Anwender-Bericht: Stadtsparkasse Düsseldorf

Wer blind schreibt, sieht nicht fern

21.11.1975

Wer haben bei der Stadtsparkasse Düsseldorf zur Zeit 140 Bankingterminals IBM 5930 in sämtlichen Zweigstellen sowie in der Zentrale eingesetzt. Sie dienen in erster Linie dazu, den Kassenverkehr zu bewältigen, andererseits aber auch, um den Änderungsdienst der Konten und Daueraufträge darüber abzuwickeln. Die Entscheidung ist gefallen, diese Geräte nach und nach durch Bildschirme zu ersetzen - keineswegs etwa, weil wir in Video-Displays das "Allein-SeligMachende" sehen, aber der Trend geht einfach dahin. Bildschirme am Arbeitsplatz des Sachbearbeiters gibt es ja überall immer häufiger. Und es zeigt sieh immer mehr, daß damit nicht nur erfaßt und abgerufen, sondern auch echt disponiert wird.

Bei aller "Bildschirm-Euphorie", die sieh allenthalben breitmacht, sind doch einige kritische Bemerkungen angebracht. Da ist erst einmal der Bildschirmeinsatz unter - wie die Arbeitsmediziner sagen - ergonomischen Gesichtspunkten zu betrachten. Ein - zugegeben - etwas abseitiges Beispiel für die Anforderungen, die an einen Bildschirmbediener gestellt werden, ist die Arbeit am Konsol-Bildschirm eines Großsystems: Dieses "Fenster zum Computer" liefert so wahnsinnig schnell Nachrichten an den Operator, daß sie ihm geradezu ins Gesicht, in die Augen explodieren. Es entsteht ein Reflex, der in der Tat schwer zu ertragen ist, so daß man heute überwiegend bei der Bildschirmsteuerung von schnellen Rechnern dazu übergegangen ist, den Konsol-Operator mindestens alle zwei Stunden auszutauschen. Wir sind noch einen Schritt weiter gegangen und haben den Bildschirm an unserer Anlage wieder abgeschafft.

"Blind" erfassen ist keine Zumutung

Weitverbreitet ist auch die Ansieht, daß stundenlanges, stereotypes Erfassen am Bildschirm von den Datentypistinnen schwer zu ertragen ist. Hier gilt es zu differenzieren: Es gibt Anwendungen, bei denen zwar ständig Daten über die Tastatur in ein Bildschirmgerät eingetippt werden, die Bedienungskraft aber gar nicht auf den Schirm, sondern auf die Belege schaut und "blind" eintippt. Daneben aber gibt es eine andere Gruppe in unserem Unternehmen, die der Datenerfassung nachgeschaltet ist und das prüft, was unsere Damen erfassen. Diese Mitarbeiter starren sicherlich, wenn das gemessen werden würde, täglich sechs bis sieben stunden auf den Monitor. Das stellt eine ganz erhebliche Belastung dar - hier muß der Arbeitsmediziner ansetzen.

Die eigentlichen Sachbearbeiter - etwa für die Beratung von Kunden im Wertpapierbereich - werden, über den Tag gesehen, vielleicht eine Stunde auf den Bildschirm schauen. Das halte ich für eine ohne weiteres zumutbare lastung. Und auch die Bearbeitung von Daueraufträgen am Sehalter, die jetzt noch mit den IBM 5930-Terminals erledigt wird, kann bedenkenlos mit dem Bildschirm durchgeführt werden.

Der Bildschirm wertet auf

Hier spielt ein ganz neuer Gesichtspunkt hinein: Die Sachbearbeiter haben mit dem dialogfähigen Bildschirm-Terminal ein Instrument, schnell an eine Vielzahl von Informationen heranzukommen. Der "Sachbearbeiter neuen Typs" verfügt über eine erheblich größere Wissensfälle als früher, da hatte er sein "Filialwissen", heute hat er ein "Zentralwissen". Damit ist sicherlich eine Aufwertung verbunden, ich möchte mich allerdings zurückhalten, wenn es darum geht, auch von finanzieller Verbesserung zu sprechen.

Jürgen Sendler ist Abteilungsdirektor EDV bei der Stadtsparkasse Düsseldorf.