Studienergebnisse und Praxisbeispiele

Wie der digitale Arbeitsplatz die Produktivität steigert

20.02.2018
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Eine aktuelle Studie zeigt auf, welche positiven Effekte ein digitaler Arbeitsplatz auf die Produktivität der Mitarbeiter sowie ihre Zufriedenheit mit dem Arbeitgeber hat. Praxisbeispiele von DB Systel und der Universität Duisburg Essen bestätigen diese Erfahrung.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die positiven Auswirkungen der Digitalisierung zu messen, erklärt Ralf Gegg, Senior Director End-User Computing, CEMEA, bei VMware. Man könne etwa darstellen, wie es sich auf den Umsatz eines Ladengeschäfts auswirkt, wenn der Verkäufer auf Smartphone oder Tablet nachsehen kann, ob die gewünschte Ware vorrätig ist. Oder messen, inwieweit Ärzten im Krankenhaus durch den Einsatz digitaler Lösungen mehr Zeit pro Patienten bleibt.

Der digitale Arbeitsplatz hat auch Auswirkungen auf die Unternehmenskultur.
Der digitale Arbeitsplatz hat auch Auswirkungen auf die Unternehmenskultur.
Foto: GaudiLab - shutterstock.com

Mehr Produktivität durch Digitalisierung

Im Gegensatz dazu seien die Auswirkungen des digitalen Arbeitsplatzes auf die Unternehmenskultur, etwa auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter, nur schwer messbar, begründete Gegg die Initiative von VMware, Forbes Insight mit der Durchführung einer Studie zum digitalen Arbeitsplatz zu beauftragen.

Die zwischen Juni und August 2017 durchgeführte Befragung unter 2.158 CIOs und Nutzern aus 16 Ländern ergab unter anderen, dass Mitarbeiter mit einem modernen digitalen Arbeitsplatz und einem flexiblen mobilen Zugriff auf notwendige Anwendungen neunmal häufiger von einer Steigerung der persönlichen Produktivität berichten.

Außerdem sind sie der Meinung, dass sie durch die richtigen Anwendungen am Arbeitsplatz rund 12 Prozent weniger Zeit für manuelle Prozesse aufwenden müssen. Vier von fünf Nutzern eines digitalen Arbeitsplatzes (79 Prozent) gaben zudem an, dass intelligente Anwendungen wichtige Helfer seien, um Entscheidungen im Berufsleben besser und schneller treffen zu können.

Effiziente Teams rechnen sich

Ebenso dokumentiert die Studie, dass ein digitaler Arbeitsplatz und der flexible Zugriff auf Anwendungen die Effizienz in der Zusammenarbeit aus Sicht der befragten Mitarbeiter deutlich ansteigen lässt. Und das lässt sich nach Meinung der CIOs in ganz Europa auch monetär messen: Die meisten von ihnen (89 Prozent) rechnen mit einem durchschnittlichen Umsatzplus von fünf Prozent innerhalb von drei Jahren durch den Einsatz der richtigen Anwendungen im Unternehmen.

Aber es lohnt sich laut Studie auch aus einem anderen Grund für Unternehmen, die Digitalisierung am Arbeitsplatz in Angriff zu nehmen: Mitarbeiter, die an einem digitalen Arbeitsplatz mit den für sie nötigen Anwendungen arbeiten, bewerten ihr Unternehmen fast viermal so häufig als führend bei der digitalen Transformation als die Vergleichsgruppe ohne digitale Hilfsmittel (43 Prozent gegenüber 11 Prozent). Zudem bewerten sie die Attraktivität ihres Arbeitgebers rund drei Mal so hoch (43 Prozent gegenüber 15 Prozent).

Digitale Arbeitsplätze in der Praxis

Auf der Veranstaltung demonstrierten Vertreter von DB Systel und der Universität Duisburg Essen außerdem, wie die Digitalisierung von Arbeitsplätzen in der Praxis aussieht. "Digitale Arbeitsplätze gebe es bei ihnen selbst als IT-Tochter der Deutschen Bahn schon länger", erklärte Kai Löbig, Head of Workplace Infrastructure Management Service bei DB Systel, ganz anders als bei der Konzernmutter, wo bei weitem noch nicht alle "digital enabled" seien.

Die Bahn macht mobil - auch mit Smartphones und Tablets.
Die Bahn macht mobil - auch mit Smartphones und Tablets.
Foto: Deutsche Bahn AG

Eine Herausforderung ist insbesondere der rapide Anstieg der mobilen Endgeräte. "Wir werden von unseren internen Kunden überrannt", so Löbig: "2015 waren es noch 30.000, 2017 dann 60.000 und inzwischen kommen auf 200.000 Mitarbeiter 100.000 Smartphones und Tablets - und pro Monat rücken 1500 neue Devices nach."

