Kolumne

"Wider die Monokultur"

15.11.1996

Nicht etwa aufgrund seiner innovativen Produkte hat Microsoft eine Marktposition erreicht, die immer stärker der einer IBM früherer Tage gleicht. Nein, die Branche wird deshalb immer abhängiger von der Gates-Company, weil es sich die meisten Hersteller schon frühzeitig im Microsoft-Bett bequem gemacht haben: Größen wie Digital, Compaq, SNI, die Software AG oder SAP stellen die eigene Strategie auf die Basis von Microsoft-Produkten.

Die einzigen, die noch versuchen, dem etwas entgegenzusetzen, heißen Sun, Oracle, Netscape und IBM. Abgesehen von Suns Java haben aber auch die letzten Aufrechten relativ wenig vorzuweisen. Außerdem kann Sun-Chef Scott McNealy sich nicht damit begnügen, Java als das Allheilmittel gegen monolithische Softwareprogramme zu propagieren. Seine Company muß profitabel arbeiten und deshalb vor allem Hardware verkaufen. Hier kämpft Sun mit Sparc an der Prozessorfront gegen Intel und den Rest der RISC-CPU-Welt. Auf dem Workstation-Markt wogt die Schlacht ebenfalls hin und her. Auch Mitstreiter Oracle hat wenig Handfestes zu bieten. Als unbestrittener Marktführer im Geschäft mit relationalen Datenbanken tut Unternehmensgründer Larry Ellison alles, um diese Dominanz zu erhalten, und wenig, um Alternativen zu den Produkten von Microsoft zu schaffen. Die Tools seines Hauses haben in erster Linie die eigene Datenbank als Zielplattform, das Workgroup-Produkt Interoffice ebenfalls. Dem Plan, mit Interoffice eine Applikationssuite für den von Ellison propagierten Network Computer zu schaffen, räumen Experten wenig Chancen ein. Umstritten sind auch die Erfolgsaussichten des NCs selbst.

Und schließlich droht auch Netscape abgefangen zu werden, seit Gates - zwar noch mit Reibungsverlusten in der eigenen Organisation - das Internet-Rad zu drehen versucht. Die jüngsten Attacken führten sogar soweit, daß der Browser-König in der vergangenen Woche seine Investoren vor möglichen Gewinneinbrüchen warnen mußte.

Während Sun, Oracle und Netscape dem Softwareriesen aus Redmond wenigstens Paroli bieten, ergeben sich andere wichtige Anbieter blind der Übermacht von Gates. Sie tragen dazu bei, daß die DV-Landschaft zu einer Monokultur verkommt, in der nur eine einzige Company das Tempo des Fortschritts bestimmt.