SOA in der Automobilindustrie

Wie Daimler den PKW-Vertrieb beschleunigt

27.11.2008
Von Gunter Maag  und Dirk Gernhardt

Schnittstellen wie aus dem SOA-Lehrbuch

Im Zusammenspiel zwischen der Zentrale und den einzelnen Marktgesellschaften verbarg sich eine weitere Herausforderung. Als global agierendes Unternehmen kann Daimler nicht alle Services für die Marktgesellschaften mit den einzelnen Beteiligten konzipieren. Wie aber können Schnittstellen gestaltet werden, damit nicht übermäßig viele Versionen der Schnittstellen entstehen und unterstützt werden müssen? In diesem Fall half die klassische SOA-Antwort dem Projektteam weiter. Es verwendete im PKW-Vertrieb von Daimler grobgranulare Schnittstellen und definierte vorab klare Verantwortlichkeiten innerhalb der Prozessverantwortung "Kundenauftragsprozess" - ein entscheidender Schritt (siehe dazu auch: Wie granular müssen SOA-Dienste sein?).

Die Verantwortlichkeiten wurden damals unterteilt nach Auftragsmanagement, Vertriebsplanung und Fahrzeugdistribution - heute sind das Domänen. Die Services der neu entwickelten Komponenten innerhalb dieser Domänen wurden gemeinsam mit wenigen Marktgesellschaften konzipiert und in Form einer versionierten Programmierschnittstelle (API) oder alternativ als Dialog (GUI) implementiert. Diese Vorgehensweise kam einem Richtungswechsel im Denken gleich, weil das Projektteam ausgehend von einem klar strukturierten Komponentenschnitt von Anfang an vollständige, grobgranulare und geschäftsbezogene Services angeboten hat anstatt zuerst eine minimale Schnittstelle zu definieren und diese dann sukzessive für weitere Märkte zu erweitern.

Von dieser Schnittstellengestaltung profitieren heute die Zentrale ebenso wie 150 Länder mit vielen unterschiedlichen und historisch gewachsenen IT-Systemen. Von 1998 bis heute gab es zum Beispiel lediglich sechs Versionen des Daimler-Ordering-Services - von denen drei parallel unterstützt werden - für etwa 60 Märkte. Zusätzlich steht für kleinere Märkte ohne eigene IT eine Internet-fähige Oberfläche bereit, so dass auch sie den Daimler-Ordering-Service nutzen können.

Fordern die Marktgesellschaften beispielsweise Distributionsinformation für ihr Ordering-System im Markt, so bietet Daimler einen Service aus der Domäne "Fahrzeugdistribution" an und spart sich damit die Anpassung des Ordering-Services. Der saubere Komponentenschnitt ermöglichte außerdem die reibungslose Integration des Bereichs "smart", indem die Daimler-Software Komponente für Komponente die Aufgaben der alten smart-Software übernahm.