"Wie denkt man jemandem etwas vor?"

27.05.2004
Von Magdalena Schupelius

Das ist ein hoch gestecktes Ziel - zu hoch und zu theoretisch vielleicht für manches Unternehmen. Und so reduzierten in den 90er Jahren viele Firmen ihre Wissens-Management-Aktivitäten auf die Einführung neuer IT-Werkzeuge zur möglichst strukturierten Speicherung von Wissen.

Zwar ist IT im Wissens-Management unverzichtbar: Elektronische Wissenslandkarten listen Ansprechpartner und relevante Informationen auf, gelbe Seiten dokumentieren Verantwortlichkeiten, gut strukturierte Wissensdatenbanken vereinfachen die Recherche. Trotzdem sind viele dieser reinen IT-Projekte gescheitert.

Rainer Landich, Process Manager Innovation bei Draeger Medical: "IT alleine führt niemals zum Ziel." Und Hans-Georg Schnauffer, Leiter des Bereichs Wissens- und Innovations-Management beim Fraunhofer-Institut in Magdeburg, erläutert: "Diese Vorgehensweise beruht auf einem doppelten Trugschluss." Zum einen sei Wissen im Unterschied zur Information in hohem Maße personengebunden. Zum anderen seien wissensbasierende Prozesse oftmals nur eingeschränkt wiederholbar. "Viele Projekte sind gescheitert, weil sie eine vermeintlich automatisierbare Prozesskette abbildeten", so Schnauffer. Schütt fasst das Problem anschaulich zusammen: "Sie können jemandem vormachen, wie man Kohle schaufelt, aber wie denkt man jemandem etwas vor?"

Entwicklungszeiten drastisch reduzieren

Nicht neue IT, neue Organisationsformen sind gefragt. Genau hier liegt die Schwierigkeit. Wissens-Management nämlich muss beides berücksichtigen: Repetitives Wissen, also Wissen, das archiviert und abgerufen werden kann, um Doppelarbeiten und Wiederholungsfehler zu vermeiden, und nicht repetitives Wissen, also Wissen, das in den Köpfen der Mitarbeiter steckt und auch nur dort wirklich nutzbar ist. Wissens-Management bewege sich darum auf einem schmalen Grat, so Schnauffer: "Auf der einen Seite ist stark strukturiertes Projekt-Management gefordert, um repetitives Wissen effektiv herausfiltern zu können, andererseits brauchen wir eine flexible und vor allem transparente Kommunikationsstruktur."

Um diesen Spagat zu bewältigen, sind aber oftmals tief greifende organisatorische Umstrukturierungen nötig. Draeger Medical etwa hat sich mit der Produktentwicklung an Inno-how beteiligt, einem Verbundforschungsprojekt unter wissenschaftlicher Leitung der Fraunhofer-Gesellschaft. Die Idee von Inno-how war, basierend auf dem Ansatz der Hypertext-Organisation die gezielte Vernetzung von Know-how-Nachfragern mit möglichen Know-how-Anbietern zu verbessern. Landich: "Wissen ist Macht. Aber erst durch Wissens-Management kann Wissen zur Macht des Unternehmens werden, die zum Markterfolg führt. Den Weg des rein datenbankgestützten Wissens-Managements hatten wir bereits hinter uns. Trotzdem haben die Geschäftsbereiche zu häufig nebeneinander her gearbeitet."