Flaschenhals DSL und Mobilfunk

Werden Geschäftsprozesse ausgebremst?

24.02.2009
Von Hadi Stiel

Glasfaser verspricht Besserung

Genügend Bandbreite wird es wohl erst mit Glasfaseranschlüssen geben.
Genügend Bandbreite wird es wohl erst mit Glasfaseranschlüssen geben.
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"Für einen multimedialen Geschäftsauftritt in den Außenstellen oder unterwegs, beispielsweise im Hotel, greift DSL einfach zu kurz", moniert auch Jörg Fischer, Leiter für strategische Geschäftsentwicklung bei Alcatel-Lucent in Deutschland. Bei Mobilfunknetzen komme generell die zu niedrige Verfügbarkeit hinzu. Daran werde sich auch mit HSDPA und 7,2 Mbit/s nichts ändern, prognostiziert Fischer. "Was nützt die höhere Geschwindigkeit in die eine Richtung, wenn sich die andere Richtung als Übertragungsschnecke erweist", kritisiert er. Anders bei den Festnetzanschlüssen: "Hier kann Fiber-to-the-Home und Fiber-to-the-Building, kurz: FTTx, 100 Mbit/s und mehr in beide Richtungen im Anschlussbereich auf die Beine stellen." Dies setze allerdings voraus, dass die Provider progressiv in FTTx-Technologien und ihre Installation investierten. Den wachsenden Bandbreiten- und Handlungsbedarf hätten aber erst wenige City-Carrier erkannt. Fischer nennt als positive Beispiele Netcologne (Köln), Hansenet (Hamburg) und M-Net (München): "Der schnelle Festnetzzugang bleibt bisher in der Fläche auf der Strecke." VDSL mit bis zu 55 Mbit/s ist für ihn keine Alternative, weil es auf der Kupferleitung aufsetze.

Mit Empfangs- gleich Verfügbarkeitslücken beim Mobilfunk müssen die Teilnehmer auf Dauer leben. Anders bei der Bandbreite: Hier ist mit HSDPA und 7,2 Mbit/s noch etwas Luft nach oben. In der Praxis und in der Fläche ist diese Luft für viele Mobilfunkbetreiber jedoch zu dünn. So sprach zwar Vodafone auf der letzten CeBIT von der "Zündung der nächsten Stufe beim mobilen Breitband-Internet", nannte aber keinen konkreten Starttermin für HSDPA mit mehr Bandbreite. Also müssen sich die Vodafone-Kunden mit 3,6 Mbit/s bescheiden. 7,2 Mbit/s werden von Vodafone bisher nur an auserlesenen Lokationen, etwa auf Messen, Bahnhöfen und Flughäfen, geboten.

Auf die SLAs kommt es an

Solche Erfahrungen treffen die Mitarbeiter jenseits des Firmengeländes - und ihre Kommunikationspartner im Büro gleich mit. Zu den Betroffenen unterwegs gehören die technischen Einsatzkräfte. Sie sollen online inklusive Sprach- und Video-Unterstützung bei den Kunden Anlagen sowie Geräte besser und schneller warten und pflegen. "Schon rollt die nächste Optimierungswelle an: die der Industrialisierung der IT-Prozesse per IT-Service-Management", kommentiert Martin Bagsik, Leiter Competence Center Business Service Management bei RDS Consulting. "Wenn diese Industrialisierung End-to-End greifen soll, dürfen die Außenstellen der Unternehmen beim ITSM nicht außen vor bleiben." Bisher, räumt Bagsik ein, würden die Provider solche Einheiten eher als Anhängsel der Unternehmen begreifen. Durchgehend genügend Bandbreite und hohe Quality of Services (QoS) für Echtzeitapplikationen wie Video-Conferencing ließen sich so kaum bewerkstelligen. "Die Anbieter investieren erst, wenn sich der Markt für sie lohnt", beklagt Bagsik. So warten die Anwender auf die Anbieter und umgekehrt. Die Folge: Die Anwender können ihre Geschäftsprozessoptimierung inklusive Sprach- und Videoanteilen in Echtzeit mit einem umfassenden Kommunikations- und Aktionsradius kaum planen. Bagsik fordert deshalb die Provider auf, "endlich in voller Breite die Servicesicht ihrer Kunden mit deren Prozessanforderungen aufzunehmen und ihr Service-Management dahingehend progressiv auszubauen".

Ingo Wupper, Director Solutions Consulting bei Reliance Globalcom, bestätigt: "Die Provider werden sich gegenüber kleineren Unternehmenseinheiten mit ihren Service-Level-Agreements (SLAs) neu positionieren müssen." Nur technische SLAs auf Netzwerkebene reichten nicht aus. "Sie werden sich mit ihren Services und Servicegarantien enger an den Anwendungs- und Prozessanforderungen ihrer Kunden anlehnen müssen. Und sie werden zumindest mit SLAs einstehen müssen, die die Anforderungen der Kundenprozesse und -anwendungen eins zu eins als Leistungswerte auf Netzebene widerspiegeln", konstatiert Wupper. Er spricht vom Application Aware Networking. Der nächste Schritt, Ende-zu-Ende-SLAs auf Sitzungsebene, bleibt nach Wupper der Zukunft vorbehalten. "Zumal solche SLAs aufgrund des hohen Serviceaufwands und der höheren Verbindlichkeit gegenüber den Nutzern ihren Preis hätten", so der Manager weiter. Nur über SLAs auf Sitzungsebene kann der Anbieter die Servicesicht seiner Kunden aufnehmen. Die mobilen Verbindungen mit ihren Bandbreiten-, aber vor allem Verfügbarkeitseinschränkungen werden diesem Ende-zu-Ende-Servicetrend aber kaum folgen können.