DV-Manager-Karussell:

Wer übrig blieb, liegt gut im Rennen

14.12.1984

Zwölf Runden harter Profi-Sport sind ausgeläutet: Knockouts, technische K.o., "blaue Augen", aber auch vielversprechende Newcomer zeigten sich im Ring des DV-Marktes. 1984 war das Jahr der erfolgserprobten "Vordenker". Gilt die Nachfrage des Arbeitsmarktes als Maßstab, hatten Topmanager und Spezialisten Hochsaison. Als Fighter und Experten waren in der COMPUTERWOCHE zu sehen:

Zum Computermann des Jahres 1984 kürte das Wiesbadener Beratungsunternehmen IDC Deutschland GmbH, Magnus Falk, Geschäftsführer der Ericsson Informationen Systems GmbH in Düsseldorf und Länderkoordinator für zentraleuropäische Aktivitäten der Ericsson-Gruppe. Mit dieser Nominierung würdigte IDC nach eigenen Aussagen den Beitrag Falks zur Zusammenführung von Kommunikationstechnik, Datenverarbeitung und Büroautomation in der Bundesrepublik. Der Ericsson-Chef konnte sich jedoch in dem erlangten Ruhm hierzulande nicht lange sonnen.

Die Aufteilung der neu strukturierten Unternehmenszweige in diesem Jahr gab selbst renommierten Ex-IBM-Managern Rätsel auf. So übernahm Karl E. Michel, Geschäftsführer und bisheriger Leiter des gesamten Marketings der IBM, neben seinem Ressort "Neue Märkte" auch die Verantwortung für den neu strukturierten Informationsservice, die Industrieroboter, die biomedizinischen Systeme, das Programmentwicklungszentrum sowie den technischen Außendienst.

Unter dem Arbeitstitel "Vertrieb Neu" (VN) beackerte Bernhard Dorn PC- und Btx-Märkte sowie das Gebiet, der Telekommunikation. Dorn bewegte sich auf der gleichen hierarchischen Ebene wie Hans Kohn, der, ebenfalls unter Michel angesiedelt, dem Absatzzweig "Vertrieb Projekte" (VP) vorstand, dann aber in die Etage seines Ex-Chefs aufrückte.

Kohn stand nun dem Geschäftsbereich "Vertrieb Informationssysteme" vor, der als eigentlicher Umsatzträger der GmbH gilt. Mit dem erst 47jährigen Ex-Assistenten von IBM-Häuptling John R. Opel gelangte eine neue Managergeneration ans Ruder der Stuttgarter Deutschlandzentrale.

Einen scharfen Knick erlitt jedoch in diesem Jahr noch die Karriere des IBM-Managers Hans Kohn: Am ersten Dezemberfreitag entthronte ihn die IBM Deutschland GmbH als Chef des Geschäftsbereiches Vertrieb und Informationssysteme im Zusammenhang mit Wettbewerbsverstößen beim Vermarkten von Hochschulrechnern, und diktierte ihm eine Sonderaufgabe zu. Zum Nachfolger Kohns erkor man Bernhard Dorn, bisher Leiter des Direktionsbereiches Neue Systeme.

Aus dem Vorstand der Nürnberger Triumph-Adler AG (TA) schied zum Jahresende

Harro D. Welzel aus. Der seit 1981 im TA-Management vertretene Welzel verläßt das

Unternehmen "auf eigenen Wunsch" und im gegenseitigen Einvernehmen.

Anstelle von Magnus Falk, der als Europamanager von Ericsson Information Systems nach Schweden zurückkehrt, wurde Welzel alleiniger Geschäftsführer des Unternehmens. Der 50jährige Diplomingenieur für Fernmelde- und Hochfrequenztechnik sammelte seine erste Vertriebserfahrung bei der Valvo GmbH, Hamburg, einem Unternehmen der Philips-Gruppe, bevor er 1974 zum alleinigen Geschäftsführer der Philips Data Systems GmbH in Siegen ernannt wurde. 1982 wurde Welzel in den Vorstand der Triumph-Adler AG für Büro- und Informationstechnik berufen.

Nach 33 Jahren bei IBM verließ der stellvertretende Geschäftsführer Hans Peter Brockhaus das Unternehmen. Der IBM-Aufsichtsrat entsprach seinem Wunsch, das Vorruhestandsangebot auf ihn zu übertragen. Er verstärkt ab September 1984 die Geschäftsführung der ADV/ORGA F.A. Meyer GmbH in Wilhelmshaven. An der Spitze des Geschäftsbereiches Beratung will er seine Erfahrungen aus der langjährigen Überzeugungsarbeit an Verkaufs- und Imagefront einsetzen. Er legt Wert auf "Pioniergeist und hochqualifizierte Mitarbeiter, um die Spitze des Marktes anführen zu können".

