Wenn die Hardware steht, läuft die Software noch lange nicht

09.10.1981

Die Software ist's, die Ärger macht. Während die Hardware-Umstellung auch den Honeywell-Bull-Anwendern wenig Kopfzerbrechen bereitet, müssen sie auf Terminverschiebungen wegen nicht gelieferter Software flexibel reagieren können. Für ein halbes Jahr mußte die Firma Hanns Balzer ihre Umstellung unterbrechen, weil Softwarekomponenten trotz vertraglicher Zusicherung nicht rechtzeitig zur Verfügung standen. Eduardo Ribeiro, DV-Leiter bei Max Walk GmbH & Co. KG, spöttelt: "Das neue System wurde am 1. Oktober 1980 plangemäß installiert. Dies war der einzige Termin, der von Honeywell bis jetzt eingehalten wurde." Die Lässigkeit der Europa-Zentrale in Paris und eine überforderte deutsche Software-Mannschaft, vermutet er, könnten der Grund hierfür sein.

Otto Melchert

EDV-Amt, Landkreis Harburg, Winsen (Honeywell Bull 64, GCOS)

Der hardware- und softwaretechnische Wandel und die immer kürzer werdenden Abstände, in denen sich die Neuerungen vollziehen, verlangen von den Anwendern eine exakte Prüfung der Grundlagen einer Systemumstellung.

Dazu gehören die Feststellung der eigenen Ressourcen, die Festlegung der organisatorischen Absichten und die vom Hersteller angebotenen Umstellungshilfen.

Die verfügbaren Personalkapazitäten beeinflussen die Entscheidungsfindung erheblich, da in der Regel das knapp bemessene Personal in der Verfahrensbetreuung gebunden ist. Die Gewinnung von Kräften auf dem Personalmarkt stellt auf Probleme, da der öffentliche Dienst mit seinem starren Vergütungsgefüge den Forderungen nicht gerecht wird. Die Vergabe von Aufträgen an Softwareunternehmen unterbleibt entweder aus finanziellen oder qualitativen Gründen.

Der Landkreis Harburg stellte im November 1977 vom System G 120 auf das heute noch im Einsatz befindliche System 64 mit dem Betriebssystem GCOS um Die Entscheidung für das System war aus folgenden Gründen gefallen:

- Der Hersteller bot Umstellungshilfen an, die einen reibungslosen Übergang ohne lange Parallelinstallationszeiten ermöglichen sollten.

- Das bisherige System bot nicht die Möglichkeit, Anwendungspakete anderer Hersteller-Betriebssysteme mit Hilfe von Emulatoren zu übernehmen.

- Multiprogramming-Betrieb.

- Die Umstellungshilfen Programmodus (Handwarebestandteil), Programm-Translator und Datei-Translator wurden eingesetzt. Die Umstellung vollzog sich in mehreren Phasen.

Im Oktober 1977 wurde das Betriebssystem GCOS implementiert. Die vom Hersteller gewährte System-Unterstützung zur Einführung des Programmodus konnte nur bedingt genutzt werden, da Anwender-Mitarbeiter und Hersteller-Systemberater über den gleichen theoretischen Wissensstand verfügten. Nach anfänglichen Problemen in der Anwendung des Programm-Modus wurden zunächst die Programmodusdateien auf dem neuen System angelegt und die Bibliotheken und Dateien vom bisherigen System auf Band geschrieben. Die Einspeicherung der Dateien führte nur in einem Grenzfall der

Übernahme von Datenbanken zu Problemen, die aber mit Unterstützung des Herstellers ausgeräumt wurden. Im übrigen wurde der Programmodus den Anforderungen zur Datenübertragung gerecht.

Nachdem mit dem Programmodus erste Erfahrungen gesammelt waren, konnten die Programme unter Verwendung der bisherigen Steuerkarten unverändert eingesetzt werden. Die erste Phase der Übernahme war nach einem Monat abgeschlossen. Das Altsystem konnte abgebaut werden, der Programmodus garantierte den Einsatz aller Programme und Dateien einschließlich des vorhandenen Datenbanksystems IDS 1 in zwei Anwendungsbereichen. Die Möglichkeiten des Systems 64 waren dabei allerdings nicht voll nutzbar, da der Programmodus in sich keinen Multiprogrammingbetrieb zuließ.

