Digitales Onboarding

Wie COVID-19 Bewerbungsprozesse verändert

Kommentar  24.04.2020
Von 
Sarah Manning ist Senior Director Global HR Business Partnering und HR Director EMEA bei Zendesk.
Der Softwareanbieter Zendesk macht aus der Corona-Not eine Tugend. Bewerbungen, Recruiting und Onboarding laufen nur noch digital und in Videokonferenzen.

Schon vor der Coronavirus-Krise hat der Recruiting- und Bewerbungsprozess bei Zendesk in Teilen virtuell stattgefunden. Das ausschlaggebende Kriterium dafür, jemanden einzustellen, ist für uns nicht, wo er wohnt, sondern welche Skills er mitbringt und ob wir zueinander passen. Deshalb rekrutieren wir für unsere Niederlassungen weltweit über Ländergrenzen hinweg. Die ersten Gespräche mit Bewerbern finden seit jeher per Videotelefonat statt. Deshalb konnte die Abteilung Human Resources bereits Erfahrungen sammeln und diese jetzt nutzen, um auf einen vollständig digitalen Recruiting- und Onboarding-Prozess umzustellen.

Zendesk hat den gesamten Bewerbungs- und Recruiting-Prozess sowie das Onboarding digitalisiert und auf Videoconferencing umgestellt.
Zendesk hat den gesamten Bewerbungs- und Recruiting-Prozess sowie das Onboarding digitalisiert und auf Videoconferencing umgestellt.
Foto: Andrey_Popov - shutterstock.com

Die größte Umstellung liegt darin, dass es auch bei Zendesk zuvor keine Einstellung ganz ohne vorheriges persönliches Treffen gab. Um herauszufinden, ob man zueinander passt, ist es für beide Seiten enorm wichtig, ein Gefühl füreinander zu bekommen. Bewerber möchten nicht nur die Menschen, mit denen sie zusammenarbeiten sollen, sondern auch den Ort, die Umgebung und Kultur kennenlernen, wo sie künftig einen großen Teil ihrer Zeit verbringen werden.

Recruiting aus dem Homeoffice

Als im Zuge der Maßnahmen gegen COVID-19 die Regelung in Kraft trat, dass alle Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten sollten, war Zendesk bereits dabei, den gesamten Recruiting-Prozess zu digitalisieren. Trotzdem mussten wir uns im Rekordtempo anpassen und alle Beteiligten auf die Änderungen vorbereiten. Das gilt nicht nur für die organisatorische Umstellung, sondern vor allem für den notwendigen Mentalitätswandel. Ganz zentral war es, im ersten Schritt all unsere Recruiter zusammenzutrommeln und klar zu kommunizieren, weshalb wir diese Veränderungen vornehmen. So konnten sie dann im nächsten Schritt die Kandidaten informieren, die sich bereits im Bewerbungsprozess befanden und einen Termin zum persönlichen Gespräch hatten. Dabei wurde und wird auf diese kontinuierliche und transparente Kommunikation mit den Kandidaten besonderes Augenmerk gelegt, damit sie sich wohl und eingebunden fühlen.

Im nächsten Schritt galt es, unsere People Managern - unabhängig davon, ob sie momentan rekrutieren oder nicht - bei der Anpassung an die neue Situation zu unterstützen und ihnen eine tiefgreifend Schulung und Orientierungshilfe für virtuelle Interviews anzubieten. Diese Trainings finden nun wöchentlich per Videokonferenz statt und liefern den Managern Anleitungen und Tipps für die neue Situation. Die Inhalte werden im Anschluss auch über die interne Lernplattform "The Lab" geteilt, auf die die Teams jederzeit zugreifen können. So soll sichergestellt werden, dass sich in dieser ungewöhnlichen Situation sowohl Manager als auch Bewerber wohlfühlen. Besonders wichtig war es dabei, die Manager mit der Vorstellung vertraut zu machen, geeigneten Kandidaten nun ein Vertragsangebot zu machen, ohne sie jemals persönlich getroffen zu haben.

