Change-Erfolgsbeispiele

Wie digitale Transformation richtig geht

08.06.2020
Von  und
Clint Boulton ist Senior Writer bei der US-Schwesterpublikation cio.com.


Florian Maier beschäftigt sich mit diversen Themen rund um Technologie und Management.
Diese sechs Unternehmen zeigen, wie Initiativen zur digitalen Transformation erfolgreich zu Wachstum und Prozesseffizienz beitragen können.

Mehr und mehr Unternehmen bilden digitale Fähigkeiten aus, die im Jahr 2020 für erhöhte Effizienz und mehr Umsatz sorgen sollen. Allerdings variiert die Erfolgsquote digitaler Transformationsbemühungen in einem ähnlichen Maße wie das Verständnis von Führungskräften davon, was für den Erfolg dieser Initiativen eigentlich vonnöten ist. Laut Gartner lag der Anteil der CIOs, die ihr Unternehmen im Jahr 2018 nach eigenen Angaben "transformierten" bei 66 Prozent. Nach Analyse dieser Angaben kamen die Analysten allerdings zu dem Schluss, dass der tatsächliche Prozentsatz bei gerade einmal zehn Prozent liegt.

Initiativen zur digitalen Transformation sind relativ schnell angeleiert. Wie diese auch zum Erfolg werden, zeigen die Beispiele dieser Unternehmen.
Initiativen zur digitalen Transformation sind relativ schnell angeleiert. Wie diese auch zum Erfolg werden, zeigen die Beispiele dieser Unternehmen.
Foto: canbedone - shutterstock.com

Das liegt auch daran, dass einige Unternehmen auch den Umstieg von On-Premises-Systemen auf eine Hybrid-Cloud-Infrastruktur als "digitale Transformation" zählen. Andere transformieren beispielsweise, indem sie ihre Abrechnungssoftware durch ein modernes ERP mit Echtzeit-Analytics ersetzen. Wieder andere nutzen digitale Technologien, um ihre Customer Experience zu pushen. Ein Unternehmen kann all diese Dinge zeitgleich angehen und dennoch handelt es sich nur um Optimierungen, nicht eine Transformation, wenn nichts an bestehenden Geschäftsprozessen und Produkten geändert wird.

Davon unbeeindruckt steigen die Investitionen in Technologien, die den digitalen Wandel von Unternehmen vorantreiben sollen, weiter massiv. Die Analysten von IDC gehen davon aus, dass zwischen 2020 und 2023 bis zu 7,4 Billionen Dollar in solche Initiativen fließen.

Biergigant im digitalen Umbruch

Im Fall von Anheuser-Busch InBev erstreckt sich die Transformation nicht nur auf die hauseigenen Brauereien und seine rund vier Millionen Partner im Einzelhandel, sondern auch auf alles, was dazwischenliegt. So hat das Unternehmen beispielsweise mit B2B eine mobile Applikation an den Start gebracht, über die die Handelspartner schnell und einfach ihre Bestände wieder auffüllen können. Ein Algorithmus sorgt dabei für Vorschläge, welche Produkte ebenfalls interessant sein könnten. Das verschafft der Sales-Abteilung von Anheuser-Busch mehr Luft in Kundengesprächen, die dazu genutzt werden kann, neue Marken und Produkte zu diskutieren. "Das erschafft eine völlig neue Kundenbeziehung", weiß Tassilo Festetics, Vice President of Global Solutions beim US-Getränkeriesen.

Anheuser-Busch InBev hat außerdem ein Innovation Lab im Silicon Valley auf die Beine gestellt. In der "Beer Garage" kollaborieren Techies mit Mitarbeitern aus den Fachbereichen, um für Kunden und Handelspartner neue Erfahrungen zu schaffen - zum Beispiel mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz, Machine Learning oder dem Internet of Things.

Letztere Technologie nutzt das US-Unternehmen um seine Brauereien miteinander zu vernetzen und Quantität sowie Qualität durchgängig kontrollieren zu können. Daneben testet Anheuser-Busch Monitoring Software für Social-Media- und andere Kanäle, um mehr über die Kunden-Wahrnehmung der eigenen Produkte und Marken in Erfahrung zu bringen. Die Idee dahinter sei, wie Festetics erklärt, "den Finger am Puls der Konsumentenbedürfnisse zu haben und entsprechenden Content für diese bereitzustellen".

