Werden wissenschaftliche Bibliotheken ueberfluessig? Bayerischer Kultusminister will Informationsprojekte foerdern

20.10.1995

MUENCHEN (CW) - Der Abschlussbericht der Kommission "Nutzung und Bereitstellung elektronischer Fachinformation (EFI) fuer Forschung und Lehre" liegt nun vor. Der bayerische Kultusminister Hans Zehetmair hat die Expertengruppe Mitte vergangenen Jahres ins Leben gerufen, um den Einsatz elektronischer Medien zur Informationsvermittlung zu foerdern.

Das Weltwissen waechst atemberaubend schnell. Damit wird es immer schwieriger, spezielle Informationen aus dem grossen Angebot der Bibliotheken herauszufiltern. Die elektronischen Medien koennen hier neue Wege eroeffnen und sollen deshalb in Zukunft gefoerdert werden, hiess es auf einer Pressekonferenz des Bayerischen Kultusministeriums, bei der auch der Abschlussbericht der EFI- Kommission praesentiert wurde.

Die Installation schneller, Multimedia-faehiger Breitbandnetze bilde die technische Grundlage, um ganze Bibliotheken in die Arbeitszimmer der Wissenschaftler zu bringen, heisst es in dem Abschlussbericht. Die Informationen muessten jedoch in geeigneter Weise aufbereitet werden. Als erste Massnahme empfiehlt die Kommission, den Hochschulen fuer die Nutzung schon existierender Angebote jaehrlich 2,5 Millionen Mark zur Verfuegung zu stellen.

Mittelfristig sollte das Land Bayern, so der Bericht, Pilotprojekte foerdern, waehrend auf laengere Sicht ein Forschungsprogramm mit einer Dauer von zunaechst fuenf Jahren sinnvoll erscheine. Als vordringlich foerderungswuerdig stuft die Kommission Pilotprojekte ein, die das dezentrale Informationsangebot verbessern, existierende Bestaende digitalisieren oder wirtschaftlich tragfaehige Modelle elektronischen Publizierens erarbeiten beziehungsweise erproben.

Chemiker aus der Kommission demonstrierten, welche Recherchemoeglichkeiten es heute schon fuer Wissenschaftler gibt. Als Beispiel waehlten die Forscher die Frage "Wie wirkt Methadon?" Die Suche auf einem Index-Rechner in den USA nach "Methadon" ergibt Hinweise auf Dokumente in aller Welt. Anders als ein Buch bietet der Rechner auch die Moeglichkeit, dreidimensionale Molekuelstrukturen zu berechnen und aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.

Bleibt nur noch eine Frage offen: Werden herkoemmliche Bibliotheken angesichts der Vorteile elektronischer Medien ueberfluessig? Nein, war die vorherrschende Ansicht - wenigstens vorlaeufig nicht. Bibliotheken liessen sich leichter erweitern und haetten strukturierende Aufgaben. Ausserdem seien die Rechercherechner derzeit noch haeufig ueberlastet.