Brandschutz: wenig Vorschriften, viele Empfehlungen

Wenn es brennt, dann richtig

28.05.1976

"Manchmal können einem die Haare zu Berge stehen, wenn man sich draußen in den Rechenzentren - umsieht", berichtet H. Kuhn von der württembergischen Gebäudebrandversicherung in Stuttgart. "Da rauchen die Laute, die Schränke sind aus Holz, Styropor-Formen dienen als Verpackung, neben der Teeküche liegen die Papiervorräte - und unterm EDV-Raum ist womöglich das Notstromaggregat samt Mineralölbehälter untergebracht."

Kuhn hat all das schon in der Praxis gesehen - und es ärgert ihn besonders, weil die Württemberger (einmalig in der Bundesrepublik) eine Pflichtversicherung nicht nur für Gebäude, sondern auch für die darin installierten Maschinen haben. Als großer DV-Schaden, den die Anstalt des öffentlichen Rechts, in den letzten Jahren entschädigen mußte, fällt ihm allerdings kein Brand-, sondern nur ein Wasserschaden ein.

H. Grosser vom IBM-Service-Zentrum konnte sich auf CW-Anfrage an keinen DV-Brandschaden erinnern: "In den zehn Jahren, die ich in München bin, und davor in 15jähriger Arbeit in Nürnberg habe ich nichts gehört." Lohnt sich Brandschutz unter diesen Umständen?

Meist mehrere Faktoren

Vorsichtig äußert sich die Münchener Tela-Versicherungs-AG - obwohl sie eine ganze Reihe von "Schadensreports" über Brandschäden an DV-. Anlagen herausgegeben hat, "Wir schreiben nichts vor, geben aber Empfehlungen. Das Problem liegt darin, daß ein Schaden meist nicht

deswegen passiert, weil eine bestimmte Sache schiefgeht - sondern weil mehrere Faktoren unglücklich zusammentreffen."

Natürlich ist niemand gegen vernünftigen, vorbeugenden Brandschutz: Vom Verband der Sachversicherer gibt es ein Merkblatt "Brandschutz in DV-Räumen", von der Tela eine ganze Schadenverhütungsbroschüre, von IBM eine (lange) Sicherheits-Checkliste. Einig sind sich' die Fachleute in zahlreichen Punkten:- DV-Räume sollten feuerbeständig abgetrennt (das gilt auch für Klima-Anlagen-Schächte), mit Rauchmeldern ausgestattet sein und möglichst wenig brennbares Material bzw. Baustoffe enthalten.

CO2 macht dem er nichts aus

Ziemlich einig i, man sich auch über die Löschmittel: Kohlensäurelöscher (CO2) sind, zwar teuer, weil erhebliche Mengen Löschmittel auf Vorrat bereitstehen müssen, und können zur Flutung ganzer Räume nur eingesetzt werden, wenn die Mitarbeiter vorher geflüchtet sind - aber sie verursachen -wenigstens keine Schäden. Bei einem Versuch im Labor der französischen Feuerversicherer in Champs-sur-Marne wurde Kohlensäure (Austrittstemperatur: - 20 Grad) auf einen laufenden Rechner gespritzt - der Computer lief weiter und brachte auch weiter richtige Ergebnisse.

Sicher ist eines: Das Wasser aus Sprinkleranlage kann mindestens so viel schaden wie nützen. R. Dierstein, branderfahrener RZ-Leiter bei der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen: "Wenn der Sprinkler an war, kein man den Rest vergessen." Wasser vertragen die DV-Systeme in der Regel - nämlich so wenig wie Rauche: Qualm oder Rauch im Rechenzentrum vermag fast gleich hohe Schäden anzurichten, als wenn es dort gebrannt hätte.

Gelegentlich Millionenschäden

Zwar sind Brandschäden nicht eben häufig - aber wenn es brennt, dann meistens richtig: Bei der DFVLR verbrannte vor einigen Jahren ein Prozeßrechner im Wert von 1 Million Mark samt dem entsprechenden Teil der RZ-Baracke. Der TR 440 (10 Millionen Mark) im anderen Gebäudeteil überlebte nur, weil die Flugplatz Feuerwehr vom Nachbarn Dornier innerhalb von fünf Minuten an Ort und Stelle war. Es lohnt sich also doch, vorzusorgen.

Tips zum Brandschutz

1. Rauchverbot fürs Rechenzentrum - es wirk um so sicherer, wenn für passionierte Nikotin-Liebhaber ein Pausenraum vorhanden ist. Dorthin können gleich auch das Kaffeekochen und ähnliche Nebentätigkeiten verlegt werden.

2. Mitarbeiter in den USA wurde ermittelt, daß bei guter Überwachung des Rechenzentrums und schnellem Einsatz informierten Personals der durchschnittliche Brandschaden 5000 Mark betrug - in anderen Fällen aber 400 000 Mark. Entscheidend sind die ersten Sekunden.

3. Papier, Lochkarten, brennbare Verpackungen und ähnliches Verbrauchsmaterial sollte im EDV-Raum nur in der unumgänglichen Mindestmenge gelagert werden.

4. Brennbare Putzmittel verbieten: Benzin reinigt zwar gut, aber ...