IT-Konsolidierung

Wie der CIO von HP gegen Widerstände die Konzern-IT saniert

31.01.2008
Nach Amtsantritt von HP-CEO Mark Hurd hatte der Konzern beschlossen, seine interne IT auf Vordermann zu bringen und dabei kräftig zu sparen. Die Zahl der RZs sollte von 85 auf sechs reduziert, die Menge der eingesetzten Softwareprodukte halbiert werden. Heute geben Hurd und sein CIO Randy Mott freimütig zu, dass sie auf unerwartete Hindernisse gestoßen sind.

Seit Juli 2005 steckt Hewlett-Packard (HP) in einem umfassenden IT-Konsolidierungsprojekt, das Mark Hurd angestoßen hatte. Sein Ziel war alles andere als bescheiden: HP hatte 2005 rund 4,2 Milliarden Dollar für IT ausgegeben, rund fünf Prozent vom Konzernumsatz. Diesen Betrag wollte Hurd um mehr als 50 Prozent senken. Ende 2008 soll der IT-Anteil am Umsatz nur noch zwei Prozent betragen.

Wie das "Wall Street Journal" (WSJ) berichtet, haben Hurd und HPs CIO Randy Mott ihre Erfahrungen kürzlich einem ausgewählten Kreis von CIOs präsentiert. Der CEO sprach von "gefährlichen Fallstricken", die sich in einem solchen Projekt zeigten, wenn man eine Unternehmenskultur und ein Wachstum wie HP habe. Die Company befinde sich nur deshalb auf dem richtigen Weg, weil das Topmanagement von Anfang an im Boot gewesen sei und den CIO voll unterstützt habe.

Die erste Überraschung, so berichtet das Blatt, ergab sich im Februar 2006, ein gutes halbes Jahr, nachdem die IT-Konsolidierung gestartet war: CIO Mott erhielt die Bestandsaufnahme über die im Konzern eingesetzte Software und musste zur Kenntnis nehmen, dass es 6000 Programme waren – ungefähr das Doppelte dessen, was er erwartet hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt war er beim Allokieren von Budgets und Personal von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen. "Ich war wie vom Blitz getroffen", sagte Mott, der zuvor für Dell und Wal-Mart gearbeitet hatte.

Es folgten schwierige Diskussionen mit den Fachabteilungen. Einige Vice Presidents hätten sich auf den Standpunkt gestellt: "Wir werden euch sicher nicht eine Kosten-Nutzen-Analyse für unsere Software geben. Wir werden euch wie bisher einfach sagen, welche Produkte wir haben möchten."

Diese Haltung liegt in der Unternehmenskultur begründet: HP hatte – die Produktivität der Abteilungen im Blick – seine Mitarbeiter stets angehalten, vorhandene Systeme zu verbessern, anzupassen und weiterzuentwickeln. Doch diese Politik hat laut Mott zusammen mit den Akquisitionen, die HP in den letzten Jahren tätigte, dazu geführt, dass das Unternehmen kaum noch eine konzernweite Konsistenz in seiner Softwarelandschaft gehabt habe.

Beispielsweise entdeckte Mott 2006, dass eine HP-Marketing-Abteilung eine Website betrieb, um Kundenbefragungen vorzunehmen. Die Software sei auf dem Server von Motts eigener Abteilung gelaufen, ohne dass irgendjemand davon gewusst hätte. Als der verantwortliche Marketing-Manager davon in Kenntnis gesetzt worden sei, habe er gesagt, dies seien nicht die Dinge, mit denen sich ein CIO beschäftigen solle.

HP-CIO Randy Mott: Erschrocken über die Menge der eingesetzten Programme
HP-CIO Randy Mott: Erschrocken über die Menge der eingesetzten Programme
Foto: CIO

Hurd und Mott ließen sich vom Vorstand das Mandat geben, die IT-Landschaft aufzuräumen – und sie taten es in aller Konsequenz. Mitarbeitern, die nicht mitziehen wollten, wurde mitgeteilt, welche Folgen die Blockadehaltung für sie haben würde. Mott, der sich der Unterstützung des neuen CEO sicher sein konnte, machte den "schwierigen Managern" unmissverständlich klar, dass sie zu einer Kosten-Nutzen-Analyse der in ihrem Bereich eingesetzten Software keine Alternative hatten. Einigen wenigen drohte er sogar mit Kündigung. "Sagen zu können, 'das ist unsere Firmenpolitik, und wenn Ihr nicht mitmacht, verstoßt Ihr dagegen', war eine starke Position", bilanziert Mott.

Von 6000 Programmen sollte der Bestand auf 1600 heruntergefahren werden. Im Juli 2006 war HP auf dem Weg zu diesem Ziel bereits im Fahrplan. Das Unternehmen hat außerdem die RZ-Landschaft erfolgreich auf sechs zusammengeschmolzen und ist ständig dabei, diese mit mehr Rechenpower auszustatten. Laut Mott dauert die Konsolidierung bei den Softwareprogrammen, aber auch beim Personal noch an. Das WSJ zitiert einen HP-Sprecher mit den Worten, HP setze immer noch "Tausende von Anwendungen" ein, werde den Bestand aber bis zum Jahresende planmäßig auf 1600 zurückgefahren haben.

Mit seinen Konsolidierungsbemühungen steht der IT-Gigant keineswegs allein da. Seit Jahren fahren Unternehmen die Zahl ihrer Rechenzentren herunter, um die Auslastung der Rechner zu verbessern und Energie- sowie Personalkosten zu senken. Sie wechseln in neue, moderne Data Centers mit zeitgemäßer Kühltechnik und Platz sparender Einrichtung. Laut Gartner wird dieser Trend weiter andauern. HP will bis zum Ende dieses Jahres den Stromverbrauch durch IT halbiert haben. Auch die IT-Personaldecke, rund 19 000 Mitarbeiter Mitte 2005, soll Ende 2008 um die Hälfte gekürzt sein.

Kosteneinsparungen sind jedoch nicht ohne Kosten zu haben. HP investiert mehr als 1,8 Milliarden Dollar, um seine Konsolidierungsziele zu erreichen. Die diversen Projekte, die damit zusammenhängen, sind schwierig und können sich durchaus länger als geplant hinziehen.

Doch der Erfolg spricht für solche Vorhaben: Die Citigroup etwa will bis 2009 ihre jährlichen Kosten um 4,6 Milliarden Dollar senken. Den Großteil dazu soll die Konzern-IT beitragen, deren auf fünf Jahre angesetzte IT-Konsolidierung mitten im Gang ist. Ähnlich wie HP ist die Bank mit ihrer RZ-Konsolidierung weit fortgeschritten. Doch die Vereinfachung der Anwendungslandschaft gestaltet sich auch hier viel schwieriger, weil die Interessen und Gewohnheiten der Abteilungen und ihren Managern direkt betroffen sind. (hv)