Der Arbeitgeber muss nicht immer zahlen

Wer fruehzeitig kuendigt, setzt sein Weihnachtsgeld aufs Spiel

05.01.1996

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte kuerzlich Gelegenheit, zu der immer wieder auftauchenden Frage, unter welchen Umstaenden ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Gewaehrung einer Weihnachtsgratifikation hat, Stellung zu nehmen.

Der Entscheidung des BAG lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klaegerin, eine Arbeitnehmerin, war aufgrund eigener Kuendigung zum 1. Dezember 1989 aus dem Arbeitsverhaeltnis mit der in der Textilindustrie taetigen Beklagten, also der Arbeitgeberin, ausgeschieden. Die Beklagte zahlte seit 1981 an ihre Mitarbeiter jaehrlich eine Weihnachtsgratifikation, behielt sich dabei die Freiwilligkeit der Leistungen aber jeweils vor. Die Klaegerin erhielt zuletzt im Dezember 1988 eine Weihnachtsgratifikation. Dieser lag der folgende Aushang der Beklagten, der im wesentlichen den Aushaengen der vergangenen Jahre entsprach, zugrunde:

"An unsere Belegschaft!

Wir bedanken uns recht herzlich fuer die gute Mitarbeit zurueckblickend auf das Jahr 1988. Als Anerkennung fuer Ihre Leistung zaehlt auch die Weihnachtsgratifikation.

Dies ist eine freiwillige Zuwendung."

Die Beklagte zahlte auch im Jahre 1989 an ihre Belegschaft nach einem gleichlautenden Aushang vom 14. Dezember 1989 eine entsprechende Weihnachtsgratifikation. Die Klaegerin erhielt diese Zuwendung wegen ihres Ausscheidens am 1. Dezember 1989 nicht.

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass in diesem Falle der Klaegerin ein Anspruch auf Zahlung einer anteiligen Weihnachtsgratifikation fuer das Jahr 1989 nicht zusteht. Zur Begruendung hat das BAG ausgefuehrt, dass die Parteien in dem Arbeitsvertrag nicht vereinbart haetten, dass ein Weihnachtsgeld zu zahlen ist. In dem fuer die Textilindustrie geltenden Tarifvertrag seien Jahressonderzahlungen - wie zum Beispiel eine Weihnachtsgratifikation - zwar vorgesehen.

Freiwilligkeit der Zahlung kommt klar zum Ausdruck

Der Tarifvertrag gelte hier aber nicht, da die Parteien nicht tarifgebunden seien, der Tarifvertrag nicht fuer allgemeinverbindlich erklaert worden und in dem Arbeitsvertrag auch nicht auf den Tarifvertrag Bezug genommen worden sei.

Die Klaegerin koenne, so das BAG weiter, einen solchen Anspruch auch nicht auf eine sogenannte betriebliche Uebung stuetzen. Ein Anspruch der Klaegerin auf Zahlung der Weihnachtsgratifikation infolge dreimaliger vorbehaltloser Zahlung sei nicht entstanden, da die Aushaenge der Beklagten in den Jahren 1981 bis 1988 jeweils die Freiwilligkeit der Zuwendung zum Ausdruck gebracht haetten. Damit bestaenden die Voraussetzungen einer betrieblichen Uebung nicht. Der jeweilige Freiwilligkeitsvorbehalt fuehre dazu, dass die Arbeitnehmer lediglich einen Anspruch auf Zahlung der Weihnachtsgratifikation fuer das Jahr, in dem die Leistung durch Aushang angekuendigt worden sei, erwerben wuerden. Ein Anspruch auf alljaehrliche Gewaehrung der Sonderleistung entstehe nur bei mehrjaehriger vorbehaltloser Zahlung.

Die Klaegerin koenne ihren Anspruch auch nicht auf eine Zusage der Beklagten stuetzen. Zwar habe diese auch im Jahre 1989 an ihre Belegschaft eine Weihnachtsgratifikation gemaess einem Aushang gewaehrt, der im wesentlichen den Aushaengen der vergangenen Jahre entsprochen habe. Der Bestand eines unge-kuendigten Arbeitsverhaeltnisses koenne danach zwar nicht als Voraussetzung fuer die Zahlung der Weihnachtsgratifikation gelten.

Da die Klaegerin jedoch mit dem 1. Dezember 1989 bereits aus dem Arbeitsverhaeltnis ausgeschieden sei, sei ihr gegenueber die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation nicht zugesagt worden, da sie nicht mehr zu dem Adressatenkreis des Aushanges gehoert habe. Der Aushang vom 14. Dezember 1989 habe sich ausdruecklich "an unsere Belegschaft" gerichtet. Die Klaegerin habe aber zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zur Belegschaft der Beklagten gezaehlt.

Ein etwaiger Anspruch der Klaegerin auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation fuer das Jahr 1989 folge auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Nach der staendigen Rechtsprechung des BAG sei der Arbeitgeber, der in seinem Betrieb nach von ihm aufgestellten allgemeinen Regeln freiwillige Leistungen gewaehre, an den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden. Danach sei es ihm verwehrt, in seinem Betrieb einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemeinen beguenstigenden Regelungen auszunehmen oder diese Beschaeftigten schlechter zu stellen. Der Ausschluss der Klaegerin von der Zahlung der Weihnachtsgratifikation fuer das Jahr 1989 sei hier jedoch sachlich gerechtfertigt, da die Klaegerin vorzeitig aus dem Arbeitsverhaeltnis ausschied.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass ein Arbeitnehmer grundsaetzlich nur dann einen Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes hat, wenn es eine entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder in einem fuer das Arbeitsverhaeltnis geltenden Tarifvertrag gibt.

Arbeitgeber ist an die Gleichbehandlung gebunden

Wenn der Arbeitgeber bei Fehlen einer solchen Vereinbarung die Zahlung der Weihnachtsgratifikation fuer ein bestimmtes Jahr in Aussicht stellt und hierbei darauf hinweist, dass er sich die Gewaehrung von Weihnachtsgeld fuer die kuenftigen Jahre vorbehaelt, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung der Weihnachtsgratifikation nur fuer dieses Jahr.

Nur wenn der Arbeitgeber mindestens dreimal hintereinander das Weihnachtsgeld vorbehaltlos an seine Arbeitnehmer auszahlt, besteht fuer die Arbeitnehmer aufgrund der dann eingetretenen sogenannten betrieblichen Uebung ein Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes auch fuer die Folgejahre.

Das vollstaendige Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist im Betriebs- Berater (BB) 1995, Seite 1411 ff. abgedruckt.