Blackberry 10, Windows Phone 8, Tizen, Firefox OS

Wer gewinnt das Rennen um das dritte mobile Ökosystem?

15.04.2013
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.

Firefox OS: Smartphone-OS für die nächste Milliarde?

Mozilla setzt bei Firefox auf HTML5 und andere Web-Tugenden.
Mozilla setzt bei Firefox auf HTML5 und andere Web-Tugenden.
Foto: Mozilla

Dem einstmals als "Boot to Gecko" von der Mozilla Foundation gestarteten mobilen Betriebssystem sieht man seine Herkunft aus dem Browser- oder generell Web-Umfeld gar nicht an – zumindest oberflächlich. Bei der Bedienung erinnert Firefox OS mit Sperr- und Startbildschirm, Benachrichtigungsleiste sowie App-Übersicht an vergleichbare Systeme wie Android, iOS oder Windows Phone. Die Unterschiede stecken primär unter der Haube: So nutzt Firefox OS die Fähigkeiten des Web-Standards HTML5 und der Skriptsprache JavaScript, um direkt auf Hardware-Ressourcen zugreifen zu können. Beim Start werden Web- und JavaScript-Engine - also die Basis-Software zur Ausführung von entsprechendem Code - in den Arbeitsspeicher des mobilen Geräts geladen.

Relevant könnte Firefox OS insbesondere deswegen werden, weil es gleich von einer ganzen Reihe von Mobilfunkanbietern Rückendeckung erhält. 17 große Netzbetreiber weltweit haben sich der Initiative für offene Firefox-Webgeräte verpflichtet: América Móvil, China Unicom, Deutsche Telekom, Etisalat, Hutchison Three Group, KDDI, KT, MegaFon, Qtel, SingTel, Smart, Sprint, Telecom Italia Group, Telefónica, Telenor, TMN und VimpelCom. Für sie ist das Betriebssystem vor allem wegen der Möglichkeit interessant, eigene Marktplätze zu betreiben und so an Apple oder Google vorbei mehr mit Anwendungen und Services zu verdienen.

Insbesondere in Schwellenländern, wo gerade die Zahl der Smartphone-Nutzern deutlich wächst, wollen sie daher entsprechende Einsteigergeräte als Alternative zu Android-Devices platzieren. Auf den europäischen Markt will die Telekom als erster Mobilfunkanbieter ein Smartphone mit dem Mozilla-Betriebssystem bringen: Im Sommer startet der Vertrieb des Alcatel One Touch Fire in Polen. Weitere Länder in Osteuropa sollen noch in diesem Jahr folgen.

Bereits im Sommer starten die ersten Carrier mit Firefox OS.
Bereits im Sommer starten die ersten Carrier mit Firefox OS.
Foto: Telekom

Ob sich die Plattform in Industrieländern durchsetzen kann, bleibt angesichts der niedrigen Hardware-Voraussetzungen abzuwarten. Damit Smartphones das Firefox-Logo tragen dürfen, müssen die Geräte mindestens eine Single-Core-CPU mit 800 MHz und 256 MB RAM haben. Und auch die Mindestanforderung an das Display ist mit einer QVGA-Auflösung (320 mal 240 Pixel) nicht sehr hoch. Die Marktforscher von Strategy Analytics gehen entsprechend für das laufende Jahr nur von ein Prozent Marktanteil im weltweiten Smartphone-Markt aus und verweisen darauf, dass das gesamte Ökosystem von Firefox OS mit Apps und Services noch relativ unerprobt ist.

Tizen: Samsungs Plan B

Dass Samsung und Android kaum mehr als eine Zweckgemeinschaft darstellen, dürfte mittlerweile weitläufig bekannt sein. Der Hersteller hat das Google-Betriebssystem und Benutzeroberfläche um zahlreiche Funktionen erweitert und verkauft mit Samsung Apps und Video Hub bereits eigene Inhalte auf den Geräten.

Spätestens seit der Übernahme von Motorola Mobility durch Google arbeiten die Südkoreaner verstärkt an einer Alternative, um ihre Abhängigkeit von Android zu reduzieren. Nach Schätzungen von Marktexperten laufen aktuell mehr als 90 Prozent der verkauften Samsung-Smartphones mit Android. Nachdem Bada und Windows Phone bislang nicht die Erwartungen erfüllten, scheint der Handy-Riese mit der Open-Source-Plattform Tizen nun die ideale Lösung für Plan B gefunden zu haben und arbeitet daran, falls notwendig von Google unabhängig zu sein.

Auch das erste Tizen-Smartphone soll schon im Sommer kommen.
Auch das erste Tizen-Smartphone soll schon im Sommer kommen.
Foto: Tizen Foundation

Der Vorstoß darf nicht unterschätzt werden: Neben den Koreanern sitzen außerdem die Hardwarehersteller Fujitsu, Huawei, Intel, NEC und Panasonic im Verwaltungsrat der Tizen Association. Mit an Bo(a)rd sind zudem große Carrier wie NTT Docomo, Orange, Sprint oder Vodafone. Und auch bis zum Launch der ersten Tizen-Geräte wird es nicht lange dauern. Wie ein hochrangiger Samsung-Manager kürzlich in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur „Bloomberg“ ankündigte, wird der Konzern bereits im August oder September sein erste Smartphone mit Tizen-Betriebssystem herausbringen.

Lee Young Hee, Executive Vice President von of Samsung’s Mobile-Sparte, zufolge, handelt es sich dabei um eines von drei Highend-Smartphones, die die Koreaner in diesem Jahr herausbringen wollen. Eines davon hat Samsung bereits mit dem Galaxy S4 vorgestellt, außerdem steht die neue Generation des Phablets Galaxy Note in den Startlöchern.

Der schnelle Vorstoß wird dabei offenbar dadurch erleichtert, dass Samsung und Co. nicht erst Entwickler um ihre Unterstützung bitten müssen. Der Application Compatibility Layer von OpenMobile (PDF) erlaubt es nämlich, dass Android-Anwendungen unmodifiziert auf Tizen-Geräten laufen. Und auch sonst ist dank der hauseigenen Touchwiz-Oberfläche gut möglich, dass nicht so technikaffine Nutzer nicht einmal merken, dass ihr neues Samsung-Smartphone gar nicht mit Android läuft. Was die Business-Tauglichkeit von Tizen anbelangt, kann derzeit nur spekuliert werden. Unumstritten ist jedoch, dass die Koreaner mit ihrem SAFE-Programm (Samsung for Enterprise) bereits ihr Interesse an Business-Kunden bewiesen haben und gute Beziehungen zu MDM-Anbietern wie Airwatch oder MobileIron pflegen.