Microsoft Intelligent Manufacturing Award 2023

Wie Digitalisierung die Fertigungsbranche revolutioniert

30.03.2023
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Bei der diesjährigen Verleihung des „Oscar der Fertigungsbranche“ zeigten führende Industrieunternehmen, wie man mit innovativen Digitallösungen aktuelle Probleme der Fertigungsindustrie in den Griff bekommen kann.
Mit dem MIMA zeichnet Microsoft zusammen mit Roland Berger die vielversprechendsten und innovativsten digitalen Lösungen für die Fertigungs-, Prozess-, Bau- und Automobilindustrie aus.
Mit dem MIMA zeichnet Microsoft zusammen mit Roland Berger die vielversprechendsten und innovativsten digitalen Lösungen für die Fertigungs-, Prozess-, Bau- und Automobilindustrie aus.
Foto: Microsoft/Roland Berger

"Innovate, Transform, Sustain", war das Motto, unter dem Microsoft führende Industrieunternehmen aus dem erweiterten Wirtschaftsraum Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA) aufgerufen hatte, ihre vielversprechendsten digitalen Lösungen für die Fertigungs-, Prozess-, Bau- und Automobilindustrie für den MIMA 2023 einzureichen.

MIMA 2023: Das sind die Gewinner

Von den rund 50 Bewerbern schafften es 15 Unternehmen aus sieben Nationen ins Finale und konnten ihre Projekte einer Fachjury unter der Leitung von Microsoft und Roland Berger präsentierten. Am 28. März wurden schließlich die Gewinner in den fünf Kategorien Innovate!, Scale!, Add Value!, Disrupt! und Sustainability! sowie der Gesamtsieger vorgestellt.

Gesamtsieg: Fischerwerke - Construction Monitoring

Mit ihrem "fischer Construction Monitoring" konnte die deutsche Traditionsfirma Fischerwerke den diesjährigen MIMA-Gesamtsieg erringen. Bei der Lösung zur Überwachung von Verbindungselementen in der Bauindustrie erfassen spezielle Sensoren in den Befestigungsprodukten SensorAnchor und SensorDisk die Vorspannkräfte in Befestigungen und übertragen sie per Mobilfunk in die myfischer-Cloud, wo sie beispielsweise am Smartphone kontrolliert und visualisiert werden können.

Bei Fischer construction monitoring sind Sensoren in Befestigungsprodukten integriert.
Bei Fischer construction monitoring sind Sensoren in Befestigungsprodukten integriert.
Foto: Fischerwerke

Auf diese Weise wird eine Bauwerk-Überwachung nicht nur in Echtzeit - anstatt nur während der Wartung - möglich, sondern ist auch deutlich kostengünstiger und einfacher zu handhaben als das manuelle Prüfen vor Ort. Außerdem bieten mechanische Schraubensicherungen zwar eine gewisse Sicherheit gegen das Lösen von Schrauben, geben aber keinen Einblick in den tatsächlichen Belastungszustand oder schwer erkennbare Versagensarten wie Korrosion oder Überlast.

Sieger "Innovate!": Danieli Automation/beanTech - Integriertes Qualitätsmanagement für die Metallindustrie

Mit einer modularen Lösung für Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung bei der Metallproduktion holten sich die beiden italienischen Firmen Danieli Automation und beanTech zusammen den Preis in der Kategorie "Innovate!". Ihre Anwendung "Q3-Premium" nutzt IIoT, Analytics, AR/VR und KI, um Herausforderungen für Stahlhersteller wie Qualitätsmängel, großen Ausschussmengen, übermäßiger Verbrauch und erhöhte Emissionen durch das Sammeln und Auswerten der vielen und vielfältigen Daten zu begegnen.

Die Anwendung q3 Premium führt Daten aus verschiedensten Quellen für ein umfassendes Qualitätsmanagement zusammen.
Die Anwendung q3 Premium führt Daten aus verschiedensten Quellen für ein umfassendes Qualitätsmanagement zusammen.
Foto: Danieli/beanTech

Ziel ist der Ausbau zu einem werksweiten Qualitätsmanagement, das beste Ergebnisse in der Produktion durch datengesteuerte Online-Korrekturmaßnahmen zur Qualitätsoptimierung ermöglicht. So soll mit Hilfe von KI die Menge der physikalischen Tests um ein Zehntel reduziert und der Ausschuss um zwei bis drei Prozent verringert werden.

