Stefan Ropers im Interview

„Wer langfristig erfolgreich sein will, muss offen für Veränderungen sein“

17.11.2017
Von Florian Kurzmaier
Anzeige  Mit Adobes Managing Director Central Europe, Stefan Ropers, haben wir wenige Tage vor dem Adobe Symposium in München gesprochen – über die Rolle der IT im „Experience Business“, aber auch über Lerneffekte aus der eigenen Transformation des Software-Hauses.

Herr Ropers, ein großes - wenn nicht sogar das größte - Thema für Adobe ist ja die Customer Experience, die für Sie "noch immer stiefmütterlich behandelt" (Horizont) wird. Was genau verstehen Sie unter diesem Begriff?

Stefan Ropers: Wenn wir von der Customer Experience sprechen, meinen wir die Schaffung eines herausragenden (digitalen) Erlebnisses, das den Kunden in seinem Kontext mit einem situativen und personalisierten Angebot "anspricht". Dieses Erlebnis berührt ihn im besten Fall emotional, inspiriert und begeistert ihn und schafft somit konkreten Mehrwert. Für Unternehmen dagegen bedeutet Customer Experience den smarten Einsatz von Daten, um den richtigen Content zur richtigen Zeit an die richtigen Kunden auszuliefern. Damit entscheiden Unternehmen selbst darüber, ob die eigene Marke und die eigenen Produkte im Gedächtnis der Kunden verankert werden.

„IT-Entscheider müssen künftig stärker als Berater fungieren und Unternehmen bei der Umsetzung ihres Experience Business unterstützen“, sagt Adobes Managing Director Central Europe, Stefan Ropers.
„IT-Entscheider müssen künftig stärker als Berater fungieren und Unternehmen bei der Umsetzung ihres Experience Business unterstützen“, sagt Adobes Managing Director Central Europe, Stefan Ropers.
Foto: Adobe

Wie lässt sich aus Ihrer Sicht das Thema Kundenerlebnisse aus der stiefmütterlichen Behandlung raus ins Rampenlicht holen? Welche Voraussetzungen müssen dafür geschaffen werden - sowohl strategisch, als auch mit Blick auf Organisationsstrukturen und Technologie?

Ropers: Wir befinden uns im Zeitalter des vernetzten Konsumenten. Die Erwartungen an die Customer Experience steigen, denn nie zuvor wurden so viele Inhalte auf so vielen Geräten konsumiert und gleichzeitig so viele Daten generiert. Damit eröffnen sich enorme Potenziale für die Schaffung digitaler Erlebnisse - denn mit ihnen können Kundenbedürfnisse identifiziert und Inhalte kreiert werden. Im Zentrum steht dabei ein ganzheitlicher 360-Grad-Blick auf den Kunden, der eine gut organisierte und funktionierende Zusammenarbeit der einzelnen Aufgabenfelder zur Bedingung hat. Schließlich werden aus großen Datenmengen erst dann smarte Informationen, wenn verschiedene Datenpunkte aggregiert und intelligent zusammengeführt werden. Doch genau an diesem Punkt hapert es in vielen Unternehmen: Die Verknüpfung relevanter Kundeninformation droht vielfach an gewachsenen Silo-Strukturen zu scheitern. Um das zu verhindern, ist bei den meisten Unternehmen strukturelles Umdenken gefragt. Übergreifende Teamstrukturen und ganzheitliche Prozesse sind heute nötig, wenn in der Kundenkommunikation ein Rädchen ins andere greifen soll. Dank moderner Technologien können Unternehmen heute besser denn je die Kontrolle über das Kundenerlebnis übernehmen. Oder vielmehr: Sie müssen es, um auch in Zukunft erfolgreich zu bleiben.

"Künftig erfolgreich sein" ist ein gutes Stichwort: Adobe war eines der ersten großen Unternehmen, das sich in einem disruptiven Schritt ins as-a-Service-Geschäftsmodell begeben hat. Wie haben Sie bei Adobe diesen Wechsel strategisch und mit Blick auf Ihre Infrastrukturen gemeistert?

Ropers: Vor sieben Jahren hat Adobe die Transformation vom Hersteller klassischer Box-Software zu einem der führenden Anbieter von Creative-, Marketing- und Document Cloud-Lösungen und -Services erfolgreich vollzogen. Dabei wurde das gesamte Geschäft und Unternehmen umgekrempelt, die gesamte Infrastruktur auf die Cloud angepasst, die Mitarbeiter motiviert und unsere Kunden durch ein neues, kundennäheres Modell begeistert und inspiriert. Die Umstellung auf die Cloud und der Ausbau der zahlreichen Marketinglösungen waren für uns der logische Schritt, um Inhalte nicht nur kreieren, sondern auch messbar und optimiert ausspielbar zu machen. Als entscheidende Erfolgsfaktoren dieses Wandels haben sich nicht zuletzt unsere einzigartige Dynamik, Internationalität, flache Hierarchien und die enge Beziehung zu unseren Partnern und Kunden bezahlt gemacht.

Ganz ohne Friktion war Veränderung des Geschäftsmodells aber sicher nicht machbar. Mit welchen internen Herausforderungen hatten Sie als Organisation im Zuge dieses Wandels zu kämpfen?

