Wer's glaubt, den spricht Gates selig

17.05.1996

Niemand denkt bei der Nennung von Cairo an die gleichnamige Nil-Metropole. Der Grund: Anno 1993 startete Microsoft seinen Werbefeldzug für ein vollständig objektorientiertes Betriebssystem unter dieser Codebezeichnung. Es sollte 1995 auf den Markt kommen und alle potentiellen Konkurrenzprodukte von Next über IBM bis hin zu Apple vom Markt jagen. Millionen Anwender haben der Gates-Company geglaubt.

Doch Microsoft mußte die Freigabe von Cairo immer wieder verschieben, zuletzt auf 1998. Auch von der versprochenen Objektorientierung ist nach der Aufgabe des Object File Systems kaum mehr als die eher schwerfällige OLE-Technik geblieben. Dennoch hat Gates sein Ziel erreicht. Das Gros der Anwender schwenkte vertrauensvoll auf die Windows-Linie ein. Und obwohl sie weit mehr Objekttechnik zu bieten haben, sind die Mitbewerber längst als exotische Außenseiter abgestempelt.

Um so zynischer ist es, wenn sich jetzt die Cairo-Entwickler als Opfer eines "Hypes" darstellen und argumentieren, den überzogenen Erwartungen des Marktes könne man unmöglich gerecht werden. Der Beschwerdekasten gehört an die Tür zu Bill Gates' Büro genagelt.

PS. Ende 1995 hat Microsoft übrigens eine neue Kampagne gestartet, in der sich das Unternehmen als Marktführer im bis dahin verschlafenen Internet-Markt positioniert. Wer's glaubt, den spricht Gates selig.