Fraunhofer-Institut bietet Strategie-Instrument als Unterstützung an, Teil 1:

Wettbewerbsorientierung ist Leitstern für Technikplanung

20.05.1988

Literaturhinweise

[ l ] Bürokommunikation: Management der Bürokommunikation. VDI-Richtlinie 5001 (Gründruck). Düsseldorf 1987.

[ 2 ] Porter, E. M.; Millar, V. E.: Wettbewerbsvorteile durch Information. In: Harvard Manager, 1(1986), S. 26-35.

[ 3 ] Bürokommunikation: Methoden zur Analyse und Gestaltung von Arbeitssystemen im Büro. VDI-Richtline 5003 (Gründruck). Düsseldorf 1987.

Informatiksysteme spielen für Wettbewerbserfolge eine entscheidende Rolle. Informationstechnik indes will für ihren Einsatz auch vorausgedacht sein, meinen Experten des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation*. Die Stuttgarter wollen deshalb Orientierungshilfe zur strategischen Planung der Informationsverarbeitung geben: zunächst zu Problemen des wettbewerbsorientierten Ansatzes beim Computer-Integrated-Business.

In jedem Unternehmen wird geplant - auch der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien. Nur wird dieser in einem mehr implizit und informal, im anderen mehr explizit und formal geplant. Die Kernfrage kann deshalb nicht lauten, ob der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien geplant werden soll, sondern nur, wie gut geplant werden kann. Dabei wird viel von Strategie gesprochen. Die dazu von Beratungsunternehmungen angebotenen Methoden bleiben häufig esoterisch und sind oft nur für Eingeweihte verständlich.

Die strategische Planung der Informationsverarbeitung (IV-Planung) wird häufig als reine Implementierungsstrategie verstanden. Der VDI mißt in dem Entwurf der VDI-Richtlinie 5001 [ 1 ] der Bürokommunikation unternehmungsstrategische Bedeutung bei, indem in Anlehnung an Porter/Millar 121 argumentiert wird, daß computerintegrierte Informationsverarbeitung

- neue Beziehungen zu Produkten und Märkten schafft,

- die Durchsetzung neuer Unternehmensstrategien und die Wahrnehmung neuer Wettbewerbschancen erlaubt,

- Organisations- und Führungsaufgaben verändert.

Nach einer Definition des Beratungsunternehmens Arthur D. Little in Wiesbaden ist Informations-Management immer dann "unstrategisch", wenn die Verantwortlichen für Informations- und Kommunikationstechnologien mit ihrer Bereichsstrategie auf einen forcierten Ausbau der Leistungsfähigkeit ihrer Systeme abzielen, ohne eine explizite Abstimmung mit der Unternehmensstrategie durchgeführt zu haben.

Die strategische Bedeutung von Informations- und Kommunikationstechnologien erfordert einen unternehmungsweit verbindlichen Planungsrahmen und eine konsequente Abstimmung aller Teil-Informationssysteme, wobei die begrenzten Ressourcen und unterschiedlichen Lebenszyklen dieser Teilsysteme berücksichtigt werden.

Computer Integrated Business

Der integrative Charakter von Informations- und Kommunikationstechnologien, entstanden über die Möglichkeit Datenverarbeitung, Bürowerkzeuge und Kommunikationstechniken zu verknüpfen, ermöglicht es, durchgängige, flächendeckende Informations-Infrastrukturen aufzubauen, welche alle hierarchischen Ebenen einer Unternehmung prozeßorientiert überlagern. Integrationspotentiale ergeben sich aus einer Verknüpfung von technischen Informations- und Kommunikationssystemen (CAM-, CAQ-, CAP-, CAD- und CAE-Systeme), betriebswirtschaftlichen Informations- und Kommunikationssystemen (PPS-, MIS- und Entscheidungsunterstützungssysteme) und Büroautomationssystemen (Dokumentverarbeitungssysteme zur Text und Graphikerstellung, Electronic-Mail-Systeme, diverse Unterstützungswerkzeuge wie Kalkulationsprogramme, Projektmanagementsysteme, Kalendermanagement, Dictionaries).

Computer Integrated Business (CIB) basiert auf einer Verknüpfung von Ansätzen aus den Bereichen CIM (Computerintegrierte Fertigung), Büroautomation sowie den klassischen betrieblichen DV-Systemen und weist eine relativ große Schnittmenge mit dem Bereich der Logistiksysteme auf. Hier zeigt sich ein weites Aufgabenfeld für die Technologie-Planung (Abbildung 1 ).