Kommunikation im digitalen Bewerbungsprozess

Über den gesamten Bewerbungs- und Recruiting-Prozess hinweg ist Kommunikation in diesen unsicheren Zeiten wichtiger denn je. Das gilt gleichermaßen intern wie extern. Kandidaten sind möglicherweise verunsichert, ob sie einen Jobwechsel gerade jetzt wagen sollen. Hier muss von Seiten des Unternehmens empathisch, offen und transparent zu allen Entwicklungen, Veränderungen, Prozessen und Vorgehensweisen kommuniziert und Vertrauen geschaffen werden. Mitarbeiterempfehlungen sind heute noch wichtiger als sonst: Kandidaten, die bereits jemanden kennen, der beim potenziellen neuen Arbeitgeber arbeitet und seine Erfahrungen als Angestellter teilen kann, erhalten dadurch zusätzliche Sicherheit, die ihnen dabei hilft, eine so große Entscheidung wie einen Arbeitsplatzwechsel zu treffen.

Zur Einarbeitung und Einführung in die Unternehmenskultur von Zendesk werden normalerweise alle neu eingestellten Mitarbeiter in Europa in unsere EMEA-Zentrale nach Dublin eingeladen. Da das zurzeit aufgrund der Corona-Krise nicht in Frage kommt, sieht sich das Unternehmen nach anderen Möglichkeiten um, diese Einführung und das Gemeinschaftsgefühl auch virtuell zu schaffen. Nicht zu unterschätzen ist durch COVID-19 auch der logistische Mehraufwand, die neuen Mitarbeiter für den ersten Arbeitstag zu rüsten. Während sie im Normalfall ihren Arbeitslaptop und alles was sie sonst benötigen am ersten Tag einfach im Büro überreicht und eingerichtet bekommen, bedarf es nun eines gut geplanten Ablaufs.

Es muss sichergestellt werden, dass unser Lieferant die benötigte Hardware (rechtzeitig) liefern kann. Damit bei unseren neuen Kollegen an ihrem ersten Tag im Homeoffice alles reibungslos läuft, werden die Laptops jetzt vorab zu unserer IT-Abteilung geschickt. Sie richtet die Geräte für die neuen Mitarbeiter ein und schickt sie an deren Wohnadressen. Das alles bedeutet einen erhöhten Organisations- und Koordinationsaufwand - hier muss entsprechend mehr Vorlaufzeit eingeplant werden.

Digitales Onboarding planen

Dieser logistische Prozess wurde bereits mit zwei Gruppen neuer Mitarbeiter durchgespielt. Zendesk stand damit auch vor der Herausforderung, das Onboarding komplett virtuell zu gestalten. Was sonst in zwei Tagen vor Ort passiert, musste nun in geeigneter Weise in die digitale Welt übertragen werden. Auch ohne physisch im gleichen Raum zu sein, sollten die Teams sich kennenlernen und zusammenwachsen können. So wurde schnell klar, dass einige Onboarding-Inhalte kürzer, interaktiver und durch wechselnde Moderatoren abwechslungsreicher gestaltet werden müssen.

Unser erster Eindruck: Es lief überraschend gut. Obwohl, oder gerade weil es für alle eine neue und ungewohnte Situation war, herrschte ein außergewöhnliches Gefühl von Solidarität. Wichtig dafür war sicherlich im Vorhinein zu kommunizieren, dass niemand erwarten sollte, dass alles sofort perfekt funktioniert - auf beiden Seiten und besonders in technischer Hinsicht. Schließlich war es auch für Zendesk eine Premiere. Um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, wie die Erfahrung für Bewerber und die neu eingestellten Mitarbeiter war und ist, an welchen Stellen wir nachbessern und den Prozess noch angenehmer gestalten können, sammeln wir kontinuierlich Feedback. (pg)