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PR-Krisen im Social Web

Wenn der Shitstorm losbricht

27.10.2010
Von pte pte
Wenn im sozialen Netz die Emotionen hochkochen, kann ein kleiner Fehler einen Shitstorm auslösen. Patentrezepte dagegen gibt es leider nicht.

"Klappe halten ist vielleicht oft die beste Strategie", wenn es im Social Web rumort. Das sagte Robert Bartel, Syndikusanwalt der Deutschen Bahn (DB), am Montag auf der Social Media Konferenz in München zum Thema Umgang mit PR-Krisen. Gerade ein Unternehmen wie die Bahn wird ohnehin immer negativ kommentiert. Dem widersprechen Kommunikationsexperten allerdings heftig. "Nicht antworten ist grundfalsch. Blogger betteln um Aufmerksamkeit wie kleine Kinder", sagt Benjamin Loos. "Kritiker zu ignorieren macht sie erst richtig sauer", ergänzt PR-Mann Mirco Lange von Talkabout Communications.

Krisen im Netz sind einfach zu organisieren, wenn man ein paar Prinzipien beherzigt, sagt Lange. Leute ernstnehmen, Themen abstrahieren, weg von der emotionalen Ebene. Aber: "Man muss auch nicht jedem Idioten hinterher laufen, der es darauf anlegt." Auch "Rechthaberei" sei häufig Auslöser für Krisen im Netz. Da zeigt sich dann, dass soziale Kompetenz im Social Web die wichtigste Kompetenz ist. Der Webberater Björn Ognibeni empfiehlt, zuerst die Relevanz einer Angelegenheit zu klären und diese dann vielleicht im direkten Gespräch aus dem Wegzu räumen.

Die rechtliche Keule packt DB-Jurist Bartel nur dann aus, wenn er auf einer rechtssicheren Position steht. "Sonst wird man auseinander genommen." Björn Ognibeni gibt jedoch zu bedenken: Es sei besser in der Öffentlichkeit recht zu bekommen als im Gerichtssaal. Wie man am Beispiel Stuttgart 21 sieht, schützt die Legalität nicht, sondern nur die Legitimität, ergänzt Lange.

Für den PR-Berater Lange gibt es einfache Muster, wie ein Shitstorm - also Empörungspotenzial im Social Web - entfacht wird. Zensurvorwürfe, ein "David gegen Goliath"-Bild oder das Engagement für Orang-Utan-Babys (wie Greenpeace im Nestlé-Fall) seien Garanten für emotionale Auseinandersetzungen im Internet. Dabei gilt es zu bedenken, dass nicht Tatsachen das Bild der Öffentlichkeit prägen, sondern die Meinung über Tatsachen. Wo Nachrichten fehlen, wachsen dann die Gerüchte.

Schlechte Nachrichten seien grundsätzlich nicht immer schlimm, sagt Loos. Oft kommen interessante Diskussionen erst dann richtig in Gang. Vielfach muss man selbst auch gar nicht antworten, weil dies die Community übernimmt. Aber pauschal zu empfehlen, ob man sich einmischen soll oder nicht, geht schlecht. Hinzu kommt, dass die Supportabteilungen in vielen Unternehmen noch gar nicht soweit sind. Vielfach müssten die Strukturen erst angepasst werden, Das gilt auch für Krisenpläne. Eine PR-Grundregel für die Reaktion bleibt auch im Social Web bestehen, sagt Lange: "So schnell wie möglich, so fundiert wir nötig." (pte)