Zu der voranschreitenden Mobilisierung der Bahn trägt unter anderem das Programm "Rail in Motion" (RiM) mit 30.000 Endgeräten bei. So beziehen heute Lokführer die Zugfahrtmappe, diese enthält unter anderem Informationen darüber, an welchen Stellen sie langsam fahren müssen, digital auf dem Tablet und nicht mehr als Ausdruck. Sollte das Tablet ausfallen, könne man auch via Smartphone darauf zugreifen, so Löbig.

Bei der Reparatur von Zügen wurde der Bestellprozess digitalisiert. Wurde die Aufstellung der benötigten Ersatzteile früher mit Stift und Papier gemacht und anschließend am Schreibtisch ins System übertragen, gibt es heute eine digitale Checkliste zum Abhaken der Bestellteile.

Die mobile Transformation der Bahn begleitete natürlich auch ein stetiger Lernprozess. Man habe über die Jahre aus den Erfahrungen gelernt, berichtet der DB-Systel-Mann: So wurden die Geräte zunächst im abgeriegelten Kiosk-Mode bereitgestellt, was sich aber nicht als die richtige Lösung herausgestellt habe. Stattdessen setze man heute auf den COPE-Ansatz (Corporate-owned, personally enabled) und erlaube den Mitarbeitern auch die private Nutzung der Devices.

Von der Toiletten- bis zur Reisekosten-App

Für die berufliche Nutzung werde ihnen dabei über einen App-Katalog die passenden Anwendungen bereitgestellt. Zu den Anwendungen gehören je nach Funktion eine App zur Kontrolle der Toilettenleerung in ICEs oder eine App für die Reiseabrechnung von unterwegs, inklusive Scan-Funktion für die Belege.

Die Verwaltung der mobilen Devices erfolgt gemeinsam mit den PCs über eine UEM-Lösung (Unified Endpoint Management) von VMware Airwatch. Auf diese Weise können die Mitarbeiter ortsunabhängig arbeiten und ihre benötigten Anwendungen ganz unkompliziert aktualisieren, wodurch sie viel effizienter sind. Die Kostenersparnis ist außerdem mit über 75 Prozent pro Nutzer und Anwendung immens.

Die Absicherung dabei erfolgt in erster Linie über Policies und verschiedene Virenscanner. Es handle sich dabei um einen Spagat zwischen Sicherheit und Usability, gibt Löbig offen zu: "Man kann die Dinger ganz dicht machen, aber dann kann man nicht mehr damit arbeiten." Sein entsprechender Tipp an leidgeplagte Mobile-User: Wenn Admins die Einstellungen testen müssten, seien sie anschließend zu Kompromissen bereit.

Mit Zero-Clients gegen Turnschuh-Administration

André Kreft, CIO und Geschäftsführer Dekanat Biologie an der Universität Duisburg-Essen, hatte in seinem IT-Job mit etwas anderen Herausforderungen rund um den digitalen Arbeitsplatz zu kämpfen: Früher habe die Aufgabe, die Ansprüche von Studierenden und Wissenschaftlern hinsichtlich der angebotenen IT-Lösungen zu erfüllen, viel klassische Turnschuh-Administration bedeutet, berichtete Kreft.

André Kreft, CIO und Geschäftsführer Dekanat Biologie an der Universität Duisburg-Essen: "Die beste Lösung gegen Schatten-IT sind interessante Angebote."
André Kreft, CIO und Geschäftsführer Dekanat Biologie an der Universität Duisburg-Essen: "Die beste Lösung gegen Schatten-IT sind interessante Angebote."
Foto: Manfred Bremmer/Computerwoche

Aus diesem Grund habe man beschlossen, auf Virtual Desktops mit Zero Clients zu wechseln. Basierend auf einer VMware Desktop-Virtualisierungslösung könnten Studierende und Wissenschaftler nun unabhängig von Ort, Zeit und Endgerät arbeiten - bei zugleich besseren Performance des gesamten IT-Systems und geringerem Administrationsaufwand für das IT-Team.

Da in Universitäten das Prinzip der "Freiheit von Forschung und Lehre" gelte, sei bei der Umstellung kein Top-Down-Approach möglich gewesen, so der CIO. Vielmehr galt es, die Widerstände der Nutzer zu überwinden und sie mit dem neuen Angebot überzeugen, nach dem Motto: "Ihr nehmt was weg - was bekomme ich dafür?"

Einer der praktischen Vorteile für Studierende ist Kreft zufolge etwa, dass diese etwas am Zero-Client in der Uni anfangen und daran am Endgerät zuhause in der gleichen Sitzung weiterarbeiten können - "ohne VPN, das finden die Leute toll". Außerdem könne man über Scheduled-Computing Supercomputerfunktionen auf einem Server über virtuelle Maschine vorbereiten und Nutzern dann automatisch für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stellen.

Und auch sonst sei eine virtuelle Instanz einem physischen Computer manchmal überlegen, berichtet Kreft. In einem Anwendungsfall sei das Statistikprogramm erst dann gelaufen, als der Hauptspeicher auf 196 GByte hochgefahren wurde. "Ein solches Procedere kann auf einem Arbeitsplatz-Computer teuer und aufwändig werden", so Kreft.