COMPUTERWOCHE - Gehaltsstudie 2000

Wer sich gut verkauft, kann auch viel verlangen

03.11.2000
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Die Gehälter der Computerfachleute sind in diesem Jahr gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum um fünf bis zehn Prozent gestiegen. Auffällig ist, dass die Arbeitgeber die Zusatzleistungen auf Kosten der Grundvergütung erhöhen.

Der Mangel an IT-Spezialisten hat auch die Vergütungssituation durcheinandergewirbelt. Personaler und auch deren Berater sind mitunter verzweifelt, was sie an Einkommen zahlen müssen für Bewerber, die dann nicht den Erwartungen entsprechen. So erzählte unlängst ein Münchner Headhunter, dass ihm ein Kandidat ein paar Stunden vor der Vertragsunterzeichung abgesprungen sei. Der Computerfachmann, ein Einsteiger mit ersten IT-Erfahrungen verdiente als SAP-Mann 90000 Mark im Jahr, geboten wurden 125000. Schließlich sagte er ab, da 140000 Mark winkten.

Die COMPUTERWOCHE hat nun gemeinsam mit dem Saarbrücker Professor Christian Scholz die zweite Untersuchung über IT-Gehälter fertiggestellt (siehe auch Kasten "Die Studie"), um etwas Transparenz in diesen Markt zu bringen. Die Erfahrungen der Firmen und auch der Personalberater finden ihren Niederschlag in der Studie. Die Schere zwischen niedrigen und hohen Gehältern wird immer größer. In der Untersuchung wurde zum ersten Mal abgefragt, wie sich die Teilnehmer selbst einschätzen, als "Top-Performer" oder als "Well-Performer". Die Korrelation mit dem Gehalt ergibt, dass sich diejenigen, die sich als High-Potentials sehen, auch mehr verdienen. Der Top-Performer erreicht ein Jahresgehalt von 142000 Mark, Otto-Normalbewerber gibt sich mit 119500 Mark zufrieden.

Berufseinsteiger pokern gerne hoch und möchten sich auf keinen Fall unter Wert verkaufen. Verkaufstalent ist gefragt. Hat ein Bewerber bewiesen, dass er seine eigene Qualifikation gut verkaufen kann, stehen ihm alle Türen offen, weiß Michael Neumann, Personalberater bei Hager und Partner in Frankfurt am Main: "Selbst wenn Sie beim Vorstellungsgespräch etwas zu dick auftragen, aber eine charismatische Ausstrahlung mitbringen, ist das kein Beinbruch. Die Firmen können die Neueinsteiger fachlich trimmen", so Neumann.

Zweite auffällige Entwicklung der diesjährigen Auswertung: die Zusatzleistungen sind überdurchschnittlich gewachsen. Es sieht so aus, dass die Arbeitgeber versuchen, den Anstieg bei den Grundgehältern etwas zu bremsen und den Mitarbeitern lieber Projektprämien, Boni, Handy oder gar Dienstwagen zukommen lassen. Bei Informatikern beträgt der leistungsbezogene Anteil 16500 Mark im Jahr, bei Betriebswirten sogar 23000 Mark, während er bei den Wirtschaftsinformatikern nur rund 11000 Mark ausmacht.

Besonders gefreut haben Scholz, dass sich zwei Ergebnisse des Vorjahres bestätigen ließen, für die er viel Kritik ernten musste: Informatiker verdienen besser als Wirtschaftsinformatiker und Absolventen der Berufsakademien besser als die Fachhochschulabgänger. Diese Aussage trifft auch für die aktuelle Studie zu: Konkret bedeutet es, dass die Informatiker durchschnittlich 122000 Mark im Jahr mit nach Hause nehmen und die Wirtschaftsinformatiker 111000 Mark. Am meisten dürfen sich die Betriebswirte freuen, die auf ein Salär von 136000 Mark kommen. Mögliche Erklärung: Die Kaufleute sind bei internationalen Beratungsgesellschaften gern gesehene Bewerber. Dort wird nach einer Bewährungszeit ganz gut gezahlt. Im Übrigen konnten sich die Betriebswirte schon immer besser verkaufen als die Techniker.

Bezüglich der Abschlüsse schneiden die Absolventen eines Master-of-Business-Administration-Studiums (MBA) am besten ab. Wer ihn vorweisen kann, darf sich auf ein durchschnittliches Jahressalär von etwa 160000 Markfreuen, im Vorjahr waren es noch 150000. Selbst eine Promotion wird von Firmenchefs um einiges schlechter bewertet (141000 Mark Jahresgehalt) als der Management-orientierte MBA-Abschluss.

