Wenn Itil-Prozesse wuchern

31.07.2007
Von Thomas Gießen

Die sinnvolle Itil-Nutzung

  • Itil-Prozesse nicht eins zu eins umsetzen, sondern an die jeweiligen betrieblichen Gegebenheiten anpassen: Das entspricht im Übrigen der Intention von Itil - schließlich handelt es sich um Empfehlungen, nicht um Normen. Zum einen muss das in Großbritannien entstandene Regelwerk an die Rahmenbedingungen in Deutschland (wie etwa das Betriebsverfassungsgesetz) adaptiert werden. Zum anderen sollten sich IT-Prozesse den geschäftlichen Produktionsprozessen unterordnen.

  • IT-Business-Alignment sicherstellen: Dazu gehört vor allem die Dimensionierung der IT-Ressourcen. Die IT muss den Geschäftsbereichen Möglichkeiten zeigen, wie sie IT-Kosten senken kann. Beispielsweise "regelt" Itil genau die Servicequalität des Drucker-Supports - sagt aber nichts darüber, ob ein Gerät überhaupt gebraucht wird. Teilten sich beispielsweise 2002 in Deutschland durchschnittlich 7,13 Anwender einen Drucker, waren es 2007 nur noch 5,22. Wirtschaftlich sinnvoll wären jedoch zehn bis zwölf Nutzer pro Gerät.

  • Die IT-Betriebsprozesse wieder in den Vordergrund rücken: Statt sich allein auf die Servicequalität zu konzentrieren, sollten IT-Verantwortliche zunächst einmal die Effizienz betrachten. Dazu gehören beispielsweise Verbesserung beim Server-Management, der Softwareverteilung auf PCs sowie in Engineering-Prozessen.

  • Eine Value-Chain-Analyse aller Prozesse vornehmen: Dabei wird konsequent beurteilt: Welche Prozesse (beziehungsweise Prozessschritte) sind wertschöpfend, welche sind unterstützend und welche sind nur Blind- oder gar Fehlleistungen? Die letzten beiden gilt es zu eliminieren - unabhängig von jedem Regelwerk.

  • Organisationsstrukturen anpassen: Die Itil-Einführung verlangt insbesondere den Schritt von der traditionellen Linienorganisation hin zu mehr Prozessorientierung. Das geht oft einher mit einer Änderung der Unternehmenskultur: Manager definieren sich nicht mehr durch die Anzahl der Kostenstellen und Mitarbeiter in ihrer Abteilung, sondern durch den Wertbeitrag der von ihnen verantworteten Prozesse.

  • Die richtigen KPIs aufbauen: Keinesfalls sollten Unternehmen einen Prozess nur nach einer einzigen Kennzahl beurteilen, sondern immer die Warnung beachten: "Ein KPI lügt immer." Die Kennzahl könnte manipuliert oder falsch interpretiert werden. So ist es schon vorgekommen, dass Mitarbeiter eines Service-Centers die vorgeschriebene Anrufbeantwortungs-Quote erreichten, indem sie sich selbst anwählten. Um so etwas zu vermeiden sollten mehrere KPIs eingeführt werden, die zum Beispiel Qualität, Kosten und Kundenzufriedenheit messen. Sie dürfen durchaus in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen.

  • Die Einführung von Itil 3 zügig prüfen: Die neue Version adressiert zahlreiche der hier beschriebenen Herausforderungen. Insbesondere legt sie einen stärkeren Fokus auf das Business und bildet den kompletten Lebenszyklus einer IT-Lösung besser ab. (jha)