In der zweiten Phase wurden die Anwendungen aller Funktionsbereiche dem neuen Betriebssystem angepaßt. Da neben der Umstellung auch die laufende Pflege der Programme im Programmodus zu garantieren war zog sich die Abwicklung über drei Jahre hin. Die vom Hersteller angebotenen Hilfen zur Programmund Dateiübersetzung wurden voll genutzt. Umstellungshilfen konnten dabei Assembler allerdings nicht abdecken, da der Übersetzer ausschließlich Cobol-Programme unterstützte.

Auch in der Unterstützung von Datenbankprogrammen wies der Programmübersetzer eine grundsätzliche Schwäche auf, die nur durch Eingriffe in das alte Cobol-Programm zu umgehen waren. Die veränderten Datenbankaufgriffe konnten mit Hilfe interaktive Programmierfunktionen ohne besondere Probleme angepaßt werden. In jedem Fall war die Kompilierung der Programme notwendig. Die Konvertierung der herkömmlichen Dateien konnte ohne Probleme vollzogen werden. Der Übersetzer unterstützte nicht die Übernahme von Datenbanken. Es mußten daher eigene Konvertierungsprogramme erstellt werden. Die strengen Formatkonventionen des Betriebssystems GCOS führten in einzelnen Bereichen zu erhöhtem Testaufwand. Bei konsequenter Einhaltung der Cobol-Regeln hätte sich der Aufwand auch hier noch minimieren lassen.

Die Vielzahl der in unserem Hause mit einem Mindestmaß von Mitarbeitern betreuten Anwendungen hatte entscheidenden Einfluß auf die Gesamtdauer der Umstellung. Durch den Einsatz von Umstellungshilfen konnte der Aufwand jedoch auf durchschnittlich 0,4 Mannjahre in den einzelnen Funktionsbereichen beschränkt werden.

Hans Günther Rockel

Leiter DV/Org., Hanns Balzer, Lauterbach (Honeywell Bull 64-DPS 2)

In unserem Unternehmen wurde das installierte Honeywell-Bull-System 62/60 zum 1. Januar 81 durch eine 64-DPS 2 abgelöst.

Die Gründe für den vorzeitigen Wechsel - der, Vertrag. des Systems 62/60 lief noch bis Ende 1982 - lagen primär im Hardwarepreisverfall zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Mitte 1979. So konnten wir bei einer annähernden Leistungsverdoppelung des Gesamtsystems eine erhebliche Kosteneinsparung gegenüber der alten Anlage erzielen.

Für die Umstellung auf das neue System wurde nach Vertragsabschluß in Zusammenarbeit mit dem Hersteller ein Projektteam gebildet. Diesem Team gehörten ein Honeywell-Systemberater und vier EDV-Fachkräfte unseres Hauses an. Die Projektleitung lag in den Händen des Abteilungsleiters DV/Org. Nach erfolgter Ist-Analyse, aufgestellter Soll-Konzeption und geschätztem Aufwand erstellten wir einen Projektplan, der als wichtigsten Termin den Umstellungstermin 30. 6. 1980 enthielt. Alle anderen Aktivitäten waren auf dieses Datum ausgerichtet. Wir haben also zuerst den Endtermin festgelegt und von rückwärts begonnen, die einzelnen Aktionen zu planen. Das war nur deshalb möglich, weil ausreichend Zeit (12 Monate) bis zum geplanten Endtermin zur Verfügung stand. Aber welche Umstellung verläuft schon ohne Terminkorrekturen !

Im Januar 1980 teilte uns der Hersteller mit, daß bestimmte, vertraglich zugesicherte Softwarekomponenten nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen würden. Wir entschieden uns für eine Umstellungsverschiebung von sechs Monaten auf den 31. 12. 1980. Das Projekt war also für ein halbes Jahr unterbrochen, und wir mußten uns zwischenzeitlich anderweitigen Programmieraufgaben widmen.

Zum erneuten Projektstart im August 1980 war die komplette Schulung bereits abgeschlossen, und diverse vorbereitende Maßnahmen für die Programmumstellung waren getroffen. In relativ kurzer Zeit, bis ungefähr Mitte November, hatte unser Team die rund 220 Programme, hauptsächlich Cobol, zum Teil auch RPG, systemgerecht für die insgesamt 64 angepaßt. Es waren allerdings nur Anpassungen, denn kaum ein Programm mußte in der Logik geändert werden.

