Wie fit ist Ihre IT-Organisation?

22.04.2005
Von Von Jens
Eine Online-Umfrage deckt die Schwachstellen in Struktur und Abläufen auf.

Die IT-Funktionen agieren nicht, sondern reagieren auf unterschiedlichste Zielsetzungen und Erwartungen aus den Abteilungen. So sieht der Alltag in den meisten Unternehmen aus. Dabei wird nach den Jahren der Kostenorientierung immer deutlicher, dass die IT eine entscheidende Rolle für das Unternehmenswachstum spielt. "Wir brauchen eine andere IT", tönt es deshalb aus vielen Führungsetagen.

Der CIO und seine IT-Funktion sind gefordert, sich stärker am Geschäft zu orientieren, zur Flexibilisierung des Unternehmens beizutragen oder sogar bei der Professionalisierung der Marktleistungen zu helfen. Die IT soll sich die Probleme und Herausforderungen der Business-Seite proaktiv zu eigen machen. Allgemein gesprochen: Sie soll als Lösungs-Manager agieren.

Doch zwischen Wunsch und Wirklichkeit liegen mitunter Welten. Um sich zu einer professionellen Servicefunktion entwickeln zu können, braucht die IT etwas, das sie vielfach nicht hat: organisatorische "Fitness". Dazu gehören vier Elemente, deren Beziehung untereinander stimmig sein muss:

- Unternehmensstruktur,

- Entscheidungsrechte,

- Motivatoren und

- Information.

Die Kombinationen dieser vier Elemente bestimmen das Wesen einer Organisation, quasi die organistorische "DNA", kurz "OrgDNA". Sie sind der Schlüssel, um das volle Potenzial eines Unternehmens nutzbar zu machen.

In einer weltweiten Online-Studie hat Booz Allen Hamilton (BAH) mehr als 20000 Führungskräfte in 30 Ländern, darunter über 2000 CIOs und IT-Manager, zur Fitness ihrer Organisation befragt. Aus den Antworten hat die Management- und Technologieberatung sieben OrgDNA-Profile entwickelt, deren Eigenheiten Hinweise auf Stärken und Schwächen in den Organisationen der Unternehmen geben.

Nur jede dritte Organisation ist "gesund"

Bei 32 Prozent der Befragten diagnostizierte BAH "gesunde" OrgDNA-Profile. Dazu zählt beispielsweise die flexible Organisation, die schnell auf Veränderungen reagieren kann und gleichzeitig auf eine klare Geschäftsstrategie ausgerichtet ist. Diesem Profil entsprechen 18 Prozent der Umfrageteilnehmer. Vorteilhaft im Sinne der OrgDNA sind auch die "Just-in-Time"-Organisation (zehn Prozent der Befragten) und die hierarchische Organisation (vier Prozent), denn sie zeichnen sich durch Anpassungsfähigkeit und ein entscheidungsstarkes Management-Team aus.

Daneben gibt es vier "ungesunde" Typen: die die komplexe, die überverwaltete, die unkoordinierte und die überwiegend passive Organisation. Ein Blick auf die Profitabilität der Unternehmen belegt, dass eine gesunde OrgDNA sich positiv auf den Gesamtzustand auswirkt.

Von den IT-Führungskräften charakterisieren nur 26 Prozent die OrgDNA ihres Unternehmens als gut. Die Bereiche Finanzen, Personal und Vertrieb kommen mit mehr als 34 Prozent zu einer deutlich besseren Bewertung. Woran macht sich die schlechte Einschätzung der IT fest? Als wesentliches Defizit führen die IT-Manager Entscheidungsschwäche und mangelnde Stabilität der einmal getroffenen Entscheidungen an. Besonders die Geschwindigkeit der Entscheidungswege halten die IT-Manager für deutlich schlechter als ihre Kollegen aus anderen betrieblichen Funktionen. Auch die Verantwortungsstrukturen werden von den IT-Managern als unzureichender wahrgenommen. Zu den Hauptdefiziten zählen sie unklare Entscheidungskompetenzen, insbesondere in der Rollenverteilung zwischen Geschäft und IT.

