Das waren die 2000er Jahre

Wie Ebay und Google unser Leben veränderten

08.10.2009

2. Blogger: Wortführer im Web 2.0

Vom Exhibitionisten bis zum Experten: In der Blogosphäre hatten sie alle ein Forum. Ihre Posts wurden gelesen, verlinkt und kommentiert. Blogger waren die neuen Meinungsmacher. Nun ja, nicht alle hatten sich unbedingt gleich eine Prominenz erbloggert wie Stefan Niggemeier (Bildblog), Robert Basic (Basic Thinking Blog) oder René Walter (Nerdcore Blog). Aber dafür hatten sie alle endlich eine neue Möglichkeit gefunden, ihr Mitteilungsbedürfnis auszuleben. Ohne jegliche Zensur, dafür aber mit einer potenziellen Leserschaft von mehr als einer Milliarde Menschen. Da konnte selbst ein Bild-Zeitungsredakteur neidisch werden.

Tausende persönlicher Internet-Logbücher stillten unser aller Neugier. Bemerkenswert Claudias Blog unter www.giesen-familie.info. Eintrag vom 27.1.2009: »Toll, dass Charlotte heute Nacht über 5 Stunden am Stück geschlafen hat. Um kurz nach fünf wurde sie gestillt. Und ich war danach fast zwei Stunden wach.*örks*.« Und am 25. November 2008 stand bei »Dem Chris sein Blog« (so der Name) unter blog.im-pott.de: »Meine - ’tschuldigung - Fresse, war das glatt gestern! Als ich morgens aus dem Haus raus bin, fing es grade an zu schneien. Auf dem Schnee habe ich richtig Tempo verloren, da ich mich ja nicht langmachen wollte.(…)« Noch Spannenderes erfuhr der geneigte Leser im Eintrag vom 1. Dezember 2007 im bluebaby.blog.de: »(…) Ich verwende in der Regel ein Bügeleisen, das ca. 80 € kostet und ein bis zwei Jahre brauchbar ist. Wenn es dann wegen Verkalkung kaputt geht, hat es sein Geld verdient und kann ohne Zögern durch ein neues preisgünstiges Dampfbügelgerät ersetzt werden.(…)«

Keine Frage: In Weblogs fand das wahre Leben statt. Die Themen drehten sich um alles, was die Menschheit beschäftigte: von Winterreifen bis Frühlingsrollen, von Pingpong bis Pingback, von Gürtelrose bis Guantanamo. Schon bald überschwemmten Spezialjournale das Web: Kunstinteressierte informierten sich in Artblogs, Erleuchtete in Esoterikblogs, Forscher in Wissenschaftsblogs - und Eisbärfreunde in Knuts Blog.

Ab jetzt konnte jeder Computerbesitzer ein Journalist sein. Und zugleich sein eigener Chefredakteur und Herausgeber. Auch hier toppten die Online-Schreiber wieder jeden Bild-Reporter um Längen. Wie viele Kindheitsträume gingen da in Erfüllung! Blogger bildeten eine neue Gegenöffentlichkeit, von der Leserbriefschreiber oder Graffiti-Sprayer nur träumen konnten. Das bekamen auch die Unternehmen schmerzlich zu spüren. Denn Blogger waren immer auch Kunden. Und wenn sie sich in ihren Postings ganz ungeniert und unzensiert über miese Produkte, unverschämten Service oder schlechte Arbeitsbedingungen Luft machten, war manch eine Firma nicht wirklich amüsiert. Also installierten einige aufgeschlossene unter ihnen eigene Blogs, in denen die Mitarbeiter ihre Beiträge posten durften. Und die Firmenleitung merkte sogleich, dass so viel Meinungsfreiheit ganz schön wehtun konnte - zumal unter Bloggern eine schnodderige Schreibe zum guten Ton gehörte.