Die Anlieferung der Maschine erfolgte nicht wie geplant Mitte bis Ende November, sondern erst Ende Dezember. Bis dahin waren uns einige Tage für Großtests und Parallelläufe verlorengegangen. Diesen Boden galt es wieder gutzumachen, zumal am Umstellungstermin 31. Dezember nicht zu rütteln war. Wir erreichten unser Ziel. Wir haben echte Job Control Language (JCL) aufgebaut, Operatoren-Anweisungen erstellt und Parallelläufe durchgeführt. Nach Beendigung der Jahresabschlußarbeiten (23. - 26. Dezember, Betriebsschluß 23. 12.) auf der 62/60 wurden über mehrere Datenträgerebenen nacheinander in verschiedenen Rechenzentren die Originaldateien auf die neuen Magnetplatten übernommen. Am 2. Januar 1981 haben wir den ersten Arbeitstag auf dem neuen System simuliert und alle Tagesjobs originalgetreu getestet. Dabei gab es noch die eine oder andere Ungereimheit auszugleichen, vor allem beim Mehrprogrammbetrieb. Drei Tage später, am 5. Januar 1981, dem ersten offiziellen Arbeitstag im neuen Jahr, wurde voll mit dem neuen System gearbeitet.

Für die Fachabteilungen fast unmerklich lief ab diesem Tag alles auf der neuen EDV-Anlage. Im Online-Betrieb mußten sich die Fachabteilungen allerdings an die etwas unterschiedlichen Bildschirmgeräte und an die geringfügig geänderten Start- und Endprozeduren gewöhnen.

In den ersten Januar-Tagen führten wir noch einige Schönheitsreparaturen durch, ansonsten war das Umstellungsprojekt erfolgreich abgeschlossen worden.

Die alte Anlage war bereits zum 31. 12. 1980 gekündigt und stand auch ab diesem Tag für den Abbau bereit. Zur technischen Installation ist noch zu berichten, daß der gesamte EDV-Raum umgestaltet werden mußte. Es war ein Doppelboden zu installieren, die Luftführung der Klimaanlage war umzulenken, Trennwände waren neu zu ziehen. Zudem mußte die Möglichkeit geschaffen werden beide EDV-Systeme während der Installations- und Testphase im gleichen Raum zu betreiben. Diese Arbeiten erstreckten sich fast über das gesamte Jahr 1980 und wurden erst nach Abbau der 62/ 60 mit dem Einbau der letzten Trennwand abgeschlossen.

Eduardo Ribeiro

DV/Org.-Leiter, Max Walk GmbH & Co. Vertriebs-KG, München (Honeywell Bull DPS 7/60)

Unser Haus nutzt seit Ende 1975 Siemens-Systeme mit dem Betriebssystem BS1000. Die Anwendungen sind stark Batch-orientiert. Aufgrund der überproportionalen Wachstumsraten in unserer Branche reicht die mit dem Siemens-System mögliche DV-Unterstützung nicht mehr zur betrieblich notwendigen Steuerung und Abwicklung der anstehenden Aktivitäten. Wir haben deshalb schon Ende 1979 entschieden, die bestehenden Anwendungen nicht mehr auf ein neues, notwendiges DV-System umzusetzen, sondern ganz neu anzufangen. Wir suchten mit Hilfe eines Unternehmensberaters ein optimales DV-Werkzeug zur Realisierung eines neuen dialogorientierten-Fahrzeug-Organisations-Systems (Difos). Da wir wußten, daß diese neue Lösung erst 1982 richtig greifen kann und so große organisatorische Umstellungen nur einmal in einem Jahrzehnt zu verkraften sind, mußte das Betriebssystem eine transaktionsorientierte Dialogverarbeitung auf einem Datenbanksystem möglichst optimal unterstützen und die Hardware im Feld ohne Austausch problemlos in der Leistung zu verdoppeln sein. Die Anforderungen wurden seinerzeit zu einem akzeptablen Preis-/Leistungsverhältnis von Honeywell Bull mit dem System DPS 7/60 am besten erfüllt.

Die Lieferung dieses Kauf-Systems wurde zum Juni 1981 verbindlich vereinbart. Da die erste Etappe die Übernahme des Finanzbereiches von Siemens Debas/Fibas auf das Honeywell Bull Standardpaket der Firma Steeb zum Oktober 1980 und zu diesem Zeitpunkt auch mit der Programmentwicklung von Difos begonnen werden sollte, wurde für maximal zwölf Monate als Zentraleinheit eine 64 DPS gemietet. Dieses System wurde mit einem Teil der Kauf-Peripherie zum 1. Oktober 1980 planmäßig installiert. Dies war der einzige Termin der bisher von Honeywell Bull eingehalten wurde. Die DPS 7 soll jetzt angeblich im November 1981, also mit sechs Monaten Verspätung, installiert werden. Eine schon längst dringend benötigte und auch schriftlich zugesagte Festplatte fehlt ebenfalls. Heute müssen wir, um unsere anstehenden Aufgaben recht und schlecht erfüllen zu können, neben der bei uns installierten 64 DPS noch eine 64/20 bei Honeywell Bull München über HFD-Leitungen nutzen.

