Eine Stadt am Glasfaserstrang

Wenn Fibre to the Home Realität wird

08.07.2008
Von Klaus Papp

Glasfaser in jedem Haus

Während Glasfaserleitungen bislang überwiegend beim Bau großer Weitverkehrsnetze (WAN = Wide Area Network) und allerhöchstens bis zu den Vermittlungsstellen/Umschaltstationen an Straßenkreuzungen zum Einsatz kamen, galt es nun, auch die "letzte Meile" von den Vermittlungsstellen zu den einzelnen Wohnungen und Büros mit Lichtwellenleitern zu verbinden. Nur so konnte gewährleistet werden, dass sich das volle Potenzial dieser Technik - und damit schnelles Internet, HDTV, Mehrkanalrundfunk und Multimedia-Anwendungen - bis in die Arbeits- oder Wohnzimmer entfaltet. Glasfaser in jedes Haus - das war also die Entscheidung Amsterdams.

2003 kam ein Beraterkomitee zum Schluss, dass ein so genanntes Point-to-Point-Netz auf Fibre-to-the-Home- (FTTH-)Basis sowohl technisch machbar als auch finanzierbar war. Für Planung und Aufbau des Netzes gründete die Stadtverwaltung ein Joint Venture mit mehreren Partnern aus Wirtschaft und Verwaltung. Der Betrieb des Netzes sollte über ein EU-Ausschreibungsverfahren an einen externen Gesellschafter vergeben werden. "Die Stadt Amsterdam war also Initiator und Ideengeber. Planung, Aufbau und Betrieb sollten aber über externe Gesellschaftermodelle erfolgen, mit der Stadt als Partner", so Wagter.

Partner mit Weitblick

80 Prozent des gesamten Wohnraums in Amsterdam sind Mietwohnungen. Davon sind mehr als die Hälfte (53 Prozent) im Besitz von Immobiliengesellschaften. Sie waren die Ersten, die die Stadt mit im Boot hatte, als 2004 die konkreten Planungen für das Citynet-Projekt begannen. Erste Erfahrungen mit Glasfasertechnik hatten Wohnbaugesellschaften schon im Vorfeld bei Neubauten gesammelt. Dabei hat sich gezeigt, dass mit Glasfaseranschlüssen ausgestatte Gebäude für die Nutzer deutlich attraktiver waren und der Immobilienwert stieg. 2006 gründeten schließlich drei Investorengruppen - die Stadt Amsterdam, verschiedene Wohnbaugesellschaften sowie die Unternehmen ING Real Estate und Reggefiber - die Glasvezelnet Amsterdam (GNA) mit einem Investitionsvolumen von jeweils sechs Millionen Euro. Dieses Geld wurde für die erste Ausbaustufe des Citynet verwendet, in der zehn Prozent der etwa 440 000 Gebäude in Amsterdam vernetzt werden. Die GNA handelte Verträge mit den Gewinnern des EU-Ausschreibungsverfahrens aus, die sich dort um den Aufbau und Betrieb des Citynet beworben hatten. Um die Errichtung der technischen Infrastruktur kümmert sich seitdem ein Konsortium aus den Unternehmen BAM und dem Glasfaser- und Netzwerkspezialisten Draka, während BBned, eine Tochter der Telecom Italia, anschließend den Betrieb der aktiven Infrastruktur übernimmt, die sie von der GNA mietet. Die Kosten für den Abschluss der ersten Aufbauphase des Citynet wurden auf 30 Millionen Euro beziffert, wovon zwölf Millionen mit Krediten finanziert wurden.