Ropers: Der technologische Fortschritt hat immer auch die Disruption bisheriger Muster zur Folge. Wir haben einen kompletten Change-Prozess vollzogen und neue Märkte erobern können. Ein grundlegender Wandel wie dieser ist aber nicht mit einem Mal erledigt, sondern ein andauernder Prozess und muss im Unternehmen als solcher gelebt werden. Digitale Transformation ist Chefsache! Ein wenig Veränderung ist da keine Option. Kompromisslos neu denken und mit Altem brechen geht aber nur, wenn man wie ein Start-up bei null startet. Diese Herausforderung haben wir gemeistert - dafür mussten wir zunächst die bekannten Pfade verlassen und uns komplett neu erfinden. Dieser Veränderungsprozess spiegelt sich auch in unserer Unternehmenskultur wider: Unsere Mitarbeiter sind in Entscheidungen und Prozesse eingebunden. Den Dialog mit allen Mitarbeitern fördern wir nicht zuletzt durch unsere flachen Hierarchien. Eine fehlerverzeihliche, von Respekt und Offenheit geprägte Kultur ist dafür entscheidend.

Inwieweit waren die Veränderungen in Richtung eines cloudbasierten Abo-Modells ein aktives "vor den Kopf stoßen" der eigenen Kunden, um wiederum langfristig Mehrwerte für die Kunden zu sichern?

Ropers: Wir bewegen uns in einem äußerst dynamischen Markt, der sich fortlaufend verändert und immer wieder neue Entwicklungen hervorbringt. In diesem Umfeld bedeutet Stillstand nicht nur Rückschritt, sondern führt auf lange Sicht selbst für etablierte Marken zum Absturz. Unser Ziel war und ist es daher, den Adobe-Kunden zu jeder Zeit und für alle Bereiche die bestmöglichen Lösungen und Features anzubieten, die allen aktuellen und künftigen Entwicklungen gerecht werden. Genau das wissen unsere Kunden seit jeher zu schätzen.

Hat sich dadurch jenseits des Delivery-Modells auch eine Veränderung der Kundenbeziehung oder Zielgruppe ergeben?

Ropers: Durch die Umstellung sind wir zu einem Tech-Anbieter, Partner und Berater für Unternehmen und Marken in der Digitalen Transformation geworden. Und als solcher werden wir inzwischen auch von unseren Kunden wahrgenommen - näher dran, transparenter und auch relevanter.

Ihr Unternehmen steht ja neben seinen Kreativ-Produkten auch für eine Vielzahl von Marketing- und Analytics-Tools, die Sie in Ihrer "Experience Cloud" zusammengefasst haben. Wo sehen Sie die Mehrwerte Ihrer Lösungen für die IT-Organisationen?

Ropers: Mit der Experience Cloud hat Adobe 2017 eine Komplettlösung geschaffen, die Unternehmen dabei hilft, begeisternde Kundenerlebnisse zu liefern. Die Adobe Experience Cloud führt nun die Adobe Marketing Cloud, Adobe Advertising Cloud und Adobe Analytics Cloud auf der Adobe Cloud Plattform zusammen und basiert dabei auf den Fähigkeiten von Adobe Sensei im Bereich des maschinellen Lernens und der KI. Gleichzeitig umfasst die Experience Cloud auch Enterprise Lösungen und Services der Creative Cloud und der Document Cloud. Auch Schnittstellen zu anderen gängigen CRM-, ERP- und Data-Warehouse-Systemen sind Teil der Adobe Experience Cloud.

Der IT-Track des Adobe Symposiums in München - zu dem man sich hier noch anmelden kann - setzt an der Schnittstelle zwischen IT und Business an - und damit an einer entscheidenden Stelle für durchgängige Customer Experience. Wo sehen Sie vor diesem Hintergrund die Rolle der IT in der digitalen Unternehmensorganisation von morgen?

Ropers: Neue Technologien bieten völlig neue Möglichkeiten der Kundenkommunikation. Die Herausforderung besteht nun darin, diese Möglichkeiten in begeisternde Kundenerlebnisse zu übersetzen, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Unsere aktuelle Adobe-Studie "Digitale Trends 2017 in der IT-Branche" zeigt, dass sich die Rolle der IT-Verantwortlichen radikal verändert. Der moderne CIO muss als Motor der Digitalisierung im Unternehmen fungieren! Hierfür ist es entscheidend, die Prioritäten der einzelnen Geschäftsbereiche im Unternehmen genau zu kennen und bei allen Anforderungen zu wissen, wie Technologie optimal eingesetzt werden kann. Er wird somit zum Enabler und Strategen der digitalen Transformation.

Welche Herausforderungen müssen Entscheider in IT und Fachbereichen gemeinsam adressieren, um künftig durchgängige Customer Journeys zu kreieren?

Ropers: In der zunehmend vernetzten Welt stehen Verbraucher und ihr persönliches Erlebnis im Fokus. Für den größtmöglichen Unternehmenserfolg gilt es für IT und Fachbereiche daher, gemeinsam Erlebnisse zu schaffen, die kanalübergreifend so konsistent, relevant und begeisternd sind, dass die Kunden den Mehrwert erkennen und diesen nutzen. Voraussetzung ist die richtige Kombination aus Daten, Design und relevantem Content im Teamwork: Die Fachbereiche liefern den richtigen Content und das Design, die IT schafft das nötige digitale Fundament, die technologische Infrastruktur, mit denen Daten organisiert, erfasst, gespeichert und analysiert, Inhalte erstellt und veröffentlicht und die Inhalte für alle digitalen und Offline-Kanäle verwaltet werden. Nur gemeinsam werden beide Seiten erfolgreich ins Experience Business durchstarten können.

Vielen Dank für dieses Interview! (fk)