Bestätigt fühlen dürfen sich die Berufsakademien (BA), dass sie mit ihrem Konzept - die enge Verzahnung von Praxis und Theorie - richtig liegen; auch wenn die Professoren der "richtigen", wissenschaftlichen Hochschulen über diese Ausbildungsform gern lästern und über eine bessere Lehre sprechen. Die BA-Absolventen kommen auf ein Jahresgehalt von 125000 Mark (Vorjahr 113000), die Fachhochschulkollegen müssen sich indes mit 112000 Mark begnügen (Vorjahr 100000).

Zum ersten Mal hat die Studie die Chefgehälter ermittelt. Im Durchschnitt erreicht ein Vorstand beziehungsweise ein Geschäftsführer 281000 Mark per annum. Die ernstzunehmende Spanne reicht hier von 125000 Mark bis zu über einer Million. Darunter sieht es dann schon etwas bescheidener aus: Auf der zweiten Ebene müssen sich die Häuptlinge mit 151000 Mark begnügen und eine Ebene darunter mit 134000 Mark. Zusätzlich abgefragt wurde auch das Einkommen des Projektleiters, das sich ebenfalls bei 134000 Mark bewegt.

Die Branche und der Ort, an dem die Computerfachleute ihre Tätigkeit ausüben, beeinflussen ebenfalls das Salär. Keine Überraschung dürfte sein, dass die höchsten Gehälter bei den Software- und Beratungshäusern gezahlt werden. Die Studie weist hier einen Durchschnittswert von 138000 Mark aus. Auch die Industrie zahlt mit Durchschnittsgehältern von 122000 Mark nicht schlecht. Schlusslicht bildet die Transport- und Verkehrsbranche mit 102000 Mark, immerhin eine Steigerung von fast 6000 Mark gegenüber dem Vorjahr.

Wie auch im vergangenen Jahr gelten München und Frankfurt am Main als die Hochburgen der Programmierer, aber auch Köln hat langsam nachgezogen. Die Einkommen in diesen Städten liegen im Durchschnitt bei rund 125000 Mark. Von den Großstädten liegt Nürnberg aus Arbeitgebersicht mit 105000 Mark noch am günstigsten. Von den Berufsgruppen schneiden die Berater am besten ab. Sie erreichen im Durchschnitt 139000 Mark. Bei den reinen Spezialisten kommen die Datenbankexperten besonders gut weg, sie verdienen 133000 Mark, Netzwerkexperten und Entwickler müssen sich mit weniger zufrieden geben, nämlich mit 116000 Mark.

Die Studie

Im Sommer 2000 organisierte die COMPUTERWOCHE gemeinsam mit Christian Scholz, Professor für Organisation, Personal- und Informations-Management an der Universität Saarbrücken, ihre zweite Vergütungsuntersuchung. Der Fragebogen war in der COMPUTERWOCHE abgedruckt, konnte aber auch über das Internet ausgefüllt werden, was dann auch über 80 Prozent der Teilnehmer taten.

Die Teilnehmer

An der Aktion beteiligten sich 647 Einzelpersonen und 13 Unternehmen. Die Firmenantworten bezogen sich auf zusammen 2500 Stellen. Insgesamt wurde mit 700 Datensätzen gearbeitet. Damit es zu keinen statistischen Verzerrungen kommt, wurden Firmenfragebögen, die für mehrere Mitarbeiter der gleichen Gehaltslage galten, als nur einer gewertet.

Wenn von Jahresgehältern die Rede ist, sind alle Zusatz- und Nebenleistungen von Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld über Unfallversicherung bis zum Dienstwagen berücksichtigt. Die Studie hat die Einkommen in eine Grund- und eine Gesamtvergütung unterteilt.

Bezüglich des Alters der Teilnehmer ergibt sich ein recht homogenes Feld. Bis 30 Jahre waren 19 Prozent, 31 bis 35 Jahre 33 Prozent, 36 bis 40 Jahre 22,5 Prozent und ab 40 Jahren 18 Prozent. Weniger ausgeglichen sieht es bei den Abschlüssen aus. Nur 8,5 Prozent sind diesmal Absolventen einer Fachhochschule; im vergangenen Jahr waren es noch 22, dafür war mit 37 Prozent die Beteiligung der Uni-Abgänger umso größer. Einen Abschluss an einer Berufsakademie (BA) besitzen 23,5 Prozent, 10,5 Prozent haben eine Lehre absolviert. 17 Prozent der Antwortenden sind Informatiker, 14 Prozent Ingenieure, neun Prozent Betriebswirte und 8,5 Prozent Wirtschaftsinformatiker.