Vom stellvertretenden zum ordentlichen Geschäftsführer der Wang Deutschland GmbH, Frankfurt, wurde Dieter Basziszta ernannt. Basziszta war bereits seit etwa zehn Jahren für den amerikanischen Computerhersteller tätig.

Han van de Ven, seit Juli 1982 Geschäftsführer von Wang Deutschland, soll sich als Vicepresident Central Europe verstärkt um die Belange von Österreich und der Schweiz kümmern. Dies waren allerdings nicht die einzigen personellen Veränderungen bei Wang. Mehrere Manager der zweiten Ebene kündigten Ende vergangenen Jahres ihre Mitarbeit bei der deutschen Tochter des weltweit neuntgrößten DV-Unternehmens und wechselten teilweise zur Konkurrenz.

Der Nachfolger steht fest, der Termin in den Sternen: Spekulationen über einen aktuellen Wechsel Nixdorf/Luft blieben ohne Boden. Wenn er sich zurückziehen sollte, so Heinz Nixdorf, habe er Klaus Luft für die Nachfolge vorgesehen. "Um das kontinuierliche Wachstum der Firma zu garantieren", so der Paderborner DV-König, bezieht er deshalb den stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden bereits sei geraumer Zeit in dies engste Zusammenarbeit mit ein.

Lufts Entwicklung bei Nixdorf zeigt seit seinem Eintritt die steile Tendenz nach oben: Zwei Jahre danach war er bereits dem Vorstand für das Ressort Vertrieb verantwortlich. Im Frühjahr 1978 wurde er zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden ernannt - mit 37 Jahren das jüngste Vorstandsmitglied eines deutschen Unternehmens. Seit 1983 ist Klaus Luft verantwortlich für die Bereiche Marketing, Vertrieb nach Amerika, Finanzen und Verwaltung.

Die Apple Computer GmbH in München bekam wieder einen neuen Geschäftsführer. Nach dem überraschenden Weggang von Klaus O. Schmidt, im November 1983, lenkte ab 1. Juni der Marketingleiter des Nürnberger Büromittelherstellers Faber Castell Ralf Deja die Geschicke des Mikrocomputeranbieters.

"Ich bin kein Wunderheiler, sondern habe bisher alles durch harte Arbeit geschafft", charakterisierte Deja seinen Arbeitsstil. Der 42jährige Marketingmann sammelte bislang nationale und internationale Erfahrungen in der Konsumgüterindustrie, wo er sich in Bereichen wie Körperpflege, Kosmetik und Zeichengeräte engagierte.

Nicht gerade zimperlich gingen die neuen Atari-Leader mit ihrem Deutschland-Chef um: Der bisherige Geschäftsführer von Atari Elektronik GmbH in Hamburg Klaus Ollmann, verließ das Unternehmen am 19. Juli 1984. Diesen Vorgang, wie den inzwischen bekanntgewordenen Personalabbau "nach dem Rasenmäherprinzip", leitete Vicepresident David Harris mit neuen Direktiven aus USA ein.

Die offizielle Atari-Verlautbarung stellte Sam Tramiel und David Harris als neue Geschäftsführer vor. Detlev Driemeier, bisher Vertriebsdirektor, war mit sofortiger Wirkung auch für das Marketing in der Pflicht. Doch der neue Ton aus Amerika schien auch ihm nicht zu liegen.

Die Atari GmbH in Hamburg blieb kopflos: der designierte neue Geschäftsführer Detlev Driemeier kündigte seinen Vertrag wenige Tage vor der Eintragung ins Handelsregister im Dezember 1984.

Driemeier - "Garant für Preisstabilität und vertrauensvolle Kontinuität", beschreibt ihn Ex-Atari-Chef Klaus Ollmann - sagte, er wolle die geplante Massenvermarktung der Atari Computer über den Preis nicht mittragen. Dies betreffe vor allem den stärkeren Einstieg bei 16- und 32-Bit-Rechnern.

Die Fujitsu Mikroelektronik GmbH in Frankfurt, vervollständigte ihr Management mit Lothar Boieck. Der 48jährige Sales-Manager für Europa trat zum 1. September in das Unternehmen ein. Er soll das Handelsgeschäft für Mikrocomputer in der Bundesrepublik, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden betreuen. Boieck war zuvor für Olympia, Inforex und als Verkaufsleiter im Fachhandel für Burroughs tätig.

