Gründungswettbewerb "Exist": Die Gewinner ziehen Zwischenbilanz

Wie aus Studenten Jungunternehmer werden

20.10.2000
Sie heissen "Bizeps", "Keim" und "Get up", "Push" oder "Dresden exists". Dahinter verbergen sich nicht etwa Sportstudios, landwirtschaftliche Genossenschaften, Box- oder Heimatvereine. Obwohl auch sie viel mit Gemeinsamkeit zu tun haben: Denn die fünf Netzwerke, die hinter diesen Abkürzungen stehen, sind losgezogen, um mit Partnern aus ihrer Region der deutschen Studentenschaft das Gründen beizubringen. Von Gabriele Müller*

Nur 15 Prozent der Akademiker machen sich selbständig, obwohl immerhin rund 24 Prozent während des Studiums daran denken. Die geringe Quote will der Wettbewerb "Exist Existenzgründer aus Hochschulen" des Bundesforschungsministeriums ändern. Aus über 200 Bewerbern wurden deshalb Ende des Jahres 1998 die fünf Regionen mit dem überzeugendsten Konzept ausgewählt. Allen wurde damit bescheinigt, den Zielen des Wettbewerbs besonders gerecht zu werden und damit für die "Kultur einer unternehmerischen Selbständigkeit zu sorgen, die konsequente Umsetzung der Forschung in die wirtschaftliche Wertschöpfung zu gewährleisten, Geschäftsideen und Gründerpersönlichkeiten und damit innovative neue Unternehmen zu fördern", so das Ministerium.

Die Teilnahmevoraussetzung bestand darin, dass mindestens drei Partner aus einer Region, darunter eine Hochschule, sich zu einem Netzwerk zusammenschließen mussten. Als Lohn der Mühe gab es die Förderung des Bundes. Rund 30 Millionen Mark jährlich erhält das Gesamtprojekt Exist an Unterstützung.

So unterschiedlich die Regionen, die sich beteiligt und gewonnen haben, sind, so unterschiedlich ist auch ihre Herangehensweise bei der Umsetzung von der Theorie in die Praxis, wie kürzlich auf dem ersten Kongress in Wuppertal und Hagen deutlich wurde. Knapp zwei Jahre nach dem Startschuss hatte Bizeps, die "Bergisch-Märkische Initiative zur Förderung von Existenzgründungen, Projekten und Strukturen", zum Erfahrungsaustausch eingeladen.

Im Vergleich zeigte sich, wie viele Wege vom Hörsaal zur eigenen Firma führen können. Keim zum Beispiel, die Initiative der Region Karlsruhe-Pforzheim, kann von sich behaupten, mit ihrer hohen Dichte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu den wissenschaftlichen Hochburgen in Deutschland zu zählen. Zudem verfügt die Universität bereits über einen von der Firma SAP gestifteten Lehrstuhl für Entrepreneurship. Wirtschaftlich dominiert wird die Region von Großunternehmen und Technologiebranchen und liegt auch im europäischen Vergleich von 15 Hightech-Regionen an zweiter Stelle.

Nur logisch, dass "wir deshalb Mitstreiter aus der Wirtschaft wie die Wirtschaftsförderung der Stadt Karlsruhe, die Industrie- und Handelskammer oder das Cyberforum, eine private Initiative für Existenzgründungen, ins Boot geholt haben", berichtet Keim-Koordinator Jürgen Wüst. Bis auf 100 Partner aus Forschung, Verwaltung und Wirtschaft soll das bestehende Netzwerk noch ausgebaut werden. Dabei wird großer Wert auf den Austausch unter den Beteiligten gelegt. Der Verein "Gründer helfen Gründern" zählt bereits rund 50 Mitglieder.

Andere Gewinner - andere Prioritäten: Get up, der Verbund von Jena, Ilmenau und Schmalkalden, muss solch ein funktionierendes Netzwerk erst noch neu aufbauen. In einer Region, die vom wirtschaftlichen Umbruch gekennzeichnet ist und nach wie vor mit einer hohen Arbeitslosenquote zu kämpfen hat, versuchen nun eine Technische Universität, eine Universität und zwei Fachhochschulen technologieorientierte Unternehmensgründungen zu ermöglichen. Dafür haben sie nicht nur einen eigenen Lehrstuhl für Existenzgründung und Unternehmensführung geschaffen, sondern auch ein virtuelles Existenzgründerforum eingerichtet.

