Web

Lästerei im Netz

Wie Firmen mit Facebook und Twitter umgehen

08.07.2011
Ein Polizist in den USA lässt sein Auto von halbnackten Frauen waschen und stellt davon ein Video ins Netz.

Ein britischer Wahlkämpfer der Liberaldemokraten kommentiert in einem Nachrichten-Portal im Netz, alle religiösen Menschen sollten sich "verpissen". Und eine Bankmitarbeiterin äußert sich auf Facebook sarkastisch zum Stundenlohn ihres Chefs. Konsequenz: Alle drei verlieren ihren Job.

Experte Eck: Gebote und Empfehlungen zu Social Media sind sinnvoller als Verbote.
Experte Eck: Gebote und Empfehlungen zu Social Media sind sinnvoller als Verbote.

Beispiele wie diese zeigen: Chefs müssen sich darauf einstellen, dass ihre Mitarbeiter immer öfter auf Facebook und Twitter öffentlich Meinungen verbreiten, die früher nur die Kollegen in der Teeküche zu hören bekamen. "Unternehmen bekommen den ganzen Menschen, nicht nur den beruflichen", sagt der Kommunikationsberater Klaus Eck aus München. Das Problem: Private Äußerungen können für die Firma rufschädigend sein und sogar Betriebsgeheimnisse offenlegen.

Viele Unternehmen erkennen, dass diese Entwicklung nicht mehr aufzuhalten ist. Um Probleme zu vermeiden, appellieren sie an das Verantwortungsbewusstsein der Mitarbeiter. "Für Ihre Äußerungen und ihr sonstiges Verhalten in Social Media sind Sie persönlich verantwortlich", heißt es etwa in den Richtlinien der Telekom, die sich eigens Social-Media-Regeln gegeben hat.

"Betriebsinterna gehören ebenso wenig ins Netz wie Beschwerden über Vorgesetzte, Kollegen und Kunden", erläutert Ansgar Zerfaß, Kommunikationswissenschaftler an der Uni Leipzig. Aber wo liegt die Grenze? Reicht ein "Ich will endlich ins Wochenende"? Oder ein "Heute schon wieder Überstunden"?

Auch adidas appelliert an die Eigenverantwortung und den gesunden Menschenverstand der Mitarbeiter: "Das schließt das Bewusstsein darüber ein, dass man sich im Netz nicht anders verhalten oder äußern sollte, als man es gegenüber Geschäftspartnern und Kunden tun würde", erklärt Sprecherin Katja Schreiber.

Das bedeutet allerdings auch, dass Nutzer beim privaten Surfen den Job immer im Hinterkopf haben müssen. "Denn das große Problem ist, dass sich das Private mit dem Beruflichen vermischt und ich beides nicht mehr voneinander trennen kann", sagt Klaus Eck. Im Netz ist man Marketing-Chef und passionierter Kaninchenzüchter in einer Person. "Unternehmen müssen das aushalten", sagt der PR-Profi.

"Es gibt sicher Situationen, in denen solche Doppelrollen unvermeidbar zu Konflikten führen und man Privatsphäre und Beruf besser trennt", mahnt Zerfaß. Es sei dann die Aufgabe des Unternehmens, die Mitarbeiter zu sensibilisieren, so dass diese die Reichweite ihrer privaten Kommunikation im Netz erkennen.

Die Mitarbeiter wissen also im besten Fall genau, was sie schreiben dürfen und was nicht. Aber was passiert, wenn ihnen das Feingefühl doch einmal abgeht? Harte arbeitsrechtliche Schritte seien bei grobem Fehlverhalten im Netz "theoretisch möglich", heißt es bei Adidas. Das legt nahe: Was offline tabu ist, wird auch online Konsequenzen haben. Auch die Telekom schreitet bei Verstößen gegen das Arbeitsrecht oder Verschwiegenheitspflichten ein.

Viele Unternehmen haben bereits Social-Media-Regeln. Dabei seien Gebote und Empfehlungen besser als Verbote, meint Klaus Eck. "Firmen können zum Beispiel den Anreiz für ein gutes Profilbild schaffen, indem sie die Fotos bezahlen. Ist das Bild bei Xing gut, wirkt das positiv auf mein Unternehmen zurück."

Ohnehin sei es am besten, wenn ein Mitarbeiter mit seinem privaten Hobby in die Marke des Unternehmens "einzahle", wie es im Marketing heißt. Das kann ein sportbegeisterter Blogger allerdings wohl besser als ein Hobby-Künstler, der erotische Bilder malt.

Eck empfiehlt Unternehmen für die Zukunft etwas mehr Gelassenheit im Umgang mit Mitarbeitern, die auf Social-Media-Plattformen aktiv sind. "Oft wird es überbewertet, wenn einer mal schreibt: 'Mir ist langweilig'." Er rät, mit Humor zu reagieren. Das ist souverän, zeigt aber auch, dass das Unternehmen die Äußerung mitbekommen hat. Beide Seiten - Unternehmen wie Mitarbeiter - müssten noch lernen, meint Eck. "In einigen Jahren wird das aber kein Thema mehr sein." (dpa/tc)