"Ein Verlust, der uns weh tut", kommentierte Bunker Ramo Electronic Data Systems GmbH, München, das Ausscheiden von Geschäftsführer Bernd Michael Reinsch. Seine Nachfolge antreten werden Jochen Beck, als verantwortlich für den Vertrieb, System Engineering und das Marketing und Nicholas Quaiser betreut den Bereich Finanzen, außerdem Personal und Verwaltung sowie Kundendienst.

Der Geschäftsführer der Amdahl Deutschland GmbH, Bernhard Sauer, verließ nach eineinhalbjähriger Tätigkeit auf eigenen Wunsch das Unternehmen. Wie aus Kreisen des Münchner PCM-Anbieters verlautete habe es "unüberwindbare Differenzen" zwischen Sauer und dem Londoner Europamanagement gegeben.

Die Meinungsverschiedenheiten zwischen der deutschen Amdahl-Geschäftsführung und den britischen Vorgesetzten schwellten offensichtlich schon länger. Auch Sauer-Vorgänger Dieter Knoppke verließ Ende 1981 aus den gleichen Gründen das Unternehmen. Wie Knoppke kam auch Sauer unter dem Dach des Hamburger Leasinganbieters ICC unter, wo er die Position eines Geschäftsführers übernahm.

Einer der Pioniere auf dem Gebiet der Computersoftware starb am 31. August: George Tate, 1944 in Tennessee geboren, erlag einem Herzversagen. Mit 20 arbeitete Tate in Kalifornien als Berater für Computer und Elektronikunternehmen. 1980 gründete er zusammen mit Hal Lashlee und einer Kapitaleinlage von 7500 Dollar die Softeam Inc. Dieses Unternehmen war einer der ersten Distributoren, die eine Verbindung zwischen Softwareverlag und Einzelhandel herstellten.

Zusammengefaßte Softwarepakete sollten die steigende Nachfrage der Anwender befriedigen. Mit dem Aufbau von Ashton-Tate, ursprünglich einer Abteilung von Softeam Inc., und dem weltweiten Erfolg des relationalen Datenbankprogrammes dBaseII wurde George Tates Name schlagartig bekannt. Bis zu seinem Tod war er Aufsichtsratsvorsitzender bei Ashton-Tate und Geschäftsführer der Softeam Inc. sowie Software-Centres International, einem Lizenzhaus für den Softwareeinzelhandel.

Das Computerbusiness entwickelt auch für altgediente US-Minister wachsende Anziehungskraft. Nachdem Ex-Außenminister Michael Blumenthal zu Alt-Mainframer Burroughs wechselte, betrat mit Alexander M. Haig ebenfalls ein US-Außenminister den Computermarkt. Das frühere Regierungsmitglied wurde in den von fünf auf sechs Personen erweiterten Board von Commodore International berufen. Außer im Vorstandsbereich ist Haig als Berater für das Unternehmen tätig.

Bei Compaq Computer GmbH, München, wurde der Stuhl des Deutschlandchefs frei. Rainer Hallauer verließ das Unternehmen Ende Juni. "Er ist in völlig harmonischen Einvernehmen ausgeschieden", kommentiert Vizepräsident Eckard Pfeiffer. Der Wechsel zu Compaq war für ihn ein Wechsel in einen neuen Bereich, der nicht unbedingt seinen längerfristigen Erwartungen entsprach, beschrieb Pfeiffer die Situation.

Hallauers Aktivitäten sollten sich "innerhalb eines großen Unternehmens" der Computerbranche auf die Neugestaltung eines Segments richten, vermutete man zu diesem Zeitpunkt. Des Rätsels Lösung: Der ehemalige Compaq-Chef betreut seit 1. Oktober bei der Siemens AG in München den Bereich Personal Computer.

Der Mann der schwarzen Zahlen ging: Dr. Francesco Tato, Vorsitzender der Geschäftsführung der Kienzle Apparate GmbH, Villingen, verließ auf eigenen Wunsch am 31. Oktober das Unternehmen.

Sein Ausscheiden bedauere man, denn als Leiter der Gruppe habe er maßgeblichen Anteil am Kienzle-Erfolg. Die Konzernmutter Mannesmann nannte "persönliche und familiäre" Gründe für den Schritt des 52jährigen Managers.

Mit Tatos Power schaffte die Mannesmann-Tochter in überraschendem Tempo - ein Jahr früher als erwartet - den Sprung zurück auf die positive Seite der Bilanz.

Es hieß zum einen bei Mitarbeitern, die Familie Tatos ziehe es ins Heimatland zurück. Zum anderen hatten die persönlichen Gründe einen recht handfesten Charakter. Der italienische Manager nahm ein "interessantes Angebot wahr" und begann ab 1. November in Mailand ein Arbeitsverhältnis bei einem Unternehmen außerhalb der EDV-Branche.