Wer Edifact kann, ist für XML gerüstet

09.01.2003
Von Ulrich Hildebrand
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Edifact ist ein Standard im Bereich der elektronischen Nachrichtenübermittlung (EDI), aber angeblich im Verhältnis zu XML und Web-Services teuer und kompliziert. Doch beim Thema Integration geht es um grundlegende Aspekte von Kernapplikationen, die selbst etablierte Standardsoftware nicht erfüllt. Mit der Einführung von Web-Services wird dies nicht besser.

Ein grundlegendes Integrations-Management ist notwendig, wenn Applikationen kommunikationsfähig gemacht werden sollen. Das muss in der Regel hart erarbeitet werden. Ist dieses „Enabling“ einmal geschafft, sind Web-Services-Techniken wie XML, Soap, UDDI und WSDL lediglich Zusatzfunktionen, die meistens leicht und elegant implementiert werden können. Auch die Datenübertragung selbst, sei es mittels X.400, FTP, OPTP, HTTP oder über Message Oriented Middleware (MOM) wie Websphere MQ, Tibco und Webmethods, ist in der Regel nur eine nebensächliche technische Frage nach dem geeigneten Übertragungsmedium - IP-Multicast einmal ausgenommen.

Die Entscheidung hier fällt im Wesentlichen aufgrund der Plattform-Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit des Protokolls. Der Vorteil von MOM liegt in der Entkopplung der Applikationen durch zwischengelagerte, von den Applikationen selbst unabhängige Mechanismen, welche die einmalige Übertragung der Nachrichten garantieren. Die Verantwortung für die Übertragung sowie die Fehlerbehebung liegen also nicht mehr bei der Applikation selbst, sondern bei der eingesetzten Middleware, was eine Trennung von Business-Logik und Transportschicht bedeutet.

Zur Übertragung von Nachrichten zwischen Partnerapplikationen können so genannte Message Broker eingesetzt werden, so zum Beispiel Websphere MQ Integrator, Seebeyond, Seeburger und Mercator. Message Broker verwalten die Routing-Tabellen, bilden die logischen Modelle der Nachrichten ab, übernehmen die Modell-zu-Modell-Konvertierung, Versionierung und Historisierung der eingehenden und ausgehenden Nachrichten sowie deren Übertragung.

Zunächst sollten sich die Geschäftspartner auf ein syntaktisches Modell einigen, also klären, welches Nachrichtenprotokoll verwendet werden soll. Dabei sollte man nicht zu viel Zeit mit der Frage verbringen, ob XML (bessere Lesbarkeit) oder Edifact das geeignete Format ist. Message Broker sind ohnehin durchgängig in der Lage, eine „Any-to-Any“-Konvertierung durchzuführen, also XML in Edifact und umgekehrt zu übersetzen.

Weit aufwändiger ist die Beantwortung der Frage nach dem Inhalt einer Nachricht, dem semantischen Modell. Während auf der syntaktischen Ebene diese Antwort relativ beliebig und wenig folgenschwer ist, müssen Entscheidungen auf der semantischen Ebene wesentlich besser überlegt werden. Hier beginnt die eigentliche Arbeit, denn mit der Wahl der Semantik werden Weichen gestellt. Es muss geklärt werden, welches Nachrichtenmodell man benötigt, welche Felder übertragen werden sollen, was sie bedeuten, wie lang sie sind und wie das zugehörige Datenmodell der Nachricht aussieht.