Strategien


#TwiceAsFast

Wie die Daimler-IT das Tempo verdoppelt

Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
Der Automobilkonzern Daimler stellt sich organisatorisch neu auf. Die IT soll bis 2020 doppelt so schnell sein wie bisher. Das hat CIO Jan Brecht dem Vorstand versprochen.

Der 22. Mai 2019 dürfte in die Annalen der Daimler AGDaimler AG eingehen. Nach gut 13 Jahren im Amt verabschiedete sich Vorstandschef Dieter Zetsche und übergab die FührungFührung an den Schweden Ola Källenius. Auf der Hauptversammlung in Berlin stimmten die Aktionäre zugleich für einen Konzernumbau: Das "Projekt Zukunft", so die offizielle Verlautbarung, sei die "umfangreichste Neuaufstellung in der mehr als 130-jährigen Unternehmensgeschichte". Top-500-Firmenprofil für Daimler AG Alles zu Führung auf CIO.de

Bis zum 1. November 2019 soll der Konzern in drei rechtlich selbständige Einheiten unter dem Dach der Daimler AG aufgeteilt werden. In einer wird das Geschäft mit Autos und Vans gebündelt, eine kümmert sich um Lastwagen und Busse und eine um Finanz- und Mobilitätsdienstleistungen.

Daimler-CIO Jan Brecht: „Die vier Grundpfeiler unserer Industrie ändern sich alle auf einmal. Software ist dabei der rote Faden, der sich durch alle Bereiche zieht.“
Daimler-CIO Jan Brecht: „Die vier Grundpfeiler unserer Industrie ändern sich alle auf einmal. Software ist dabei der rote Faden, der sich durch alle Bereiche zieht.“
Foto: Daimler AG

Im Grunde gehe es dabei um eine "Agilisierung des Konzerns", erläutert Jan Brecht, seit November 2015 CIO der Daimler AG. Im Zuge dessen schaffe der Konzern neue Legaleinheiten. Direkte Auswirkungen auf die IT-Organisation gebe es nicht. Die IT bleibe weiterhin divisional aufgestellt, die Berichtswege unverändert: "Aber natürlich nehmen wir so ein Projekt auch zum Anlass, um über IT-Liefermodelle und unser Operating nachzudenken."

Wichtiger als Konzernstrukturen sind dem IT-Chef die Zukunftsfelder, die Daimler mit dem Kürzel CASE beschreibt: Connected, Autonomous, Sharing & Services und Electric Drive. "Die vier Grundpfeiler unserer IndustrieIndustrie ändern sich alle auf einmal", sagt Brecht. Das habe signifikante Auswirkungen auf den Konzern und die IT: "Software ist dabei der rote Faden, der sich durch alle Bereiche zieht." Top-Firmen der Branche Automobil

Augenfällig ist die Entwicklung beim autonomen Fahren. Automobilbauer bekommen es mit gigantischen Datenmengen zu tun, für deren Verarbeitung sie eine mächtige Backend-Infrastruktur aufbauen müssen. Auch im Wachstumsmarkt Sharing, in dem sich alles um App-getriebene Modelle dreht, spielt Software eine zentrale Rolle. Weniger offensichtlich ist der IT-Beitrag beim Thema Electric. Hier gehe es vor allem um die notwendige Ladeinfrastruktur, erläutert Brecht. Mehrere Dutzend Anbieter positionierten sich in diesem Markt. Ohne ein leistungsstarkes Software-Ökosystem werde dieser kaum funktionieren.

Das "CASE-Business" stelle enorme Anforderungen an die IT, so der studierte Elektrotechniker. Aus strategischer Sicht sei damit das "Warum" beschrieben, also: "Warum tun wir in der IT das, was wir tun?" Das "Was" stehe unter dem Motto: "Daten sind das neue Öl". Daimler verfolge dabei eine Strategie mit den vier Säulen Kundeninteraktion, datengetriebenes Unternehmen, Engineering and Production und Empowered Employee.

Produktionsstart des Modells CLA Shooting Brake im ungarischen Mercedes-Benz Werk Kecskeme´t.
Produktionsstart des Modells CLA Shooting Brake im ungarischen Mercedes-Benz Werk Kecskeme´t.
Foto: Daimler AG

Last, but not least, geht es für den CIO um das "Wie"? Hier kommt die Initiative "#TwiceAsFast" ins Spiel, die 2017 gestartet wurde. Bis Weihnachten 2020 will die Daimler-IT doppelt so schnell sein wie bisher. Das hat Brecht dem Vorstand versprochen. Auf seiner Agenda stehen fünf Prioritäten: DevOpsDevOps und Cloud ComputingCloud Computing, freie und Open-Source-Software, Services und APIs, Identity and Access Management und SecuritySecurity sowie "People in IT". Um den Erfolg am Ende auch messen zu können, habe man für jedes Handlungsfeld KPIs definiert (Key Performance Indicators). Zu diesen Kennzahlen gehört beispielsweise die Anzahl der API-Consumer, also wie häufig APIs in Projekten wiederverwendet werden, oder auch die Anzahl der API-Aufrufe (Calls). Alles zu Cloud Computing auf CIO.de Alles zu DevOps auf CIO.de Alles zu Security auf CIO.de

Fortschritte mit APIs

Gerade im Bereich APIs habe es in den vergangenen Jahren große Fortschritte gegeben, so der CIO. Das Thema sei nicht neu, aber viele technische Ansätze wie etwa SOAP (Simple Object Access Protocol) aus den 90er Jahren hätten sich in der Praxis als schwierig erwiesen. Noch immer verursachten Schnittstellenprobleme, also die Verknüpfung unterschiedlicher Systeme, in großen Softwareprojekten etwa die Hälfte des Aufwands. Daimler unterhalte eine eigene API-Entwicklungsplattform, die sich in einen Teil für interne und einen für externe Anbindungen untergliedere. Allein im April 2019 habe man rund eine Milliarde API-Calls registriert.

Vorteile verspricht sich Brecht auch von OpenSource-Software. Insbesondere die hohe Innovationsgeschwindigkeit in der Community spreche für Open SourceOpen Source, aber auch die eingesparten Lizenzkosten im Vergleich zu kommerziellen Systemen. Für viele IT-Mitarbeiter und potenzielle Bewerber sei es zudem attraktiv, sich in Open-Source-Projekten zu engagieren. Auch im Rechenzentrumsumfeld setzt die Daimler AG weltweit Open-Source-Software ein - von Linux-Betriebssystemen über Datenbanken und Middleware-Lösungen bis hin zu modernen Cloud-Umgebungen wie Kubernetes. Alles zu Open Source auf CIO.de

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