Aktuelle Erhebung des Ifo-Instituts

Weniger Aufträge für IT-Dienstleister

17.01.2003
MÜNCHEN (CW) - Die IT-Dienstleister stecken in einer tiefen Krise. Auf Anfrage des Münchner Ifo-Instituts beurteilten die Anbieter ihre Lage im dritten Quartal 2002 so ungünstig wie noch nie seit der ersten Erhebung im Herbst 1995.

In ihrer zwischen Oktober und November 2002 vorgenommenen Umfrage unter insgesamt 296 hiesigen IT-Dienstleistern registrierten die Münchner Marktforscher den schlechtesten jemals gemessenen Geschäftsklima-Index. Aktuell steht das Ifo-eigene Stimmungsbarometer auf minus 14. Zu den besten Zeiten Mitte der 90er Jahre hatte der Index noch die Marke von plus 60 übersprungen.

Das dritte Quartal 2002 bewerteten nur 14 Prozent der Befragten positiv. 41 Prozent äußerten sich unzufrieden über ihre aktuelle Geschäftslage. Binnen Jahresfrist hat sich somit der Anteil der negativen Urteile verdreifacht. Weitere Ifo-Zahlen vervollständigen das Bild vom Abwärtstrend der Branche: Im aktuell beurteilten Berichtszeitraum beklagten 38 Prozent der Unternehmen einen Umsatzrückgang, 18 Prozent konnten bei den Einnahmen zulegen. Per saldo berichtete also jedes fünfte Unternehmen von Umsatzverlusten gegenüber dem vorangegangenen zweiten Quartal. Im Vergleich mit den Dreimonatszahlen des Vorjahres fiel der Rückgang noch deutlicher aus (per saldo minus 35 Prozent). Kaum besser ist die Lage bei den Auftragsreserven. Auch hier berichtet das Ifo-Institut von einem Absturz. Bei 63 Prozent der Betriebe sank der Auftragsbestand, nur vier Prozent legten zu.

Auf die Frage, wodurch ihre Geschäftstätigkeit aktuell behindert werde, antworteten 75 Prozent der Unternehmen - so viel wie nie zuvor -, es fehle an Aufträgen. Beachtenswert ist zudem, dass 14 Prozent der Dienstleister über Finanzierungsschwierigkeiten klagen. Während sich in der Vergangenheit vornehmlich kleine Anbieter mit Geldsorgen plagten, sind mittlerweile Großunternehmen im gleichen Maße betroffen. Insgesamt gaben seit Umfragestart noch nie so viele Teilnehmer an, finanzielle Engpässe zu fürchten.

Mangelnde Nachfrage und die finanziellen Probleme haben zur Folge, dass IT-Dienstleister kaum noch neues Personal einstellen. Im Gegenteil: Insgesamt hat die Branche im dritten Quartal 2002 fast 1,5 Prozent der Stellen abgebaut. Für das gesamte letzte Jahr erwartet das Ifo-Institut einen Beschäftigungsrückgang um etwa fünf Prozent. Lediglich vier Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Arbeitgeber erklärten, sie könnten ihren Geschäften aufgrund fehlender Experten nicht in dem Maße nachgehen, wie sie es gerne möchten.

Großunternehmen verfallen in Skepsis

Während die Marktforscher in der letzten Befragung Anzeichen dafür zu entdecken glaubten, die Talsohle werde im Jahr 2002 durchschritten, fehlt in der jetzigen Marktanalyse jeglicher Hinweis auf eine mögliche Besserung. Die knapp 300 antwortenden Unternehmen selbst sind sich uneins über die künftige Entwicklung des Geschäfts: Positive und negative Urteile halten sich die Waage. Jeweils 25 Prozent schauen hoffnungsfroh beziehungsweise pessimistisch in die Zukunft (siehe Grafik "Geschäftserwartungen der nächsten sechs Monate").

Die verhalten positiven Prognosen, welche die Großunternehmen in der letzten Befragung abgaben, haben sich ins Gegenteil verkehrt. Hier überwiegen nun die negativen Stimmen über die künftige Entwicklung genauso wie bei den kleinen Anbietern. Lediglich für die Service-Provider mit Jahreseinnahmen von zehn bis 25 Millionen Euro ist ein Hauch von Erholung sichtbar. Sie äußerten vorsichtige Zuversicht hinsichtlich ihrer Umsatzerwartungen.

Der bisherige Jahresverlauf der Ifo-Befragungen zeigt ein wechselhaftes Stimmungsbild. Die Antworten schwankten zwischen Hoffen und Bangen. Den Unternehmenslenkern wie auch den Marktforschern fehlen klare Signale, die Hinweise auf die künftige Entwicklung der Branche geben könnten. Ungewiss bleibt damit auch, ob die IT-Dienstleister den Tiefpunkt bereits hinter sich gelassen haben oder ob er noch kommt. (jha)

Abb: Geschäftserwartungen der nächsten sechs Monate

Die vom IFO-Institut befragten IT-Dienstleister erwarten zum Start des neuen Jahres keine Belebung des Marktes. Positive und negative Urteile halten sich die Waage. Quelle: Ifo Institut