Eberhard Christ, Get-up-Betreuer in Schmalkalden, meint zum Konzept: "Wir wollen Interessenten und junge Existenzgründer unterstützen, indem wir sie über das Web informieren, beraten und betreuen." Das auf Lotus'' "Learning Space" basierende virtuelle Betreuungsangebot unterscheidet zwei Ebenen. Im Grundkurs kann zunächst nur Wissen abgerufen und nachgeschlagen werden. Erfahrungsberichte anderer Gründer oder eigene Hinweise rund um das Thema ergänzen das Angebot. "Im zweiten Teil, dem Intensivkurs, wird es dann interaktiv", so Christ. "Schwerpunktthemen sollen praktisch erarbeitet werden, wobei ein erfahrener Coach zur Seite steht." Da ist der allseits gefürchtete Business-Plan ebenso im Programm wie das schwierige Thema Finanzierung.

Einen Hochschullehrer, der Studenten wissenschaftliche Methoden vermitteln soll, mit deren Hilfe der Schritt in die Selbständigkeit erfolgen kann, präsentierten die Gastgeber von "Bizeps". Mit Beginn des Wintersemesters wird Professor Lambert Koch Vorlesungen, Übungen, ein Praxisseminar und ein Doktorandenseminar anbieten. Die Veranstaltungen sind teilweise für alle Studierenden offen, zum Teil aber auch nur für den Fachbereich Wirtschaftswissenschaften konzipiert. "Unsere Idealvorstellung lautet, potenzielle Gründer sowohl aus dem Fachbereich Wirtschaft als auch aus anderen Studiengängen zusammenzubringen, damit sie gemeinsame Konzepte für neue Unternehmen entwickeln können", erklärt Koch.

Insgesamt aber setzen die Bizeps-Macher auf ein zehnteiliges Konzept, von dem der Gründungslehrstuhl nur eine Komponente ist. Andere Bausteine sind ein virtuelles Kolleg mit dem Titel "Fernstudium Entrepreneurship Education" an der Fernuniversität Hagen, ein Qualifizierungsverbund oder der Einsatz neuer Medien in der Gründerausbildung.

Trotz dieser Ansätze und aller Anstrengungen: Noch ist Deutschland ein Gründungsentwicklungsland. Daran hat auch der Wettbewerb noch nicht viel geändert - auch wenn er, wie die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn, feststellt, "viele Nachahmer in den Bundesländern und im europäischen Ausland gefunden hat". Sie kündigt eine Fortsetzung und einen weiteren Ausbau der Aktivitäten im Rahmen des Wettbewerbs an. Dazu gehören zum Beispiel Maßnahmen wie "Train the Tainer", eine Verbesserung des Lehrangebots für Dozenten, oder die "Virtuelle Akademie für Unternehmensgründer". Diese Einrichtungen sollen dann auch anderen Netzwerken und regionalen Initiativen zur Verfügung stehen.

*Gabriele Müller ist freie Journalistin in Wuppertal.

Exist und mehr

Zwei Teilprogramme ergänzen die fünf geförderten Netzwerke. Exist-Seed soll Studenten, wissenschaftlichen Mitarbeitern und Absolventen in der Vorgründungsphase helfen, indem es für maximal ein Jahr den Lebensunterhalt sichert. In dieser Zeit soll aus der Geschäftsidee der Geschäftsplan werden. "Exist-High-Tepp" ist ein Postgraduiertenprogramm, mit dessen Hilfe rund 20 Stipendiaten aus wirtschafts- und naturwissenschaftlichen Studiengängen Gründungsprojekte managen und damit einen Beitrag zur Verbesserung der Ausbildung an den Hochschulen leisten sollen. Weitere Informationen sind im Internet unter http://www.exist.de erhältlich.