Technologie und Kultur zusammenführen

Wie CIOs und CHROs besser zusammenarbeiten

05.09.2022
Von 
Bob Violino arbeitet als freier IT-Journalist für InfoWorld und Network World in den USA.
Eine starke Partnerschaft zwischen IT- und Personalleiter ist vielleicht der wichtigste Baustein, damit Unternehmen erfolgreich diese herausfordernden Zeiten meistern. An acht Stellschrauben lässt sich aufzeigen, wo die Zusammenarbeit Früchte trägt.
Angesichts der aktuellen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und im Sinne firmeninterner Digitalprojekte, ist es wichtig, dass Personal- und IT-Verantwortliche gut zusammenarbeiten.
Angesichts der aktuellen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und im Sinne firmeninterner Digitalprojekte, ist es wichtig, dass Personal- und IT-Verantwortliche gut zusammenarbeiten.
Foto: Master1305 - shutterstock.com

Vom Recruiting bis zur Mitarbeiterförderung sind Personalleiter an vielen Abläufen beteiligt, die sich direkt auf die IT auswirken. Die IT-Abteilung ihrerseits muss sich in einem angespannten Fachkräftemarkt stark auf die Personalabteilung verlassen können, will sie die richtigen Mitarbeiter bekommen will. Die Personalabteilung wiederum ist von einer Reihe von Technologien, Prozessen und Dienstleistungen abhängig, bei deren Implementierung, Automatisierung und Verbesserung die IT-Abteilung eine Schlüsselrolle spielt.

"Eine starke Partnerschaft zwischen der Personalabteilung und dem CIO ist heute wichtiger denn je, da die Nachfrage nach guten IT-Mitarbeitern sehr groß ist", weiß Kathy Kay, CIO beim globalen Finanzdienstleister und Versicherungsunternehmen Principal Financial Group. "Die Pandemie und große Transformationsprojekte haben uns dazu veranlasst, strategisch stärker auf das Recruiting und die MItarbeiterbindung zu konzentrieren", berichtet Kay weiter. Der CIO spiele eine zentrale Rolle, wenn es darum ginge, die digitalen Anforderungen der Personalabteilung zu verstehen und technische Lösungen bereitzustellen, um etwa die Bedürfnisse von hybrid arbeitenden Teams zu erfüllen.

Auf folgenden Gebieten lohnt sich auf jeden Fall eine gute Zusammenarbeit zwischen Personalern und IT-Verantwortlichen.

1. Einstellungsprioritäten festlegen

HR- und IT-Führungskräfte sind in der "einzigartigen Position", so Kathy Kay, dass sie sagen können, welche Technologiepositionen schnell zu besetzen sind. "Unsere HR-Partner arbeiten eng mit uns zusammen, um die Technologiestrategie unseres Unternehmens zu verstehen, was dazu beiträgt, zu bestimmen, welche Funktionen für den Erfolg des Unternehmens am wichtigsten sind." Dazu gehöre es, neben den klassischen Recruiting-Wegen auch neue auszuprobieren, etwa, mit verschiedenen Community-Organisationen zusammenzuarbeiten, um mehr Absolventen aus unterrepräsentierten Bevölkerungsgruppen zu erreichen.

Die Personaler helfen bei der Ermittlung von Qualifikationen, die für die Bedürfnisse des Unternehmens wichtig sind, und wissen, was der Markt in Bezug auf Arbeitsbedingungen, Vergütung und Sozialleistungen vorschreibt. "Durch ständige Diskussionen mit der Personalabteilung erhalten wir Einblicke in deren Arbeit. Die Verwendung von Echtzeitdaten hilft uns, schneller zu reagieren, wenn wir Trends feststellen", so die IT-Managerin. Auf der Grundlage der Erkenntnisse aus der Personalabteilung schreibt Principal Financial nun zum Beispiel 95 Prozent seiner Stellen im Technologiebereich mit Remote-Optionen aus, um einen größeren Talentpool zu erschließen.

