Java versus .NET/Kommentar

Wenn zwei sich streiten ...

29.08.2003
Wolfgang Sommergut Redakteur CW

Als Microsoft vor drei Jahren .NET ins Leben rief, empfanden die Anbieter des Java-Lagers den Neuankömmling natürlich als Störenfried. Wegen seiner Ähnlichkeit mit der Sun-Technologie sah .NET nach einem überflüssigen Versuch Microsofts aus, Java als konsistente Plattform in Frage zu stellen. Den Vorwurf, bei .NET handle es sich um einen Java-Clone, konterte Microsoft mit der Behauptung, die Spezifikation der Enterprise Javabeans (EJBs) sei bis ins Detail dem hauseigenen COM+ nachempfunden.

Die Frage, wer nun wirklich bei wem abgekupfert hat, taugt primär für Marketing-Kämpfe der gro?en Anbieter. Aus der Sicht von Anwendern hat die Rivalität zweier technisch sehr ähnlicher Anwendungsplattformen mehr Vorteile als Nachteile. Da die meisten gro?en Firmen sich nicht auf eines der beiden Systeme festlegen wollen und können, müssen sie zwar mit einem Mehraufwand für die parallele Nutzung rechnen. Im Vergleich zu früheren Jahren bedeutet dies aber dennoch einen Fortschritt.

Die Konkurrenz von Java und .NET erhält nämlich deshalb so viel Aufmerksamkeit, weil wohl nur diese beiden Ansätze den Konsolidierungsprozess unter den Anwendungsplattformen überleben werden. Dutzende proprietäre Programmiermodelle von Midrange-, Mainframe- oder Unix-Systemen haben ihre Bedeutung weitgehend eingebü?t. Java und .NET verbleiben als einzig relevante Kandidaten für die Neuentwicklung von Geschäftsanwendungen.

Anwender gewinnen damit Planungssicherheit. Beide Seiten sich bei der Weiterentwicklung und Verbesserung ihrer Technologie gegenseitig anstacheln. Der Ausblick auf Java 1.5 etwa zeigt, dass Sun auf die Microsoft-Herausforderung reagiert und mehr Neuerungen präsentiert als in den letzten drei Versionen zusammen. Umgekehrt scheint Microsoft verstanden zu haben, dass es gegen Java nur bestehen kann, wenn die eigene Software sich stärker an Standards orientiert, offener sowie sicherer wird.