Kolumne

"Wie geht es weiter?"

04.07.2003
Christoph Witte Chefredakteur CW

Natürlich käme es Oracle-Boss Lawrence Ellison gelegen, wenn die Peoplesoft-Kunden auf seine Applications umsteigen würden - aber zwingen kann er sie nicht. Außerdem werden sich Anwender, die eine gut funktionierende Peoplesoft-Suite im Einsatz haben, nicht beeilen mit der Migration. Sie können sich Zeit lassen, vo-rausgesetzt, Oracle pflegt wie versprochen die Produkte weiter, hält sie vor allem immer auf dem Stand der gesetzlichen Bestimmungen. Unter diesen Prämissen können die Peoplesoft-Kunden zunächst relativ ruhig abwarten, wie es weitergeht. Die Erfahrenen unter ihnen wissen ohnehin, dass sie bei beiden Herstellern zurzeit nicht im Fokus der Aufmerksamkeit stehen. Weder Peoplesoft-Boss Craig Conway, der das Wohl der Kunden in seinen Argumenten gegen die Übernahme immer als Erstes ins Feld führt, noch Ellison, der eine weltweite Anzeigenkampagne zur Beruhigung der Peoplesoft-Klientel und -Anleger gestartet hat, scheren sich im Moment einen Deut um die Interessen der Anwender. Es geht nur darum, den Kampf zu gewinnen: Oracle hat das Angebot erhöht und klagt gegen das Peoplesoft-Management, weil es gegen die Interessen seiner Aktionäre handele. Peoplesoft schießt zurück einerseits mit Hinweisen auf die zu geringe Höhe des Angebots und andererseits (irgendwie unlogisch) mit Antitrust-Bedenken gegen die Oracle-Offerte.

Aber gleichgültig, wer die Schlacht mit welcher Strategie gewinnt, stellt sich die Frage, ob dieser feindliche Übernahmeversuch eine neue Ära in der IT-, zumindest aber in der Softwareindustrie einläutet. Eine Ära, die noch stärker als die heutige Ordnung der Industrie bestimmt wird durch die großen Spieler mit dem meisten Geld. Nur diese können es sich leisten, nicht durch die Entwicklung, sondern durch den Zukauf innovativer Produkte oder einfach durch die Akquisition von Kundenstämmen anderer Hersteller Marktanteile zu gewinnen. Zeiten, in denen Anwender wenig Lust verspüren, zu investieren - weil sie geringere Budgets haben und weil es kaum zwingende Innovationen gibt -, befördern solches Verhalten. Konsolidierung nennt man dieses Phänomen. Und je länger die Investitionszurückhaltung der Anwender dauert, desto eher werden die Großen den Markt unter sich aufteilen. Als Leithammel unter den Applikationsanbietern dürften dann Microsoft, SAP und - geht es nach Ellison - Oracle (mit Peoplesoft) übrig bleiben, alle anderen werden sich einreihen. Wann? Macht das Beispiel von Oracle und Peoplesoft Schule, schneller, als alle befürchten.