Interview mit Markus Hägele

Wie Daimler die digitale Botschaft verbreitet

04.09.2018
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Markus Hägele leitet bei Daimler den Bereich DigitalLife@Daimler, dessen Aufgabe es ist, in allen Unternehmensbereichen Impulse für die Digitalisierung zu setzen. An einen Chief Digital Officer (CDO) glauben sie beim schwäbischen Autobauer nicht.
  • Mit Dieter Zetsche als Schirmherrn hat die Unit DigitalLife@Daimler Unterstützung von oben - und damit viel Gestaltungsspielraum
  • In einem Bus gehen Hägele und sein Team auf Daimler-interne Tour, um vor Ort "digitale Erlebnisse" zu schaffen
  • KI und Big Data/Analytics sind die zentralen Hebel, um das Unternehmen digital voranzubringen

Schon seit 2011 gibt es im Daimler-Konzern den Bereich DigitalLife@Daimler, für den Sie verantwortlich sind. Welches Ziel verfolgt der Konzern damit?

Markus Hägele (l.) ist Head of DigitalLife@Daimler bei der Daimler AG. Gemeinsam mit seinem Kollegen Stefan Suckow, Communications DigitalLife@Daimler, nimmt er hier den Digital Leader Award entgegen, den er Im Sommer 2018 gewonnen hat.
Markus Hägele (l.) ist Head of DigitalLife@Daimler bei der Daimler AG. Gemeinsam mit seinem Kollegen Stefan Suckow, Communications DigitalLife@Daimler, nimmt er hier den Digital Leader Award entgegen, den er Im Sommer 2018 gewonnen hat.
Foto: Foto Vogt

Hägele: Die Digitalisierung durchdringt alle Unternehmensbereiche: Marketing, Forschung & Entwicklung, Produktion, HR, Finance & Controlling. Wir haben deshalb mit jedem dieser Bereiche das Gespräch gesucht. Das kam so gut an, dass wir vom Vorstand den Auftrag bekamen, das in dieser Breite und über alle Geschäftsbereiche weiter voranzutreiben. Denn unser Ziel ist es, als Unternehmen in unserer Industrie führend im Bereich Digitalisierung zu sein. Wir nennen das "Digitaler Champion".

Digitale Unterstützung für jeden Daimler-Unternehmensbereich

Ist Ihr Bereich eine Art Shared Service im Konzern?

Hägele: DigitalLife ist aufgehängt im Strategiebereich, sozusagen in einer Stabsfunktion, mit Dieter Zetsche als Schirmherr. Man kann das vielleicht als Shared Service interpretieren, wenn man sieht, dass wir auch Dienstleistungen für andere Bereiche im Konzern erbringen.

Wir versuchen, die digitale Transformation sowohl übergreifend im Konzern voranzutreiben, als auch spezifisch für Mitarbeiter in einzelnen Bereichen. Das heißt konkret: Wir unterstützen jeden einzelnen Bereich dabei, das Thema Digitalisierung mit dem richtigen Mindset und Know-how weiterzutreiben, um dann insgesamt zur Transformation von Daimler beizutragen.

Ein Weg, um hier voranzukommen, ist der DigitalLife Day, eine interne Veranstaltungsreihe mit Mitarbeitern aus allen Bereichen und Funktionen und Dieter Zetsche als Sponsor. Wir machen solche Veranstaltungen für alle Funktions- und Unternehmensbereiche im In- und Ausland. Je konkreter man sich mit den Arbeitswelten der Mitarbeiter beschäftigt, sie involviert und ihnen Mehrwerte aufzeigt, desto besser für das gesamte Unternehmen.

Wie groß ist Ihr Team und wie tief ist das Verständnis nicht nur der Digital-, sondern auch der Fachthemen der Bereiche, denen Sie helfen wollen und sollen?

Hägele: Heutzutage ist es meiner Meinung nach nicht mehr sinnvoll, die Bedeutung eines Themas an der Anzahl der Mitarbeiter zu definieren, die direkt daran arbeiten. Wir beschäftigen uns mit den unterschiedlichsten Digitalthemen, etwa mit Collaboration in unserem Enterprise Social Network, mit Ideation in unserem DigitalLife Hub, wo wir Teams als interne Startups voranbringen, sowie mit der Change- Kommunikation und der übergreifenden digitale Strategie für Daimler und die jeweiligen Geschäftsbereiche. Das ist sehr breit angelegt. Wir sind aber nur dann schlagkräftig, wenn wir die richtigen Mitarbeiter im Unternehmen zusammenbringen und optimal Synergien nutzen.

Deshalb haben wir über die Jahre ein gutes Netzwerk von Partnern in den Divisionen und Funktionen etabliert. Das Vertrauen ist da, wir können Themen gemeinsam schnell und pragmatisch - neudeutsch würde man sagen: agil - angehen und lösen, auch über Abteilungs- und Bereichsgrenzen hinweg.

Konzernweite Vernetzung ist der Schlüssel

Welche Rolle spielt dabei Ihr Enterprise Social Network?

Hägele: Wir haben heute viele Tausend Multiplikatoren im Konzern, die oft auch an einer Mitarbeit in virtuellen Teams interessiert sind. Damit ist es nicht mehr allein ausschlaggebend, ob 20 oder 50 Mitarbeiter in unserer Stabsfunktion die digitalen Themen treiben. Auch 500 würden es allein nicht schaffen. Nur durch die Vernetzung im Konzern und die inzwischen gute Zusammenarbeit mit Divisionen und Funktionen funktioniert das in der Breite.

Wie gehen Sie konkret vor, um zum Beispiel in Ihrer Bus-Sparte, die Zusammenarbeit voranzutreiben?

Hägele: Ich setze mich erstmal mit dem Leitungsteam der Sparte zusammen und kläre, was es erreichen will. Von den gemeinsam erarbeiteten groben Zielen leite ich einen entsprechenden Maßnahmenplan ab. Dabei ist es ganz wichtig, nicht nur einmal im Jahr zu kommen, den Bereich zu bespaßen und dann wieder zu gehen und sich nie mehr zu melden. Eine kontinuierliche, nachhaltige und sich permanent weiterentwickelnde Zusammenarbeit ist zentral.

Um beim Bus-Beispiel zu bleiben: Ein erster Ansatz könnte sein, die Kommunikation zwischen den vielen Standorten im Konzern zu verbessern und auch das Thema Collaboration aufzugreifen.

Wir von DigitalLife haben einen Bus eingerichtet, mit dem wir als digitale Botschafter auf Tour gehen. Mit unserem Bus würden wir im nächsten Schritt an die Standorte unserer Bus-Sparte reisen und den Mitarbeitern aufzeigen, welche Chancen Digitalisierung für Arbeitsplatz, Vernetzung, den Standort, den Unternehmensbereich oder das ganze Unternehmen bietet.

Das kann man sich tatsächlich bildlich so vorstellen, dass wir uns mit zehn Themen neben die Kantine im Werk stellen, fünf davon kommen von uns beziehungsweise dem Headquarter, fünf andere aus der Bussparte oder besser direkt aus einem Werk, so dass der Bezug gleich erkennbar ist.

So etwas funktioniert besser als nur mit Powerpoint oder über die normalen Online-Kanäle. Wir wollen zu den Menschen gehen und, wo immer es geht, persönliche Erlebnisse schaffen.