Ungünstiger als ihre Kollegen beurteilen die IT-Manager aber auch die Informationstransparenz und -durchlässigkeit. Die CIOs fühlen sich in unternehmensweite Meidungsbildungs- und Informationsprozesse nicht ausreichend eingebunden. Offenbar ist in vielen Unternehmen die Emanzipation der IT noch nicht abgeschlossen. Häufig fehlen die Management-Informationen, die für eine wirksame Führung und Steuerung erforderlich wären. Ein voll funktionierendes IT-Controlling ist eine Ausnahmeerscheinung.

Last, but not least nehmen die IT-Manager auch Schwächen bei Motivation und Incentivierung besonders stark wahr: Zu enge Karrieremodelle, teilweise ohne Experten- und Projektpfade, sowie häufig rein monetär ausgerichtete Anreizsysteme tragen den Anforderungen von Personal-Management und -entwicklung in der IT nicht ausreichend Rechnung.

Gerade beim Vergleich mit anderen betrieblichen Funktionen wird der Nachholbedarf der IT deutlich: Ihre DNA qualifiziert sie häufig noch nicht zum Lösungs-Manager. Was ist hier zu tun? Erfolgversprechende Ansätze gehen stets vom Kunden und dessen Geschäftsanforderungen aus. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die IT nur wieder sich selbst optimiert. Der Hebel liegt vor allem in der richtigen Gestaltung des strategischen Bedarfs-Managements. Die Defizite in der Governance, den Entscheidungsprozessen und Informationsflüssen müssen an der Kundenschnittstelle behoben werden. Daraus ergeben sich auch positive Effekte auf Probleme in den nachgelagerten Wertschöpfungsstufen der IT.

Die Governance soll sicherstellen, dass die fachliche Verantwortung für die Gestaltung der IT auf der Business-Seite verankert und dort tatsächlich wahrgenommen wird. Das klingt eingängig, wird aber in der Praxis oft noch nicht gelebt. In vielen Unternehmen vertritt beispielsweise immer noch allein der CIO das IT-Budget, ohne dass er die Steuerungsmöglichkeiten eines Etatinhabers besitzen würde.

Eine verbindliche Definition der Governance ist dabei nur ein erster Schritt, um die Fachseite in die Verantwortung zu bringen und dort zu halten. Einige Unternehmen haben bereits mit der Einrichtung von Business Information Officers auf der Anforderungsseite begonnen. Förderlich für die Zusammenarbeit an der Demand-Schnittstelle ist zudem die fachliche und persönliche Nähe im Sinne eines Key-Account-Managements in der IT. Auch Job-Rotationen können hilfreich sein.

Steuerungsinstrumente sind kaum ausgeprägt

Auf unterschiedlichen Pfaden lässt sich die Verbindlichkeit und Stabilität von Entscheidungen verbessern. Zum einen sind klare Regeln bei der Entscheidungsfindung durchzusetzen, damit die IT eine robuste Arbeitsbasis erhält. Zum anderen ist die IT aber auch selbst in der Verantwortung: Sie muss der Business-Seite die Entscheidungsspielräume klar, aber differenziert darstellen. Damit sie nicht in die Rolle des Blockierers gedrängt wird, sollte sie aber auch Angebote für die Fachseite schaffen.

In vielen Unternehmen sind die erforderlichen Informations- und Steuerungsinstrumente, insbesondere Planung, Budgetierung, Projektkalkulation und Erfolgsrechnung, noch nicht ausreichend ausgeprägt. Unter diesen Defiziten leidet die Steuerbarkeit der IT enorm. Vorzeigeunternehmen schaffen die erforderliche Transparenz über ein wirksames IT-Controlling. Sie agieren mittels Servicevereinbarungen, die den richtigen Anreiz für eine effektive Nutzung von IT-Leistungen setzen. (qua)