Produkte durch quelloffene Alternativen zu ersetzen. Open-Source-Datenbanken würden sich nur dort verbreiten, wo neue Anwendungen und Services entwickelt werden, die eine Erweiterung der installierten Datenbanken darstellen.

Diese Einschränkung kommt überraschend, zumal die Aberdeen-Analysten schätzen, dass weltweit zurzeit rund zehn Millionen Open-Source-Datenbanken in Betrieb sind. Diese Zahl dürfte sich wohl kaum mit Privatanwendern und neuen Business-Anwendungen erklären lassen. Auch die Ergebnisse einer Umfrage von Forrester Research unter 140 US-amerikanischen Großunternehmen lassen Zweifel aufkommen, ob Open-Source-Datenbanken wirklich zu einem Nischendasein verurteilt sind.

Nach den Ergebnissen von Forrester nutzen 46 Prozent der Unternehmen derzeit Linux, 14 Prozent planen die Einführung. (Das ist nebenbei ein Indikator, dass die SCO-Kampagne gegen Linux Anwender nicht abschreckt.) Von dieser Gruppe betreiben 47 Prozent eine Datenbank oder einen Data Mart auf Linux-Basis - die zweithäufigste Linux-Anwendung nach Web-Servern. Nach ihrer Nutzung spezifischer Produkte beziehungsweise entsprechenden Plänen gefragt, nannten 52 Prozent die Open-Source-Datenbank MySQL. Das ist Platz zwei hinter Apache.

Solche Zahlen lassen sich zwar im Sinne der Aberdeen Group interpretieren, dass neue Anwendungen wie Web-Server sich eben auf Open-Source-Datenbanken stützen. Aber es darf bezweifelt werden, ob Unternehmen ein Interesse haben, langfristig zwei Informationssilos zu pflegen. Darüber hinaus beobachtet der schwedische Anbieter MySQL AB eine auffallend rege Nachfrage aus kleinen und mittelständischen Unternehmen.

"Der Datenbankmarkt hat sich in den letzten zehn Jahren dramatisch verändert, und das setzt sich fort", sagt Michael ("Monty") Widenius, der Mitbegründer und Chief Technology Officer von MySQL. "Die Anwender betrachten sie als Gebrauchsgegenstände und verwenden sie als solche."

"Von der Stange" reicht vielen

Gerade kleine und mittelständische Unternehmen würden die Datenbank nicht an spezifische Bedingungen anpassen. Für sie sei ein reiches Angebot an Features weniger interessant als die Möglichkeit, leicht und zuverlässig mit dem Produkt arbeiten zu können. Damit einher gehe ein weiteres Argument für Open-Source-Datenbanken, so Widenius: "Warum soll man für Features zahlen, die man nicht braucht?" (ls)