HP-Studie: IT-Chefs Opfer ihres Erfolgs

Widerlegte CIO-Mythen

20.06.2012
Von 
Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Die Studie stellt verbreitete Ansichten auf den Kopf. Projektarbeit sei erfolgreicher als angenommen, die Konsumerisierung ebenso Chance wie Herausforderung.

So einige beängstigende Halbgewissheiten und Mythen müssen CIOs derzeit belasten. Der Umstand zum Beispiel, dass das Gros der IT-Projekte scheitert. Oder das Vorpreschen der „Digital Natives“ alias „Generation Y“, der jungen und quasi mit der Muttermilch technologie-affinen Mitarbeiter also, die ältere Kollegen wie ineffiziente Relikte aus alten Zeiten erscheinen. Oder die ständigen Reibereien zwischen IT und Business, das dauerunzufrieden ist und doch immer am längeren Hebel sitzt.

IT-Initiativen sind keineswegs zum Scheitern verdammt. Das gilt besonders in Firmen, die insgesamt am Markt erfolgreich sind.
IT-Initiativen sind keineswegs zum Scheitern verdammt. Das gilt besonders in Firmen, die insgesamt am Markt erfolgreich sind.
Foto: HP

Neuerdings Tablets und Cloud Computing, Demokratisierung und Konsumerisierung der IT, die CIOs und IT letztlich überflüssig machen, weil sich die Anwender selbst viel besser und schneller im Tool-Selbstbedienungsladen versorgen. Der pure Angstschweiß muss IT-Verantwortlichen also von der Stirn tropfen? Muss er nicht, denn alles das ist in Wahrheit halb so schlimm. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls eine Studie der Economist Intelligence Unit im Auftrag von HP.

Der Tenor der Studie ist soweit also höchst erfreulich aus IT-Sicht. Das gilt umso mehr, wenn man das Studiensample genauer unter die Lupe nimmt. Befragt wurden in der Region EMEA mehr als 500 Manager zur Rolle der IT im Unternehmen, darunter aber nur ein Viertel IT-Verantwortliche. Die scharfen Konturen im Bild sind also dadurch weichgezeichnet, dass alleine besorgte und gefrustete CIOs ihren Sorgen mit Tunnelblick Luft machen. Stattdessen kommen auch andere Führungskräfte zu Wort, und die sind allem naturgemäß wiederkehrenden Zoff zum Trotz höchst zufrieden mit den Leistungen ihrer IT.

Insgesamt sagen beispielsweise 84 Prozent, dass sich die Effizienz im Unternehmen durch Technologie-Investitionen merklich gesteigert habe. Positiv registriert wird auch die in jüngster Zeit enorm gewachsene Agilität der IT. Auch wenn den Akteuren dort die immer höheren Tempo-Erwartungen eine Last sein mögen. Dass IT-Projekte mittlerweile zum Teil binnen sechs Wochen abgeschlossen sind, gefällt den Führungskräften – gerade im Vergleich zu den teuren und zeitaufwändigen ERP- und CRM-Implementierungen, die vor zehn Jahren zu bewältigen waren.

CIOs sind die Leidtragenden

Alles gut also? Ganz so einfach ist es leider auch wieder nicht. Die Studie sagt zu den oben genannten Punkten zwar, dass sie häufig übertrieben dargestellt werden. Gänzlich falsch sind sie aber nicht immer. Die wirkliche Herausforderung bestehe darin, dass immer schnellere Innovationen eingefordert werden; insofern sind gerade CIOs die Leidtragenden. „CIOs können zum Teil Opfer ihres eigenen Erfolg werden“, heißt es in der Studie. Die Hälfte der befragten Unternehmen schloss erst kurz vor der Befragung ein IT-Projekt ab; die Schlagzahl erhöht sich.

Dazu kommt ein Problem, dass nach Einschätzung der Autoren virulenter ist als das Scheitern von Projekten oder die Generationenkluft. Immer häufiger kommt es vor, dass die Kunden über mehr technologische Expertise verfügen als die Unternehmen. „Das droht die gefährlichste Lücke von allen zu werden“, heißt es in der Studie. Betroffen sind vor allem Firmen, die ohnehin angeschlagen sind und nur wenig Profit machen. In dieser Nachzügler-Gruppe kommt es doppelt so oft vor, dass die Kunden mehr wissen als die eigenen Mitarbeiter.