Die wesentliche Herausforderung für das Unternehmen ist es dabei, angesichts der neuesten und gewinnbringendsten Tools nicht die Bedürfnisse der Kunden und Partner aus den Augen zu verlieren, wie Festetics klarmacht: "Es geht darum, das Business mit Hilfe von Technologie zu transformieren, nicht darum Technologie um der Technologie willen zu adaptieren."

Transformation im Portfolio-Dschungel

Barings ist eine Tochtergesellschaft des US-Versicherungsriesen MassMutual Life Insurance. Das Unternehmen gilt als Vorzeigebeispiel für erfolgreiche Transformation und entstand zunächst aus dem Zusammenschluss von Babson Capital, Cornerstone Real Estate, Wood Creek Capital Management und Baring Asset Management - bevor im Jahr 2016 auch noch die Triangle Capital Corporation zugekauft wurde.

Als CIO Andy Lennon die Verantwortung für das frisch zusammengewürfelte IT-Portfolio übernahm, erwartete ihn ein wilder Mix ougesourcter Leistungen, die das Finanzbusiness des Konzerns unterstützten. Lennon sorgte in der Folge dafür, dass Infrastruktur, Netzwerke, Hosting und Cybersecurity in einer IT-Funktion zusammenlaufen konnten. Der CIO baute neue Rechenzentren auf, die die Vorteile moderner Technologien und die regulatorischen Anforderungen für das Finanzdatenmanagement unter einen Hut bringen. Zudem experimentiert das Unternehmen unter der Ägide des CIO mit Data-Science-Projekten, um die Customer Experience zu optimieren.

Um in diesem Bereich weiter voranzukommen, braucht es vor allem die richtigen Daten. Das sicherzustellen, ist eines der großen Ziele von Lennon und seinem Team für 2020: "Es geht darum, wie wir die Daten die wir angeliefert bekommen oder selbst erzeugen destillieren, um Mehrwert daraus ziehen und am Ende schnellere Entscheidungen treffen zu können."

Digitaler Wandel mit Datenfokus

Um eine bessere Patientenversorgung und langfristiges Wachstum zu gewährleisten, konsolidiert der Healthcare-Konzern McKesson seine Data Warehouses und verlagert sie in die Cloud. Das neue System soll laut Brian Dummann, Chief Data Analytics Officer bei McKesson die IT-Abteilung von der undankbaren Aufgabe erlösen, Daten aufwändig manuell eingeben zu müssen.

Der heilige Gral des Datenspezialisten ist allerdings die Neuordnung der Analytics-Fähigkeiten zur Erlangung tiefgehender Business Insights. Die Zielsetzung: "Wir wollen Analytics direkt zu unseren Patienten tragen", so Dummann. Während viele andere Unternehmen ihre Analytics Teams zentralisieren, setzt McKesson auf ein "hub and spoke"-Modell, dass dafür sorgen soll, dass das Tech Team bei Bedarf jederzeit zuverlässig Datenanalysen für sämtliche Geschäftsbereiche liefern kann.

In diesem Rahmen sollen nicht nur mehr Datenwissenschaftler und Dateningenieure angeheuert werden. Für das Jahr 2020 konzentriert sich der Chief Data Analytics Officer in erster Linie darauf, "analytics translators" zu finden, die sowohl Analytics-, als auch Domänenwissen mitbringen, um Datenwissenschaften auch für die Mitarbeiter in den Fachbereichen verständlich zu machen.

Transformative Bots im Abfülleinsatz

Auf der Suche nach mehr Effizienz setzt Coca-Cola Bottlers Sales & Services (CCBSS) auf neue Technologien, die dabei helfen sollen, die Dokumente für 72 Abfüllunternehmen in den USA, Kanada und Mexiko digital verfügbar zu machen. Die Verarbeitung dieser Dokumente wurde schon vor einiger Zeit digitalisiert, allerdings erwiesen sich die Scan-Systeme verschiedener Hersteller dabei als unzuverlässig. Deswegen wandte sich das Unternehmen Ende 2019 an Ripcord. Deren spezieller Mix aus Machine Learning Software und Robotics verarbeitet Dokumente seitdem wesentlich schneller und ist dabei auch noch genauer. "Die Effizienz steigt bei gleichzeitig sinkender Fehlerquote", berichtet Suzanna Keller, Chief Procurement Officer bei CCBSS nicht ohne Stolz.

