Young Professional

Wie der IT-Nachwuchs tickt

23.04.2008
Von Anja Dilk und Heike Littger

Marcus Ferreira, 35 Jahre, Programmierer bei Accenture, Frankfurt am Main

Eigentlich ist Marcus Ferreira ein alter Hase. Sieben Jahre lang hat er nach dem technischen Abitur in seiner Heimatstadt Sao Paulo an Rechnern geschraubt. Bis der Brasilianer merkte: Ohne Studium komme ich als Programmierer nicht weiter. So ging Ferreira nach Deutschland - hier kostete die Hochschulausbildung nichts, ein wichtiger Punkt für einen, der sich seinen Lebensunterhalt bis auf den letzten Pfennig selbst verdienen muss.

Obwohl sehr gut qualifiziert, hatte der Brasilianer Marcus Ferreira zunächst Schwierigkeiten, den Berufseinstieg zu finden.
Obwohl sehr gut qualifiziert, hatte der Brasilianer Marcus Ferreira zunächst Schwierigkeiten, den Berufseinstieg zu finden.
Foto: Marcus Ferreira

Seit neun Jahren ist Marcus Ferreira in der Bundesrepublik und spricht so gut Deutsch, dass man ihm seine südamerikanische Herkunft fast nicht anmerkt. Er hat das deutsche Abitur nachgemacht, hat in Berlin Informatik und Maschinenbau studiert. Er hat in den Semesterferien rangeklotzt, um seine Brötchen zahlen zu können. Für eine Sprachschule entwickelte der Student eine ganze IT-Landschaft, für kleinere und mittlere Unternehmen programmierte er Datenbanken. Eine hervorragende Ausgangsbasis für den Sprung auf den Arbeitsmarkt im Jahr 2006. Theoretisch.

Bis Marcus Ferreira erfuhr, was es heißt, als Ausländer um einen Arbeitsplatz zu buhlen. Selbst als eine der wenigen angeblich händeringend gesuchten IT-Fachkräfte. Ein Jahr lang ließ ihm das Aufenthaltsrecht Zeit, um einen Job zu finden. Ein Jahr, in dem er Dutzende Bewerbungen durch die Republik schickte. In dem er immer wieder eingeladen wurde, ein sehr interessanter Kandidat, oh ja. In dem er immer wieder an derselben Hürde scheiterte: "Sie haben keine Arbeitserlaubnis?" "Die bekomme ich erst, wenn ich einen Job gefunden habe." "Einen Job finden Sie bei uns nur, wenn Sie eine Arbeitserlaubnis haben."

Auf einem Absolventenkongress der studentischen Jobvermittlung Hobsons stieß Ferreira auf den Stand eines internationalen Beratungsunternehmens: Accenture. Die Fachkollegen aus den Projekten, die hier nach Nachwuchs fahndeten, waren begeistert von seinem Know-how. Den nehmen wir. Im Februar 2007 hatte der Brasilianer den Vertrag in der Tasche. Einen Global Player wie Accenture kann der Ausländerstatuts eines ausgezeichneten Bewerbers nicht abschrecken.

Seit August vergangenen Jahres sitzt Marcus Ferreira für Accenture in der Frankfurter Niederlassung eines großen Logistikunternehmens. Erst hat er am Design für die Anwendungen des Kunden mitgearbeitet, jetzt testet er die Produkte, die im Auftrag von Accenture in Manila entwickelt werden. Sechs Monate hat es gedauert, bis er seinen Job antreten konnte, erst dann hielt er die Genehmigung der Ausländerbehörde in den Händen.

Längst hat sich der 35-Jährige eingewöhnt, die Arbeit mit den Kollegen macht ihm großen Spaß. Dass er als Hochschulabsolvent trotz aller Erfahrungen als Young Professional eingestuft wurde, macht Marcus Ferreira wenig aus. Mit seinem Counselor, einem älteren Mentor im Unternehmen, hat Fereirra schon die Zielmarken der weiteren Entwicklung gesteckt: Architektur, Design, Java. Da will er hin. Und vielleicht kann er ja irgendwann zurück in die Stadt seiner Studienzeit: Berlin. Denn das ist zu seiner Heimat in der Fremde geworden.