Werksschließung bei Nokia: Die aktuelle Entwicklung im Überblick

18.01.2008

Inzwischen wurde bekannt, dass Nokia in den 90er Jahren vom Bund und Nordrhein-Westfalen 88 Millionen Euro an Fördergeldern erhielt, die für den Umbau einer Fernseherfabrik in ein modernes Handy-Werk investiert werden mussten. Kritiker werfen dem Unternehmen vor, die Finanzmittel auch für andere Projekte, etwa die Verlegung der Produktionsstätte nach Rumänien, verwendet zu haben und fordern einen generellen Abbau der Subventionen. Nach Aussage von Alfred Boss, Steuerfachmann am Institut für Weltwirtschaft (IfW), müsse es "grundsätzlich das Ziel sein, innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre" die öffentlichen Förderungen komplett abzuschaffen. Für 2007 bezifferte Boss die Finanzhilfen und Steuervergünstigungen in Deutschland auf 145 Milliarden Euro.

Während Rüttgers mit den betroffenen Nokia-Mitarbeitern vor den Toren des Bochumer Handy-Werks steht, zeigt sich in Berlin ein anderes, fast schon skurriles Bild der Solidarität. Verbraucherminister Horst Seehofer und der SPD-Fraktionschef Peter Struck haben sich in aller Eile von ihren Nokia-Handys getrennt. Aus Mitgefühl und Patriotismus. In der hitzigen Debatte scheinen viele jedoch einen wichtigen Punkt vergessen zu haben: Auch kein anderer Handy-Hersteller lässt seine Geräte in Deutschland produzieren, insofern ist der Boykott finnischer Handys zwar nett anzusehen, entbehrt allerdings jeder objektiven Grundlage. Allein diese Tatsache zeigt doch, dass die Handyproduktion in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig ist.

Aus wirtschaftlicher Sicht macht die Verlagerung durchaus Sinn. Analysten der Unternehmensberatung IDC sehen drei wichtige Vorteile: Rumänien bietet steuerliche Anreize durch niedrigere Gewerbesteuern und Abgaben. Zudem erhält Nokia eine räumlich engere Nähe zu den aufstrebenden Märkten in Osteuropa und Asien. Und schließlich sind die Arbeitsgehälter der Angestellten deutlich niedriger, als in Deutschland. Doch gerade das letzte Argument erhitzt die Gemüter. Demnach beträgt der Faktor Lohnkosten nur 5 Prozent der Gesamtkosten in der Handy-Herstellung. In den Augen vieler Kritiker sind eine höhere Motivation, eine gute Ausbildung und große Sorgfalt bei der Produktion passende Gegenargumente für eine Verlagerung nach Osteuropa.