Kommentar

Wer permanent Feuerwehr spielt, hat keinen Freiraum für Digitalisierung

Kommentar  17.02.2017
Von 
Steffen Eisenhut ist mit IT groß geworden. Business Prozesse und Arbeitsabläufe in Software abzubilden ist seine Spezialität. Steffen Eisenhut arbeitet als zertifizierter IT Business Architekt bei Bechtle. Sein Schwerpunkt liegt in der strategischen Beratung mittelständischer Unternehmen bei der Entwicklung ihrer IT sowie in der Modellierung und Dokumentation ihrer Geschäftsprozesse.
Digitalisierung ist das Thema für deutsche Unternehmer. Doch gerade mittelständische Unternehmen tun sind schwer, die notwendigen Prozesse in Gang zu setzen. Das liegt daran, dass sie IT nicht als Produktivfaktor sehen.

Wir alle kennen die Situation: Mit größeren Datenmengen werden Storage-System und Backup-Fenster zu klein. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Doch ständig funkt das Tagesgeschäft dazwischen: Die Firewall arbeitet seit dem letzten Update nicht mehr korrekt, Mitarbeiter haben sich aus ihren Systemen ausgesperrt und das Systemmanagement meldet, dass sich bald eine Festplatte im Server verabschieden wird. Die IT-Abteilung hat alle Hände voll zu tun, den Geschäftsbetrieb am Laufen zu halten.

Weil es an allen Stellen brennt, hat die IT keinen Freiraum für strategische Überlegungen.
Weil es an allen Stellen brennt, hat die IT keinen Freiraum für strategische Überlegungen.
Foto: herjua - shutterstock.com

Solche Situationen treffe ich bei vielen mittelständischen Unternehmen an. Und genau hier liegt die Problematik. In den meisten Unternehmen arbeitet die IT rein reaktiv. Aber wer permanent damit beschäftigt ist, Feuerwehr zu spielen, der hat keinen Freiraum für strategische Überlegungen. Die sind aber nötig, möchte man sein Unternehmen in Sachen Digitalisierung voranbringen. Das Fazit: Die IT kommt schlicht nicht dazu, sich mit dem Thema zu beschäftigen.

Dann gibt es noch einen zweiten Punkt: Ganz wichtig ist der Dialog der IT mit den Fachabteilungen und der Geschäftsleitung. Doch den zu führen, fällt vielen IT-Verantwortlichen nicht leicht. IT-Leiter verschanzen sich häufig hinter einzelnen Projekten oder haben Angst, dass die Fachabteilungen zu hohe Ansprüche oder falsche Erwarten haben könnten. In vielen Fällen liegt das daran, dass die IT-Leiter einen starken technischen Hintergrund haben und eben nicht wie IT-Manager denken.

Lieber wird sich hinter blinkenden Lämpchen versteckt

Daher genießt die IT in den wenigsten mittelständischen Unternehmen als strategischer Ansprechpartner das Vertrauen der Geschäftsleitung oder den Status einer Stabsstelle. Die IT wird als reiner Kosten- und eben nicht als Produktivfaktor gesehen. Weil aber gerade bei der Digitalisierung die IT die Abteilung ist, ohne die Veränderung nicht stattfinden kann, bleiben sinnvolle Initiativen stecken oder starten noch nicht einmal. In vielen Fällen entsteht aus der Unzufriedenheit der Fachabteilungen Schatten-IT.

In der täglichen Arbeit habe ich festgestellt, dass häufig die IT die Verantwortung trägt: Denn wer sich hinter blinkenden Lämpchen im Rechenzentrum versteckt, statt mit den Fachabteilungen zu sprechen, wird die Schatten-IT forcieren. Digitalisierung braucht Veränderung in der Unternehmenskultur. Deswegen verstehe ich mich auch als Vermittler zwischen der IT und der Geschäftsleitung, denn das Ziel muss es letztlich sein, Geschäftsprozesse zu analysieren und im Zusammenspiel mit der IT optimierte Prozesse zu modellieren und bei deren Umsetzung und Implementierung zu unterstützen. (mb)