Die Ripcord-Roboter entfernen die Metallklammern aus den Lieferdokumenten und leiten diese anschließend an die Systeme zum Scan weiter. Diese Systeme sind dank ihrer ML-Fähigkeiten dazu in der Lage, die Art des Dokuments zu erkennen und entsprechend zu sortieren. Anschließend werden diese direkt an die enstprechenden Kunden weitergeleitet. CCBSS geht laut Keller davon aus, dass die Ripcord-Systeme circa 25 Millionen Dokumente jährlich digitalisieren und dabei rund eine Million Dollar pro Jahr einsparen.

Mut treibt digitale Transformation

Johnson Controls widmet sich im Wesentlichen den Bereichen Gebäudetechnik und Industriediensleistungen. Im Jahr 2018 heuerte Nancy Berce beim Konzern als neue CIO an, um ein neues IT-Betriebsmodell an den Start zu bringen, das große Bauprojekte automatisieren und absichern kann. Wie Berce im Gespräch mit CIO.com preisgibt, heißt das in erster Linie, nach dem Motto "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt" zu agieren: Moderne Technologien wie Cloud, Edge Computing, Analytics, Cybersecurity, Robotics Process Automation und Blockchain sollen die Unternehmensstrategie zur Automatisierung von Bauprojekten vorantreiben.

Dazu entsendet Johnson Controls regelmäßig auch Mitarbeiter in Richtung Silicon Valley, um sich mit Startups und Tech-Unternehmen auszutauschen und neue Partner zu finden. CIO Berce arbeitet parallel mit dem Business Development Team daran, neue Felder zu identifizieren, die die Digitalstrategie des Unternehmens weiter voranbringen können: "Ich will durch die Veränderung unserer Innovationskultur Mehrwert erzeugen, der sich auf sämtliche Unternehmensbereiche erstreckt", so die Managerin. Die wesentliche Herausforderung liege dabei darin, die richtige Balance zwischen Technologie und Sicherheit zu finden, so die CIO.

Digitaler Wandel mit Produktivitätsschub

Wendy Pfeiffer ist CIO bei Nutanix und will das Geschäft des Anbieters für Hyperconverged Infrastructure und Storage im Jahr 2020 neu skalieren. Das Unternehmen hat das Gros seiner Rechen-, Storage- und Networking-Infrastruktur mit Hilfe entsprechender Software automatisiert: Viele Applikationen greifen beispielsweise sowohl auf die unternehmenseigenen Rechenzentren als auch auf diverse Cloud-Ressourcen von Amazon, Microsoft oder Google zu.

CIO Pfeiffer zeichnet aber auch für etliche weitere Projekte verantwortlich. So sorgt beispielsweise eine Kombination von IoT und Software dafür, dass das IT Team benachrichtigt wird, wenn ein Mitarbeiter technische Probleme hat, die vom Service Desk gelöst werden müssen. Die Systeme bei Nutanix zeichnen außerdem auch Login-Probleme auf und benachrichtigen die IT entsprechend darüber, dass demnächst ein Mitarbeiter auf sie zukommen wird. "Wir haben die Möglichkeit eine ganze Menge zu automatisieren und rechnen dadurch mit einem Produktivitätszuwachs von circa 30 Prozent", so Pfeiffer.

Wie digitale Transformation zum Erfolg wird

Diesen Erfolgsbeispielen für digitale Transformation ist gemein, dass die zuständigen IT-Entscheider den Wandel in kleinen Schritten vorangetrieben haben. Das erklärt auch, warum die Digitalprojekte nur bei 40 Prozent der im Rahmen von Gartners CIO Agenda 2020 Befragten skalieren. (2019: 33 Prozent, 2018: 17 Prozent), wie Gartner-Analyst Andy Roswell-Jones preisgibt.

IT-Entscheider die sich unsicher sind, welche Schritte sie unternehmen sollen, sollten sich nach Meinung von Gartner definierte Ziele setzen und gemeinsam mit dem CEO - beziehungsweise der Management-Ebene die notwendigen Schritte zur Zielerreichung erarbeiten. Soll das bestehende Geschäftsmodell mit aktuellen Technologien optimiert werden? Oder wird eine Business-Transformation durch die Etablierung neuer, digitaler Produkte und Geschäftsmodelle angestrebt? Wenn beides passieren soll, ist entscheidend, dass die Führungsebene Prioritäten, Ressourcen und Aktivitäten transparent plant und entsprechend gut aufeinander abstimmt.

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.