So unangenehm Verzögerungen bei der Hardwarelieferung auch sind, wesentlich schwerer wiegen die Probleme im Bereich der Systemsoftware. Hier haben wir unter anderem das für Oktober 1980 garantierte Release 1.E. erst im Juni 1981 nutzen können. Query können wir heute, zwölf Monate nach dem geplanten Zeitpunkt, immer noch nicht einsetzen. Einen Terminal-Spooler und Data-Dictionary mußten wir selbst erstellen lassen.

Zusammenfassend ist zu sagen daß die bei der Auftragsvergabe entscheidenden Leistungen von Honeywell Bull erfüllt wurden, beziehungsweise noch zu erfüllen sind. Wir sind mit dem georderten System generell sehr zufrieden. Nur erfordert es zu oft den unzumutbaren Aufwand, von unserem Partner die vereinbarten Leistungen einzutreiben. Die Ursache hierfür liegt in der Lässigkeit der Europazentrale in Paris und in der überforderten deutschen Software-Mannschaft. Die Ware ist gut, der Service müßte jedoch wesentlich besser sein. Der DV-Leiter braucht viel Zeit für Krisengespräche und möglichst einen erfahrenen Unternehmensberater.

Paul Koch

DV-Leiter, Euro-Fertigbau GmbH, Wendel-Bliesen (Honeywell Bull 61/60)

Angefangen haben wir mit einer reinen Batch-Version: Die ersten Programme wurden im Rechenzentrum abgelocht und dann bei uns auf die 61/40 übernommen. Danach erfolgten die ersten Gehversuche im Dialog.

1978 begannen wir, mit neuen Programmen zu arbeiten. Die alten Daten wurden 1:1 konvertiert. Entscheidend war, daß jetzt die neue Hardware installiert wurde. Vorher konnten die Programmierarbeiten nur nach dem Tagesgeschäft durchgeführt werden. Bei zwei Programmierern bedeutete das Schichtdienst.

Durch den Einsatz der 61/60 mit NB- beziehungsweise NC-Software konnten nun auch tagsüber Cobol-Umwandlungen; Testläufe und vieles mehr realisiert werden. Dadurch wurde viel Zeit eingespart.

Wir haben dann 1979 die 61/60 aufgerüstet und 1980 wurde installiert. Die Beratung und die Vorbereitung seitens des Herstellers war gut. Die neue Hardware mit neuen Programmlaufzeiten die Kosten und Zeitangaben für die einzelnen Realisierungsphasen waren gut vorbereitet. Außerdem erhielten wir eine Darstellung der Konvertierungshilfen mit den verschiedenen Möglichkeiten. Es lag ein klares Konzept des Herstellers vor. Die erforderlichen Programmanpassungen wurden mit Systemberatern des Herstellers besprochen, sowie ein Zeitplan für die Konvertierung nach unseren Vorstellungen aufgestellt. Für unser Unternehmen war es von entscheidendem Vorteil, daß die Konvertierung im eigenen Haus erfolgte.

Zufrieden waren wir ferner mit der Schnelligkeit, in der die Umstellung von Hard- und Software durchgeführt wurde. Die Tagesgeschäfte konnten kurzfristig übernommen werden. Nach einer Woche war die Umstellung fertig, und man könnte fast von einer 1:1 -Übernahme sprechen.

Einer der wenigen Nachteile war, daß die Dokumentation nicht ausreichend beschrieben war.

Außerdem hatten die Konvertierungsprobleme den Nachteil, daß sie noch nicht so ausgereift waren. Das hing aber damit zusammen daß wir einer der ersten Anwender waren, die diesen Sprung zur neuen Software unternommen hatten. Ein weiterer Nachteil war die Anpassung an die Anwenderprogramme. Das nahm mehr Zeit in Anspruch, als zuvor geplant war. Für das nächste Jahr haben wir den Einsatz der DPS 4 vorgesehen. Wir werden nach gleichen Schema wie bisher vorgehen.