Die Konzeption einer Untersuchung und die Methodenauswahl muß sich an der Ausgangssituation orientieren. Studien des Strategic Planning Institute (SPI), Massachusetts, verdeutlichen den Zusammenhang zwischen Investitionen in Informations- und Kommunikationstechnologien und der Wettbewerbsposition.

Immer dann, wenn die aktuelle Wettbewerbssituation schwach ist bergen Investitionen in Informations- und Kommunikationstechnologien die Gefahr, ineffektive Führungs-, Informations- und Entscheidungsstrukturen festzuschreiben.

Stärken und Schwächen im Blick

Typische Anwendungssituationen lassen sich weiterhin charakterisieren [ 1 ]nach:

- dem aktuellen Durchdringungsgrad eines Unternehmens mit Informations- und Kommunikationstechnologien in den Dimensionen Infusion und Diffusion,

- der Strategie eines Unternehmens zur Technologieplanung (zum Beispiel Planungs-, Pilot-, Rahmenplanungsstrategie),

- den Auslösefaktoren zur Initiierung einer Informations- und Kommunikationsanalyse (zum Beispiel wirtschaftliche, technische Gründe oder angestrebte organisatorische Veränderungen),

- dem für die Analyse gewählten organisatorischen Rahmen (etwa die Überblicks-, Detailanalyse),

- den zu untersuchenden Bereichen des Unternehmens und den Aufgabentypen (wie situationsbedingte, vorgangsorientierte, projektorientierte Büroarbeit),

- der geplanten Ausbreitungsstrategie (zum Beispiel nach der Einwirkungsebene [aufgabenbezogene, technisch-infrastrukturelle und bewußtseinsorientierte Strategie] und dem Ansatzpunkt des Einstiegs [Top-down-Strategie, Bottom-up-Strategie, Keimzellen-Strategie]).

Ausgangspunkt dieses strukturellen Verfahrens zur strategischen Planung der Informationsverarbeitung ist die Analyse relevanter Umweltfaktoren, um die Anforderungen der Wettbewerbsumwelt zu bestimmen. Hinzu kommt eine Unternehmungsanalyse der heutigen Leistungsfähigkeit im Sinne von Stärken und Schwächen und der Ableitung des Unterstützungsbedarfs der Unternehmung.

Mit Informationen aus beiden Themenkomplexen lassen sich adäquate Unternehmens- und Geschäftsfeldstrategien ableiten und operative Maßnahmenkonzepte feststellen. Auf dieser Basis kann der Gesamtrahmen für die Informationsverarbeitung mit entsprechenden organisatorischen und technischen Umsetzungsmöglichkeiten erstellt werden (Abbildung 2). Einzelne Vorschläge zur organisatorischen und technischen Gestaltung können zu sinnvollen Detailprojekten zusammengefaßt werden. Durch die Ableitung der Detailprojekte aus den Anforderungen der Wettbewerbsumwelt und aus den Potentialen und dem Bedarf der Unternehmung kann die strategische Bedeutung der einzelnen Projekte aufgezeigt und eine Prioritätenliste für die Durchführung erarbeitet werden. So ist sichergestellt, daß ein Gesamtrahmen für die Informationsverarbeitung in einer Unternehmung erarbeitet werden kann. Er berücksichtigt bereits vorliegende Implementationen und Planungen heute geltender struktureller Rahmenbedingungen und absehbare Wandlungsprozesse der Unternehmensumwelt vor dem Hintergrund einer langfristigen Evolution der Unternehmung.

Dieser Gesamtrahmen gibt Hinweise auf personelle, organisatorische und technische Voraussetzungen einer Einführung von Informations- und Kommunikationssystemen. In der Vergangenheit wurde auf technische und marktliche Veränderungsprozesse reagiert. Dem wird ein geschlossenes Konzept für eine antizipierende und aktive Bewältigung von Veränderungen entgegengestellt.

Eine ganzheitliche und systematische Vorgehensweise ist dadurch gegeben, daß

- Teilprojekte zur Einführung von Informations- und Kommunikationssystemen beschrieben und die darin zu erfüllenden Aufgaben definiert werden können,

- die logischen Zusammenhänge zwischen den Teilprojekten aufgezeigt werden können;

- Analysen und Abschätzungen relevanter Zeit- und Kostengrößen durchgeführt werden können;

- geeignete betriebliche Schwerpunktbereiche für Pilotinstallationen identifiziert werden können;

- die grundsätzliche Durchführbarkeit und Durchsetzbarkeit des Gesamtrahmens abgeschätzt werden kann.

Die modulare Vorgehensweise erleichtert dabei die Strukturierung des Gesamtvorhabens. (Im folgenden Teil 2 werden die einzelnen Module vorgestellt).