Kolumne

Wer baut die IT fürs E-Business?

28.04.2000
Christoph Witte, Chefredakteur CW

Geht es nach den Analysten von Forrester Research, dann werden heutige CIOs und DV-Manager nicht die Architekten der für E-Commerce notwendigen Infrastrukturen in ihren Unternehmen sein. Das gilt zunächst für die Firmen, deren E-Commerce-Aktivitäten weitläufig und deren Online-Kunden in Zahl und Verhalten nur schwer berechenbar sind. Hier müssen sich die IT-Experten daran gewöhnen, dass ihre Unternehmen die IT-Strukturen nicht mehr besitzen und betreiben, sondern die notwendigen Services und Applikationen mieten (siehe Seite 29). Die internen IT-Kapazitäten wären aufgrund ihrer Inflexibilität und mangelnden Skalierbarkeit völlig überlastet.

Spätestens jetzt stellt sich die Frage, was die Mitarbeiter und Chefs dieser mitunter recht großen IT-Abteilungen dann tun werden. Sicher, Projekt-, Vertrags- und Lieferanten-Management werden einige Ressourcen binden, doch was passiert mit den internen Softwareentwicklern, den Rechenzentrumsoperatoren, Netzwerk- und Datenbank-Managern? So viele Verträge gibt es dann doch nicht zu entwerfen, Projekte nicht zu managen. Sollten sich die Prognosen von Forrester bewahrheiten, müssen sich viele IT-Experten umstellen, vielleicht auch - wenn ihr interner IT-Shop nicht einfach ausgegründet wird - einen neuen Job suchen.

Doch gemach. Selbst wenn Dienstleister - was noch keineswegs ausgemacht ist - die Verkehrswege für die digitale Ökonomie besser und kostengünstiger bauen können, bleibt zu klären, was mit den heutigen Anwendungen geschieht. Werden sie ebenfalls ausgelagert? Wer übernimmt die Verzahnung dieser Legacy-Systeme mit den neuen E-Commerce-tauglichen Applikationen? Auch der Serviceanbieter? In diesem Licht betrachtet, erscheint die Abhängigkeit der Anwender von ihren heutigen Outsourcing- beziehungsweise Softwareanbietern lächerlich gering. Da zudem Skalierbarkeit und Flexibilität nur bei den ganz großen Dienstleistern gegeben wären, könnte es in diesem Segment zu Marktrealitäten kommen, die dem Strommarkt vor der Deregulierung gleichen: Wenige Player teilen den Markt unter sich auf.

So logisch die Forrester-Argumente für ein Computing als Service klingen, es gilt viele Unsicherheiten zu beseitigen, bevor Anwender die Herrschaft über ihre IT und ihre Daten aufzugeben bereit sind.