Der Einsatz von AR/VR bei der Qualitätskontrolle wiederum spart laut Danieli/beanTech Zeit bei Betrieb sowie Inspektionen und hilft, Wasserverschmutzung und Abfall zu reduzieren.

Sieger "Scale!": TRUMPF und Prenode: Laser-Schneidmaschinen as a Service

Der Preis in der Kategorie "Scale!" geht 2023 an TRUMPF Werkzeugmaschinen und das KI-Startup Prenode. Die beiden Unternehmen statteten Laserschneidemaschinen von TRUMPF mit Kameras und Sensoren aus und vernetzten sie mit der Cloud.

Die Möglichkeit, Maschinen remote zu steuern, macht Trump Equipment as a Service erst möglich.
Die Möglichkeit, Maschinen remote zu steuern, macht Trump Equipment as a Service erst möglich.
Foto: TRUMP/Prenode

Auf diese Weise kann TRUMPF jede Bewegung aus dem Remote Control Center in Neukirch/Sachsen steuern. Mit Hilfe des internationalen Maschinenkommunikationsstandard Umati (OPC UA) sind die beiden Unternehmen zudem in der Lage, die Maschinen live zu überwachen, Ausfälle aus der Ferne zu erkennen und sie schnell zu beheben. Zusätzliche systemoptimierende Hinweise zur Vermeidung von Ausfällen in der Produktion ergänzen den Service.

Gleichzeitig werden die Maschinen- und Kameradaten mit der Hilfe von KI ausgewertet, um proaktiv auf Probleme und Verbesserungen hinzuweisen. Nutzer-Feedback wird systematisch der KI zurückgespielt, um den Grundstein für die Entwicklung von vollkommen autonomen Maschinen zu legen. Die Lösung erleichtert zudem neue Services und Geschäftsmodelle, etwa ein Equipment-as-a-Service-Modell (EaaS), bei dem nur noch pro produziertem Blechteil bezahlt wird.

Wie Jury-Mitglied Dirk Ramhorst, Chief Information Officer von Evonik, betonte, ist die Lösung "ein Meilenstein für die Metallblechindustrie". Die Remote-Fehlerbehebung und die Optimierung von Produktion und Transparenz spartenKosten und seien zudem branchenübergreifend skalierbar,so Ramhorst.

Sieger "Add Value!" - Danone - Digitale Transformation beschleunigen

Der MIMA in der Kategorie "Add Value!" geht an Danone. Das französische Lebensmittelunternehmen modernisiert im Rahmen seines "Digital Manufacturing Acceleration-Programm (DMA)" in Europa und später auch weltweit die Produktionsstätten auf Industrie-4.0-Niveau, um ihre Effizienz, Flexibilität und Widerstandsfähigkeit zu steigern.

Danone richtet seine Produktionsstätten im Rahmen des DMA-Programms konsequent auf Industrie 4.0 aus.
Danone richtet seine Produktionsstätten im Rahmen des DMA-Programms konsequent auf Industrie 4.0 aus.
Foto: Danone

Im Rahmen dieses neuen Programms befinden sich bereits vierzig europäische Danone-Fabriken in der digitalen Transformation.Das neue DMA-Programm besteht aus drei Komponenten:

  • Blue Stream dient zur Unterstützung der Fabriken bei der Identifizierung künftiger Anwendungsfälle.

  • Red Stream stellt standardisierte und zukunftssichere Technik-Lösungen bereit.

  • Yellow Stream dient zur Verbesserung des Change-Managements in den Fabriken sowie zur strategischen Personalplanung. Dafür wird Yellow Stream zusätzlich durch die Unterstützung digitaler Weiterbildungsmöglichkeiten verstärkt.