2. Schulungsmaßnahmen verstärken

Angesichts des anhaltenden IT-Talentmangels und der Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Fachkräften mit spezifischen Fähigkeiten ist es für die meisten Unternehmen unerlässlich geworden, interne Schulungsprogramme anzubieten. Wenn Unternehmen die Möglichkeit haben, ihre Mitarbeiter in Bereichen wie Cloud Computing und Cybersicherheit zu schulen, können sie ihren Bedarf in diesen Bereichen decken und bieten ihren IT-Mitarbeitern parallel interessante Karrieremöglichkeiten.

"Wir haben unsere Firmenkultur zu einer Kultur des kontinuierlichen Lernens entwickelt, mit einem ehrgeizigen Weiterbildungsprogramm für Mitarbeiter, einschließlich unseres Cloud Accelerate-Programms, Zugang zu LinkedIn Learning, einer jährlichen Technologiekonferenz für Mitarbeiter, Hackathons und mehr", freut sich Kay. Mit Hilfe der Personalabteilung habe die IT-Abteilung in nur acht Monaten fast 1.700 Mitarbeiter im Rahmen des Amazon Web Services (AWS)-Programm geschult, wobei die Zahl der AWS-Zertifizierungen im Vergleich zum Vorjahr um 377 Prozent gestiegen sei.

3. Mitarbeitererfahrung verbessern

Chris Nardecchia, Senior Vice President und Chief Digital and Information Officer beim Industriedienstleister Rockwell Automation, plaudert aus dem Nähkästchen: "Unsere Workday-Implementierung ist eine Initiative, bei der der CHRO und ich eng zusammengearbeitet haben, um eine neue Plattform für das Personalmanagement und die Gehaltsabrechnung bereitzustellen."

Zu den Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Nardecchia und dem CHRO gehören die Erstellung von Umfragen zum Mitarbeiterengagement, die Neugestaltung von Arbeitsplätzen und Remote-Optionen sowie die Nutzung von Daten aus Mitarbeiterprofilen und Karriereplanung für Talentmanagement und -entwicklung.

4. Kultur der Vielfalt schaffen

IT- und HR-Führungskräfte können zusammenarbeiten, um die Vielfalt nicht nur in den Technologieabteilungen, sondern im gesamten Unternehmen zu erhöhen. Bei der Principal Financial Group helfen die Personaler - und das darin enthaltene Diversity & Inclusion-Team - dabei, "die Geschichte unserer vielfältigen und integrativen Unternehmenskultur zu erzählen und all die Möglichkeiten aufzuzeigen, wie wir unsere Mitarbeiter unterstützen", berichtet Kay. "Wir wollen bewusst eine integrative Kultur und eine vielfältige Belegschaft fördern".

Laut der Managerin habe die Personalabteilung die IT-Abteilung bei der Entwicklung von Strategien unterstützt, mit denen verschiedene IT-Mitarbeiter und Führungskräfte erfolgreich angeworben und gehalten werden konnten. Das Unternehmen habe seine Kultur des kontinuierlichen Lernens zu einem Unterscheidungsmerkmal bei der Rekrutierung gemacht, mit einem ehrgeizigen Weiterbildungsprogramm für Mitarbeiter: "Unsere Tech-Community hat jetzt einen Frauenanteil von 38 Prozent, und die Hälfte des Führungsteams unserer CIO-Arbeitsgruppe sind Frauen oder People of Color", freut sich die IT-Chefin.

5. Digitale Transformation erleichtern

Bei der digitalen Transformation geht es nicht nur um die Anschaffung neuer Tools und Dienste. Sie erfordert neue Fähigkeiten und eine veränderte Denkweise. Deshalb arbeitet bei Rockwell Automation wie bereits gelesen Digitalchef Nardecchia eng mit dem CHRO zusammen. "Wir haben die Unternehmenstransformation im Jahr 2020 mit dem Ziel gestartet, ein datengesteuertes Betriebsmodell aufzubauen, das unsere Entwicklung hin zu einer kundenzentrierten und agilen Organisation beschleunigt", erzählt er. Bei seinem Arbeitgeber herrsche die Überzeugung, dass eine erfolgreiche Transformation von innen heraus erfolgen müsse. Das erfordere Engagement und die Bereitschaft zu Veränderungen bei allen Führungskräften im Unternehmen.

