SaaS

Wer hat Angst vor Software as a Service?

23.06.2008
Viel stärker als durch Kinderkrankheiten und Unzulänglichkeiten der Angebote wird Software as a Service durch psychologische Bedenken der IT-Verantwortlichen gebremst.

Auf diese rhetorische Frage gibt es nur eine Antwort: Alle!

Die Anbieter fürchten das Modell Software as a Service, weil es sehr viel höhere Produkt-, pardon, Servicequalität verlangt als heute oft geliefert wird. Schließlich muss nicht nur der Dienst selbst 24 x 7 zur Verfügung stehen, sondern auch auf alle benötigten Teilservices (früher auch Funktion genannt) müssen die Endanwender beim Kunden jederzeit zugreifen können. Dabei darf zum einen kein Unterschied bemerkbar sein zu einer lokalen Anwendung, dabei müssen die Services genauso sicher und (mindestens) genauso komfortabel und einfach zu bedienen sein. Darüber hinaus haben die Anbieter dafür zu sorgen, dass zum Beispiel neue Gesetze immer rechtzeitig berücksichtigt werden und - ach ja - das Ganze soll auch noch billiger sein, als eine selbstbetriebene Applikation. Damit sind schon die wichtigsten Gründe aufgezählt, warum sich Anbieter vor SaaS fürchten könnten. Einige trotzen dieser Angst und stellen sehr erfolgreich Services zur Verfügung, die nicht allzu sehr auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten werde müssen. Deshalb ist CRM als SaaS so erfolgreich und ERP überhaupt nicht, wie die SAP zurzeit mit ihrem Mittelstandsprodukt Business ByDesign erfahren muss.

Christoph Witte, Herausgeber der COMPUTERWOCHE.
Christoph Witte, Herausgeber der COMPUTERWOCHE.
Foto: Christoph Witte

Aber warum fürchtet sich der Anwender? Er hat doch eigentlich keinen Grund. Er muss nur noch bezahlen, weiß, wie viel er, in welcher Zeit für die IT-Services ausgeben muss und wie viel er dafür bekommt. Doch das klingt zum einen sehr viel einfacher, als es heute noch ist, und zum anderen kratzt es gewaltig am Selbstverständnis der Unternehmens-IT. Dabei bremst die Psychologie weitaus heftiger als die tatsächlichen praktischen Unzulänglichkeiten, die von SaaS-Skeptikern immer wieder ins Feld geführt werden. Wäre die Nachfrage höher, stünden Anbieter auch stärker unter Druck Qualität, Verfügbarkeit und Anpassbarkeit ihrer Services zu verbessern. Für die Theorie von der hohen psychologischen Barriere spricht auch, dass deutsche IT-Chefs SaaS offenbar viel problematischer sehen als ihre Kollegen in England oder in den USA. Dort akzeptieren CIOs managed Services und SaaS-Angebote ohne großes Lamento. In Deutschland hingegen fragen sich die IT-Verantwortlichen offenbar: Was soll ich denn tun, wenn die Software benutzerfertig ins Haus kommt? Sie können sich offenbar nur schwer daran gewöhnen, ohne eigene (zumindest mit viel weniger) Software-Entwickler auszukommen, mit einem viel kleineren Maschinenpark und einem veränderten Aufgabenbereich.

Dabei gäbe es viel zu gewinnen. Anstelle in erster Linie an der Delivery gemessen zu werden (wer nicht liefert ist tot), könnten sich IT-Chefs beispielsweise auf ihre vielbeschworenen Prozesskenntnisse konzentrieren und so mithelfen, die Abläufe ihrer Unternehmen effizienter zu machen und neue zu entwickeln. Ihr Wert für das Unternehmen stiege um ein Vielfaches. Ähnliches gilt für die Bereiche Projektmanagement. Architektur und Bebauungspläne. Aber leider scheint dem CIO der Ärger, den er kennt (warum läuft das nicht? Warum ist das so teuer?), lieber zu sein als das Risiko neue Wege zu gehen.

Weitere Meinungsbeiträge und kurze Analysen finden Sie im Blog des Autors unter www.wittes-welt.eu.