Wegen der Effizienz des Danone-Digitalisierungsprogramms wurde bereits die Danone-Fabrik im polnischen Oppeln vom Weltwirtschaftsforum als Lighthouse-Projekt ausgezeichnet: Danone zufolge konnten in dem Werk für Babynahrung und -pflegeprodukte die Herstellungskosten zwischen 2019 und 2021 um 19 Prozent gesenkt und die Effizienz um zwölf Prozent gesteigert werden.

Darüber hinaus senkte das Werk mit der Verknüpfung und Auswertung Energie- und Produktionsdaten seine Treibhausgasemissionen um 50 Prozent und seinen Energieverbrauch um 23 Prozent. Der Wasserverbrauch wurde um ein Viertel gesenkt.

Sieger "Disrupt": Siemens - Trusted Traceability dokumentiert den Stammbaum von Produkten

Die Sicherstellung von Transparenz und Rückverfolgbarkeit in Wertschöpfungs- und Lieferketten gehört zu den wichtigsten Zielen von produzierenden Unternehmen. MIMA-Preisträger Siemens hat hierzu mit "Trusted Traceability" eine Lösung entwickelt, bei der alle relevanten Daten in einem Stammbaum entlang der Wertschöpfungs- und Lieferkette verknüpft werden.

Der mit einem Klick zugängliche Produktstammbaum unterstützt unter anderem die Einhaltung umfangreicher Vorschriften und stellt Rückverfolgbarkeit sowie eine schnelle Handlungsfähigkeit beispielsweise bei Rückrufen oder Qualitätsabweichungen sicher. Die Trusted-Traceability-Lösung kombiniert dafür Operational Technology (OT), Information-Technology-(IT)-Know-how, den digitalen Zwilling, Trust-Technologien und das branchenspezifische Fachwissen von Siemens zu einer einsatzbereiten Anwendung.

Sieger "Sustainability!": Outokumpu: Zertifikat für Nachhaltigkeit von Edelstahl

Für die Einführung eines neuen Nachhaltigkeitsstandards in der Edelstahlproduktion sicherte sich der finnische Hersteller Outokumpu den MIMA-Award in der Kategorie "Sustainability!". Das Unternehmen aus Helsinki hat ein Modell entwickelt, das den produktspezifischen CO2-Fußabdruck seiner Edelstahlprodukte auf der Grundlage von tatsächlichen und kontinuierlichen Produktions- und Energieverbrauchsdaten berechnet.

Outokumpu kann mit einem Modell den CO2-Fußabdruck seiner Edelstahlprodukte berechnen.
Outokumpu kann mit einem Modell den CO2-Fußabdruck seiner Edelstahlprodukte berechnen.
Foto: Outokumpu

Damit können die Kunden nachweisen, in welchem Umfang der Edelstahl des finnischen Produzenten zu der CO2-Bilanz ihrer eigenen Produkte beiträgt. Diese Lösung ist laut Jury führend in der Branche, weil Outokumpu als einziger Edelstahlhersteller seinen Kunden auch spezielle Zertifikate über den CO2-Fußabdruck seines rostfreien Stahls bereitstellt - einschließlich der für die Nachhaltigkeitsberichterstattung relevanten Scope-1- bis 3-Emissionen. Außerdem können CO2-Emissionen mit dem Modell nicht nur überwacht, sondern auch reduziert werden.

Sonderpreis für den VDMA

Als Besonderheit in diesem Jahr ehrte die Jury auch den Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) für seinen Beitrag an der Entwicklung von standardisierten Schnittstellen für Produktions- und Betriebsinformationen, die auf der OPC-UA-Technologie basieren, einem der wichtigsten Kommunikationsstandards für die Industrie 4.0. "Durch diese Arbeit steigt die Effizienz bei der Schnittstellenentwicklung, die Integration in bestehende Systemlandschaften wird leichter, und der Interpretationsaufwand bei der Nutzung von Daten sinkt", erklärt Jury-Mitglied Nico Hartmann, Manufacturing Industry Lead bei Microsoft.

Weitere Informationen zu Preisträgern, Finalisten und eine Auflistung der Jury finden Sie hier.