Online-Befragungen liegen im Trend

Wenn Mitarbeiter ihre Meinung sagen

19.09.2003
MÜNCHEN (hk) - Mitarbeiterbefragungen via Internet erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Sie lassen sich schnell umsetzen, sind nicht so teuer wie die herkömmlichen Erhebungen und werden von den Mitarbeitern akzeptiert. Allerdings warnen Marktforscher davor, den Datenschutz und die Anonymität zu ignorieren sowie ohne klare Zielsetzung zu starten.

"Ein Drittel der Online-Mitarbeiterbefragungen scheitert." Dieter Mayer weiß wovon er spricht. Der schwäbische Marktforscher sitzt in der Deutschen Gesellschaft für Online-Forschung (DGOF) und ist gerade dabei, mit seinen Kollegen aus dem Verband Qualitätskriterien für eletronische Belegschaftsbefragungen zu erarbeiten.

Marktforscher und Berater stellen fest, dass das Interesse an diesem Instrument in den Personalabteilungen und auch den Chefetagen der Unternehmen wächst, weil man sich davon in kürzester Zeit und kostengünstiger als früher einen Überblick über die Stimmung im Unternehmen verschaffen kann.

So entfallen die Druck- und Versandkosten sowie die für die Dateneingabe. Zudem ist die Distribution übers Netz einfacher, größerer Programmieraufwand fällt nur vor der ersten Umfrage an. Für die elektronischen Erhebungen spricht auch die einfache Rücklaufkontrolle, wie Gerhard Bruns, Geschäftsführer des Münchner Geva-Instituts, anmerkt. Er berichtet von einer Umfrage in einem Versicherungskonzern, in dem die Führungskräfte über die Anzahl der eingegangenen Fragebögen auf dem Laufenden gehalten wurden. In den Abteilungen, in denen die Teilnehmer gering war, wurde dann noch einmal für die Umfrage geworben.

Online-Befragung nicht um jeden Preis

Microsoft geht sogar soweit, die Teilnahme an der Online-Mitarbeiterberfragung als Zielvereinbarung für die Führungskräfte festzuschreiben. Das bedeutet, jeder Manager hat darauf zu achten, dass seine Beschäftigten den Fragebogen ausfüllen. Damit liegt der Rücklauf bei fast 100 Prozent. "Das sind eher Ausnahmen", kommentiert Bruns.

Voraussetzung für eine Online-Befragung ist, dass die Mitarbeiter Zugang zu einem PC haben. Geva-Geschäftsführer Bruns zeigt an einem Beispiel, dass das noch lange nicht selbstverständlich ist. Ein großer Stahlkocher mit 22000 Mitarbeitern wollte eine elektronische Befragung starten. Als sich dann herausstellte, dass weniger als 20 Prozent der Beschäftigten an einen Computerarbeitsplatz sitzen, entschied man sich für das papiergestützte Verfahren. Bruns rät davon ab, einen Teil klassisch über Print und einen Teil online auszuführen, weil das die Kosten in die Höhe treibe.

Von der technischen Seite gilt es zu beachten, dass der elektronische Fragebogen unabhängig von vorhandenen Betriebssystemen, Browsertypen und -versionen von den Teilnehmern bearbeitet werden kann. Wird ein externes Beratungshaus mit der Abwicklung beauftragt, rät Mayer, dem Partner auf die Finger zu schauen: "Das externe Institut hat sicher zu stellen, dass die Internet-Anbindung des Servers, auf dem die Online-Befragung läuft, zu jedem Zeitpunkt der Befragung ausreichende Bandbreiten und Kapazitäten vorhält, damit die Mitarbeiter nicht abgewiesen werden." Das Beste sei, so ergänzt Bruns, wenn der Server beim externen Dienstleister steht, weil damit die Anonymität mit einer größeren Sicherheit garantiert werden könne und das Vertrauen der Mitarbeiter nicht gefährdet werde: "Im Unternehmen kann doch jeder Netzadministrator auf die Daten zugreifen, wenn er es will", gibt der Geva-Mann zu bedenken. Er empfiehlt Unternehmen, im Intranet eine Web-Seite einzurichten, auf der alle wichtigen Informationen zur Befragung stehen. Von dort aus sollte ein Link zum Fragebogen führen.

In diesem Zusammenhang weisen die beiden Marktforschungsprofis auf die Bedeutung der Vorbereitungsphase hin. Viele Unternehmen unterschätzen den Aufwand, was die hohe Quote der gescheiterten Projekte erkläre. "Wer die Befragung einsetzt, nur um beispielsweise herauszubekommen, wie die Stimmung in der Firma ist, wird auf keine große Resonanz stoßen", glaubt Mayer. Darüber hinaus müsse die Zielsetzung klar formuliert und außerdem gesagt werden, welche Konsequenzen das Unternehmen aus den Ergebnissen zu ziehen gedenke.

Alle Ergebnisse gehören ins Intranet

Mayer empfiehlt ferner, den Mitarbeitern im Vorfeld ausführlich zu erklären, wie das Unternehmen die Anonymität im Intranet gewährleisten will. Außerdem sollte über Länge und Zeitaufwand informiert werden und wann die Beschäftigten mit einem Feedback rechnen können. Bereits beim Login müsse sicher gestellt sein, dass keine persönliche Identifikation des Befragten erfolgt. Die Möglichkeit der Mehrfachteilnahme lasse sich beispielsweise durch Codes ausschließen. Als Selbstverständlichkeit bezeichnet der Marktforscher außerdem, dass Ansprechpartner für technische Schwierigkeiten mit Telefonnummer und E-Mail-Adresse genannt werden. Ist ein externer Partner involviert, sollte auch dort eine Person darauf vorbereitet sein, inhaltlich und methodisch weiterhelfen zu können.

Zu den Besonderheiten einer Online-Befragung zählt, dass sich Verständnisprobleme nicht unmittelbar beheben lassen. Deshalb ist es besonders wichtig, die Fragen klar und verständlich zu formulieren - erst recht in einem großen Konzern, in der die Zielgruppe sehr inhomogen ist. Als maximale Dauer für das Ausfüllen des Online-Formulars nennt Bruns eine halbe Stunde.

Nach Abschluss der Umfrage gehören alle Ergebnisse ins Intranet, um sie den Mitarbeitern bekannt zu machen. Mayer kennt Fälle, in denen der Belegschaft nur die positiven Resultate mitgeteilt wurden, was zu einer starken Verstimmung in der Belegschaft geführt habe. Genauso verkehrt sei es, wenn die Geschäftsführung keine Konsequenzen aus den Ergebnissen ziehe, zum Beispiel wenn sie das Weiterbildungs- oder das Vergütungsmodell trotz heftiger Kritik nicht überdenkt.

Die von Bruns zitierte Versicherungsgesellschaft hat nach Abschluss ihrer Online-Befragung Workshops für die Mitarbeiter mit ihren Führungskräften organisiert. Aus den Diskussionen ergaben sich 300 Projekte zur Verbesserung der Situation im Unternehmen. Die Projektforschritte wurden im Intranet dokumentiert, und die Personalentwickler kontrollierten konsequent das Abarbeiten. So konnten die Angestellten den gesamten Prozess elektronisch verfolgen.