Das Unternehmen führt seine Umstrukturierungsbemühungen auf Verbesserungen der Geschäftsprozesse zurück, die zu einer Verringerung der Gesamtdurchlaufzeit für E-Commerce-Bestellungen um 75 Prozent führten.

6. HR-Prozesse automatisieren

IT- und Personalleiter können auch zusammenarbeiten, um Prozesse zu automatisieren. "Viele Personalabteilungen an Hochschulen müssen sich mit einer immer umfangreicheren Mitarbeiterunterstützung auseinandersetzen", berichtet Bill Balint, CIO der Indiana University of Pennsylvania. "Die Automatisierung bestimmter Tätigkeiten kann dazu beitragen, dass die Mitarbeiter der Personalabteilung ihre wertvolle Zeit für Aufgaben nutzen können, die eigentlich ihr Fachwissen erfordern."

Als aktuelles Beispiel nennt Balint die Umstellung der Indiana University auf ein branchenübliches, elektronisches Signatur- und Workflow-System zur Bearbeitung der Leistungsbeurteilungen von Mitarbeitern während der Pandemie. "Das Risiko war gering, da ein bewährtes System verwendet wurde." IT-Projekte an der Universität würden auf Führungsebene priorisiert und der Personalleiter der Universität berate sich mit der IT-Leitung über die Umsetzung der Maßnahmen, die den tatsächlichen Bedürfnissen entsprechen, so Balint.

7. Mitarbeiter-Onboarding optimieren

Die Aufnahme neuer Mitarbeiter in ein Unternehmen kann eine schwierige Aufgabe sein, insbesondere in einer Zeit, in der viele Beschäftigte remote arbeiten. Bei der OvareGroup, einem Anbieter von Werbedienstleistungen, arbeitete die IT-Abteilung eng mit der Personalabteilung und dem Marketing zusammen, um den gesamten Onboarding-Prozess zu überarbeiten, wie Suzie Smibert, Executive Vice President und CIO berichtet.

"Neue Mitarbeiter können wählen, ob sie lieber mit einem Mac oder einem Windows-Rechner arbeiten möchten, und das Gerät wird konfiguriert und geliefert - entweder nach Hause oder ins Büro - damit sie sofort loslegen können. An ihrem ersten Arbeitstag werden sie - ob per Fernzugriff oder persönlich - von einem der IT-Experten in die Firmenanwendungen eingeführt."

Die IT-Abteilung biete Unterstützung und Schulungen für die Office-365-Produktivitätssuite an und helfe neuen Mitarbeitern, den Zugriff auf Anwendungen zu erlernen und sich mit Programmen zur Förderung der Cybersicherheit vertraut zu machen. "Unser Ziel ist es, die Anzahl der Support-Tickets von neuen Mitarbeitern zu verringern und seit der Einführung dieses neuen Prozesses haben wir etwa 25 Prozent weniger Tickets erhalten."

8. Personalabteilung befähigen

"CHROs navigieren heute durch komplexe und sich verändernde Human-Capital-Management-Landschaften, während die IT-Abteilung die Aufgabe hat, diese Prozesse zu unterstützen", kommentiert Sujan Turlapaty, CIO beim Cybersicherheitsanbieter Optiv, diese Zusammenarbeit.

Wichtige HR-Funktionen wie Rekrutierung, Bewerberverfolgung, Onboarding, Offboarding sowie Schulung würden durch komplexe Personalinformationssysteme (HRIS) unterstützt, um "eine maximale Effizienz im Personalmanagement zu erreichen", so Turlapaty. Auf der anderen Seite stelle die Personalabteilung die Fachkräfte bereit, die für den Betrieb und die Wartung der Technologie benötigt würden. Damit schließe sich der Kreis der HR-IT-Partnerschaft, so der Optiv-CIO.

"Technologie und Prozesse brauchen Menschen, und CHROs und CIOs bringen diese Teile des Puzzles zusammen, schlussfolgert Turlapaty. "Eine gemeinsame Empathie zwischen CHROs und CIOs hilft dabei, kooperative Perspektiven zu entwickeln, die zu besseren Ergebnissen führen", so sein Fazit. (hk)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.